DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-10-2025 08:01
SXEU31 DWAV 040800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 04.10.2025 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Wz

Im Nordwesten aktuell Dauerregen, ab den Mittagsstunden nachlassend. Sehr
verbreitet Windböen; im Nordwesten, an den Küsten, auf den Bergen sowie in
Verbindung mit einer von Nordwest nach Südost vorankommenden Kaltfront
Sturmböen, exponiert auch schwere Sturmböen.

In der Nacht zum Sonntag und am Sonntag im Norden weitere Schauer und Gewitter
mit Sturmböen, auch an den Küsten und auf exponierten Gipfeln weiter Sturmböen,
eventuell vereinzelt auch schwere Sturmböen.

Ab der Nacht zum Montag Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... greift im Tagesverlauf von Nordwesten zunehmend ein Langwellentrog
auf Deutschland über. Dieser verdrängt den von der Iberischen Halbinsel nach
Nordosten bis nach Mitteleuropa weisenden Rücken allmählich nach Südosten. Mit
dem Langwellentrog bzw. mit dem in diesen eingebetteten abgeschlossenen
Höhentief korrespondiert im Bodendruckfeld ein Sturmtief (DETLEF, international
AMY) über der nördlichen Nordsee bzw. über dem südlichen Nordmeer. Das
Sturmtief, welches aktuell einen Kerndruck von unter 950 hPa aufweist, verlagert
sich im Tagesverlauf kaum. Entwicklungspotential weist weißt das Tief - auch
durch seine Lage unterhalb des Höhentiefs - keine mehr auf, entsprechend steigt
der Kerndruck im Tagesverlauf an und zum Abend sollen sich die Druckminima schon
etwas über 950 hPa bewegen.

An das Tief ist ein Frontensystem gekoppelt, das von Nordwest nach Südost über
Deutschland hinwegschwenkt. Die Warmfront hat dabei schon den Osten erreicht,
ihre insgesamt recht schwachen Niederschläge greifen nach Süden bis etwa zur
Donau aus. Planmäßig soll uns die Warmfront am Nachmittag nach Osten in Richtung
Polen verlassen, ohne dabei warnwürdige Niederschläge zu produzieren. Die
Kaltfront hat dagegen in den Frühstunden auf den Nordwesten übergegriffen. Zu
erkennen ist sie als schmaler, scharf konturierter Streifen in den
Radarreflektivitäten. Da der Okklusionspunkt über dem äußersten Norden und über
Dänemark liegt und dort die Hebungsprozesse am intensivsten sind, regnet es dort
länger anhaltend und zum Teil durch konvektive Verstärkung kräftig. Von den
kräftigen Niederschlägen ebenfalls betroffen ist der Nordwesten, hier steuert
die noch warme Nordsee zusätzlich Feuchte in die untere Troposphäre. In den
genannten Gebieten laufen entsprechend Dauerregenwarnungen, die allenfalls lokal
auf den äußersten Westen Mecklenburgs übergreifen. Ab den Mittagstunden ziehen
die Kaltfront und auch die mit ihr verbundenen Regenfälle aus dem Nordwesten
weiter nach Südosten. Nach einer kurzen Phase der Wetterberuhigung (Abtrocknung
in der Postfrontalen Subsidenz) entstehen dann durch die dort einfließenden
Höhenkaltluft mit Minima unter -26°C, einen um das Höhentief herumsteuernden
Kurzwellentrog und die Labilisierung durch den Trog selbst Schauer, die hier und
da von Blitz und Donner, eventuell auch von Graupel begleitet sein können. Durch
den ohnehin stürmischen Grundwind (dazu gleich mehr) und die propper
aufgestellten Höhenwinde (gebietsweise 50 bis 60 kt in 850 hPa) im Zusammenspiel
mit der tagesgangbedingt zunehmenden Konvektion können einzelne schwere
Sturmböen nichtausgeschlossen werden.

Der Gradient ist auf der Südflanke des Tiefs grundsätzlich recht scharf
geschnitten. Entsprechend muss praktisch deutschlandweit mit Windböen Bft 7
gerechnet werden. Eine Ausnahme bilden der Bereich vom Großraum Berlin bis in
die Lausitz und der äußerste Osten Bayerns. Dazu kommen in großen Gebieten auch
Sturmböen. Diesbezüglich wären die Küsten, die Berglagen und grundsätzlich auch
der Nordwesten zu nennen. Dort stehen die Bft 8 sowie die Bft 9 auf dem
Programm. Exponiert, also an der Nordseeküste und auf höheren Berggipfeln ist
auch die Bft 10 mit dabei. Für orkanartige Böen Bft 11 reicht es wohl nur in
Schlagdistanz zum Sturmtief und damit an der Nordfriesischen Küste - sowie
natürlich wieder mal auf exponierten Gipfeln wie dem Brocken.

