Thema des Tages

13-12-2025 14:20


Wissenschaft kompakt

Novembergrau oder Dezembergrau?


Im Winterhalbjahr ist der Himmel ist oft in tristem "Novembergrau"
verhüllt. Doch ist der namensgebende November tatsächlich der trübste
Monat im Jahr?


"Trübes Novemberwetter" oder "tristes Novembergrau" - diese
Bezeichnungen für ganztägiges Einheitsgrau am Himmel im November (und
nicht nur im November) kennt fast jeder. Auch in diesen Tagen ist der
Himmel in vielen Regionen Deutschlands wieder grau in grau. Heute
gehen wir der Frage nach, warum das so ist und ob in Deutschland der
November tatsächlich der Monat ist, in dem die Sonne am seltensten zu
sehen ist.


Für die zuletzt gestellte Frage hilft ein Blick in die langjährigen
Wetteraufzeichnungen. Dazu betrachten wir die Referenzperioden
1961-1990 und 1991-2020 und es wird schnell klar, dass der November
seinem Ruf als "trüb(st)er Monat" nicht gerecht wird. Mit 52,8
(1961-1990) bzw. 54,6 (1991-2020) Sonnenstunden liegt er in der
Rangliste der sonnenärmsten Monate sogar nur auf Platz 3. Statistisch
gesehen noch seltener scheint die Sonne im Januar (1961-1990: 43,6
Stunden; 1991-2020: 51,8 Stunden). Der trübste Monat ist allerdings
der, in dem wir uns gerade befinden, der Dezember, und zwar mit
durchschnittlich nur 38 (1961-1990) bzw. 42 Sonnenstunden
(1991-2020). Im Vergleich zu den jeweils über 200 Sonnenstunden in
den Monaten Mai bis August ist das in der Tat ganz schön wenig. Aber
warum ist das so?


Eine entscheidende Rolle spielen die unterschiedlichen Tageslängen.
Da die Rotationsachse der Erde gegenüber der Umlaufbahn um die Sonne
um 23° geneigt ist, sind die Tage im Sommer länger als im Winter.
Dadurch beträgt in Frankfurt am Main die Tageslänge (Zeit zwischen
Sonnenaufgang und -untergang) zur Sommersonnenwende (2025: 21. Juni)
16:24 Stunden und zur Wintersonnenwende (2025: 21. Dezember) 8:03
Stunden. In anderen Worten sind also schon rein astronomisch
betrachtet im Dezember nur etwa halb so viele Sonnenstunden möglich
wie im Juni. Rechnet man die oben genannten monatlichen Sonnenstunden
auf die einzelnen Tage um, sieht man schnell, dass die kürzere
astronomische Tageslänge das winterliche Sonnendefizit alleine aber
nicht erklären kann. In Frankfurt am Main beispielsweise scheint die
Sonne im Juli durchschnittlich 7:07 Stunden am Tag und damit mehr als
8-mal so lange wie im Dezember (52 Minuten).


Ein weiterer Grund ist die stärkere Bewölkung im Winter. Während im
Sommer ein Hochdruckgebiet meist sonniges Sommerwetter verspricht,
ist bei winterlichen Hochdruckwetterlagen (wie aktuell) die Neigung
zu neblig-trübem Wetter groß. Auch hierfür ist indirekt die Neigung
der Erdachse verantwortlich, wir werden von ihr also quasi doppelt
bestraft. Da im Winter die Sonne deutlich tiefer am Himmel steht als
im Sommer, besitzt sie auch viel weniger Energie in Form von
Sonnenstrahlung. Somit fehlt ihr im Winter oft die Kraft, um
Nebelfelder aufzulösen. So können sich bei beständigem
Hochdruckwetter Nebel- und Hochnebelfelder immer weiter ausbreiten
und man bekommt die Sonne teils tagelang nicht zu sehen. Doch auch
bei Tiefdruckwetterlagen hat es die Sonne im Winter schwer. Im
Einflussbereich von Tiefs tummeln sich meist ausgedehnte Wolkenfelder
mit Regen oder Schnee, die uns den Blick auf die Sonne versperren.
Zwar gibt es zwischen den Tiefausläufern auch immer mal wieder
sonnige Auflockerungen, von langer Dauer sind diese aber meistens
nicht.


Es ist also nicht verwunderlich, dass gerade im Winter die Sonne ein
recht seltener Gast ist. Tendenziell scheint die Sonne im Westen und
Norden seltener als im Süden, wobei es gerade dort große regionale
Unterschiede gibt. Während in den Tälern Frankens die Sonne
durchschnittlich teils weniger als 30 Stunden scheint (z.B. 29,9
Stunden in Bad Kissingen), kann man sich im südlichen Alpenvorland
über deutlich mehr Sonne freuen (z.B. 72,8 Stunden in Kempten). Dort
befindet man sich häufig bereits oberhalb der Hochnebeldecke und
profitiert zusätzlich vom Föhn. Am sonnigsten ist es auf den
Alpengipfeln (z.B. Zugspitze mit 116,1 Stunden).


Der bisher sonnenärmste Monat war übrigens der Dezember 1993 mit nur
18,4 Sonnenstunden im bundesweiten Schnitt, wobei damals in Hessen
die Sonne lediglich 8,5 Stunden und in NRW 8,6 Stunden schien. Wer
damals in Lüdenscheid im westlichen Sauerland oder in Schotten
(Mittelhessen) wohnte, den traf es besonders bitter. Im gesamten
Monat schien dort die Sonne gerade einmal 1,2 bzw. 1,4 Stunden. Manch
einem mag auch der Dezember 2018 noch in Erinnerung sein, der mit
25,2 Sonnenstunden auch alles andere als glänzte.


Ganz so trüb wird es im diesjährigen Dezember aller Voraussicht nach
nicht. In den ersten 12 Tagen kamen im deutschlandweiten Durchschnitt
schon 17 Sonnenstunden zusammen. Zwar bekommen wir an diesem
Wochenende die Sonne in vielen Landesteilen überhaupt nicht zu sehen,
aber ab Montag steigen die Chancen auf Sonne wieder, sodass weitere
Sonnenstunden auf das Konto kommen werden. Wie viele Sonnenstunden
sich dann in der zweiten Monatshälfte summieren, bleibt noch
abzuwarten.

Dr. rer. nat. Markus Übel

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.12.2025

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