Sturmböen Bft 8 bis 9 sind kurzzeitig auch mit Passage der Kaltfront zu
erwarten. Der ausgesprochen scharf geschnittene Isobarenknick, den die Modelle
anbieten, deutet schon die mit der Front verbundene Druckanstiegswelle an - und
auch die Winddrehung auf zumeist westliche Richtungen. Noch stärke Böen,
aufgrund der überlagerten, o. e. Höhenwinde durchaus im Bereich des Möglichen,
werden sehr wahrscheinlich ebenso wie Gewitter durch die vergleichsweise stabile
Schichtung an der Front verhindert. Damit ist die Windsituation soweit
abgefrühstückt, wenn man davon absieht, dass am Nachmittag und Abend im
Nordwesten der Gradient mit einem heranschwenkenden Bodentrog wieder etwas
zulegt.

Die Sonne zeigt sich in dieser Gemengelage nur selten. Vielleicht sind die
Chancen im Westen am Nachmittag nach Frontpassage am größten. Die Temperaturen
erreichen im Südwesten bis zu 21°C, im dauergrauen Nordosten werden es teils nur
knapp 10°C.

In der Nacht zum Sonntag erreicht die Kaltfront die Alpen, wo sie etwas
aufgehalten wird. Die Schneefallgrenze sinkt auf 1500 m, vielleicht liegt sie am
Ende auch etwas darüber. Die Schneegrenze (also die Höhe, ab der auch was
liegenbleibt) dürfte sich bei etwa 1700/1800 m einpendeln. Über dem Norden
bleibt es labil, entsprechend gibt es dort weitere Schauer und auch kurze
Gewitter. Nach Süden greifen die Schauer teilweise bis in die nördliche Mitte
aus, am intensivsten und häufigsten sind die Entwicklungen im erweiterten
Nordseeumfeld (Feuchteeintrag und entsprechende zusätzliche Labilisierung) und
in Schleswig-Holstein - eventuell mit einem gewissen Starkregenpotential, nicht
durch einzelne, eher schon durch wiederholte Schauer und Gewitter. Dort könnte
auch eine Küstenkonvergenz die Niederschlagsmengen in die Höhe treiben, ebenso
wie ein übergreifender Bodentrog.

Das Sturmtief steuert in der Nacht auf einem südöstlichen Kurs und soll zum
Morgen vor der südnorwegischen Westküste aufschlagen. Die Richtungsänderung ist
der sich ändernden Höhenströmung auf der Vorderseite eines mächtigen
Atlantischen Höhenrückens geschuldet. Damit kommt das Tief Deutschland etwas
näher - dafür schwächt es sich aber deutlich ab. Der Wind lässt insgesamt nach,
an den Küsten stehen weiterhin Böen Bft 8 bis 9 an der Agenda (nordfriesische
Küsten auch Bft 10; im norddeutschen Binnenland dagegen wird die Bft 7 wohl nur
noch vereinzelt erreicht - insbesondere in Verbindung mit auftretenden Schauern
und Gewittern, wo auch mal eine Bft 8 mit dabei sein kann (nur der Brocken
spielt mit orkanartigen Böen oder Orkanböen Bft 11 bis 12 weiter in einer
eigenen Liga). Die gute Durchmischung unterbindet dabei die Frostgefahr. Meist
liegen die Minima bei 5 bis 10°C, an den Küsten auch etwas darüber.


Sonntag... bewegt sich der Kern von DETLEF weiter nach Südosten und erreicht zum
Abend das Kattegat. Auf seiner West- und Südwestflanke besteht weiterhin ein
kräftiger Gradient. Im Vormittagsverlauf nimmt der Wind damit auch im Flach- und
Binnenland wieder deutlich zu mit Böen Bft 7, die gebietsweise bis in den Süden
ausgreifen sollen. Im Norden mischen sich unter die Böen Bft 7 auch im
Binnenland einzelne Bft 8. An den Küsten geht es dagegen noch etwas zackiger zur
Sache. Insbesondere an der Nordsee, wo der West- bis Nordwestwind auflandig
weht, reicht es verbreitet für die Bft 8 bis 9, vereinzelt exponiert auch für
die Bft 10 (schwerer Sturm, Vorabinfo für Sturmflutwarnung des BSH an der
Nordseeküste). Die Ostseeküste bleibt windtechnisch etwas außen vor. Da der Wind
dort aus Südwest kommt fehlt der Fetch und Böen Bft 7 bis 8 sind das höchste der
Gefühle. Am aggressivsten präsentieren sich bezüglich der Böen ICON-EU und IFS.
Etwas verhaltener gehen z. B. ICON-D2 oder auch UK10 die Sache an. Noch
zurückhaltender präsentiert sich z. B. AROME. Letztendlich steckt in der
Windlage morgen noch einiges an Unsicherheit, die von den Modellen in späteren
Läufen hoffentlich noch aufgelöst werden kann.

Der Trogeinfluss macht sich auch durch die verbreitete Konvektion bemerkbar.
Schauer sind grundsätzlich im ganzen Land möglich. Besonders kräftig zeigen sie
sich im Norden, im Küstenumfeld sind lokal gewittrige Entwicklungen nicht
ausgeschlossen. Bei 850er Höhenwinden von über 50 kt über Schleswig-Holstein und
dem unmittelbar angrenzenden Niedersachsen und Mecklenburg könnte sich bei
kräftigen Entwicklungen auch mal eine Bft 10 die Ehre geben.

Am ehesten trocken bleibt der Westen. Hier schiebt sich trockene Luft von Westen
herein, die spezifische Feuchte liegt nachmittags teils unter 5 g/kg, die PPWs
nur bei knapp über 10 mm, außerdem steigt dort deutlich der Druck - deutlicher
zumindest als im Rest des Landes. Das bedeutet für den Westen auch mehr Sonne
als z. B. im Norden, vom Niederrhein bis in die Pfalz könnte es zumindest
zeitweise sogar sonnig werden. Mit 11 bis 17°C wird es zumeist etwas kühler als
noch am Vortag.

In der Nacht auf Montag zieht DETLEF unter deutlicher Abschwächung weiter nach
Südosten und erreicht die Ostsee zwischen Schweden und Nordwestpolen. Der o.e.
mächtige Höhenrücken auf dem Atlantik kann sich von Westen heranschieben, seine
Achse erreicht in der zweiten Nachthälfte Irland. Dieser wird von WLA
überlaufen, sodass es deutlich stabilisiert. Dadurch nimmt auch der Wind
deutlich ab, der - abgesehen von höheren Berglagen und den Küsten - nicht mehr
warnwürdig ist. Da der Wind an der Ostsee auf der Rückseite von DETLEF auf
Nordwest dreht und damit auflandig weht bzw. wird, tritt die Bft 8, zumindest in
der ersten Nachthälfte, sogar häufiger auf als am Tage. Hier und da eine Bft 9
an exponierten Ostseeabschnitten ist in der ersten Nachthälfte auch eine Option.
Während die Ostsee bis zum Morgen mit markanten Warnungen belegt werden könnte,
werden an der Nordsee dann wohl nur noch Böen Bft 7 anzutreffen sein. Auch die
Schaueraktivität nimmt ab, mit dem WLA-Feld greift im Nachtverlauf aber wieder -
schwach ausgeprägter - skaliger Niederschlag auf den Westen und Nordwesten
Deutschlands über. Die Tiefstwerte liegen meist in einer Spanne von 12 bis 5°C.


Montag... und in der Nacht zum Dienstag schreitet die Wetterberuhigung voran.
Das Tief wandert bis zum Dienstagmorgen in den Osten Polens, zu diesem Zeitpunkt
soll der Kerndruck nach ICON bei etwa 1013 hPa liegen und damit praktisch
Normaldruck erreichen. Über Frankreich zieht, von der Biskaya kommend, ein Hoch
hinweg, das bis zum Dienstagmorgen Nordostfrankreich ansteuert. Es wird von dem
Höhenrücken gestützt, dessen Achse Zentralfrankreich, die Nordsee und
Skandinavien anpeilt. Tagsüber kann über der Osthälfte der Wind, durch
Konvektion getriggert, nochmal bis zur Bft 7 auffrischen, ab dem Abend ist es
dann aus mit Windwarnungen, allenfalls die Gipfel im Erzgebirge könnte nochmal
anschlagen, was aber wahrscheinlich keine Warnung nach sich zieht. Nordöstlich
der Elbe bleibt es zumeist trocken, ansonsten sorgt Warmluftadvektion für
leichten bis mäßigen Regen. Im Nordstau der Alpen kann sich der Niederschlag
allerdings akkumulieren, so dass dort eventuell Dauerregenwarnungen von Nöten
sein könnten. Die Höchstwerte bewegen sich in einer Spanne von 10 bis 17°C,
nachts kühlt es ab auf 13 bis 7°C.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Abläufe recht ähnlich. Die Entwicklung des Tiefs,
seine Zugbahn und der Prozess des Abschwächens sind bei den Modellen gut
vergleichbar. Unterschiede ergeben sich in einem erwartbaren Rahmen bei den
Spitzenböen, teils durch unterschiedliche Intensität in der erwarteten
Konvektion. Die entsprechende Varianz liegt aber zumeist unterhalb der Stärke
von 1 Bft, eher sogar bei nur 0,5 Bft. Wo eventuelle Schauer und Gewitter am
Ende genau und in welcher Intensität auftreten, das bleibt am Ende wie immer
eine Nowcastingaufgabe.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas