DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
25-09-2025 09:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 25.09.2025 um 10.30 UTC
Leicht wechselhaft und mäßig warm bzw. mild. Im Verlauf von Osten etwas kälter
und dann nachts im Osten und Süden regional leichter Frost in Bodennähe.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 02.10.2025
Seit Wochen herrscht Ruhe im Bereich der Telekonnektion, natürlich nur, soweit
man dies überblicken kann. Der noch immer leicht negative Oceanic Nino Index
wird von einer weiterhin negativen Gesamtimpulsbilanz gestützt, sodass NAM und
NAO kaum Anstalten zu größeren Veränderungen machen. Die in Ensemblevorhersagen
meist stark streuenden Tendenzen der beiden Indizes wurden letztendlich mit
Werten um den neutralen Grundzustand "glattgebügelt". Einzig die PNA hebt sich
durch gröbere Sprünge hervor, die aber teils auch von den regen tropischen
Aktivitäten beeinflusst wurden und werden. Der nächste Sprung hin zu einer
positiven PNA Spitze zum Monatswechsel dürfte auf die Fernwirkung und
letztendlich auf den direkten Eintrag des Energiebündels "NEOGURI"
zurückzuführen sein. Diese Phasenwechsel pflanzen sich in der Folge stromab
fort, was auch im IFS-ENS Zeit-Längendiagramm schön hinterlegt wird, bevor sich
die Wellenenergie Anfang Oktober über dem europäischen Sektor verläuft und wohl
nur für eine Art retrograde Neuausrichtung der Wellenkonfiguration gut sein
dürfte.
Diese Entwicklung könnte aber noch nachhaltig durch "HUMBERTO" über dem
zentralen und später nordöstlichen Nordatlantik beeinflusst werden. Dieser sich
entwickelnde Tropensturm weist nicht nur eine komplex vorherzusagende Zukunft
auf (ggf. Interaktion mit INVEST 94L), sondern könnte auch ein ziemlich
kräftiger und umfangreicher Hurrikan werden, der in der Folge ein großes Wort
bei der Ausrichtung des nordatlantischen Polarfrontjets mitzusprechen hat. Dies
äußert sich zum Ende der Mittelfrist z.B. beim Vergleich IFS/NCEP teils in
großflächig mehr als 40-50 dm Diskrepanz beim Geopotenzial u.a. über Nordeuropa
und etwas weniger dramatisch über dem zentralen Mittelmeer.
Abseits dieser Entwicklung sorgen aber vor allem optionale Abtropfprozesse
peripher einer blockierenden Antizyklone über Skandinavien für eine rasche
Zunahme der Unsicherheiten, sodass die nun folgende Beschreibung der
mittelfristigen Entwicklung auf recht wackeligen Füßen steht.
Den Unsicherheiten zum Trotz, wie sieht denn nun aber die mögliche Entwicklung
während der anstehenden Mittelfrist aus, die am Sonntag, den 28. September
beginnt und am Donnerstag, den 02. Oktober endet?
Am Sonntag starten wir unter einem breiten Höhenkeil und sehr gradientarmen
Verhältnissen beim Bodenruck insgesamt ruhig in den mittelfristigen Abschnitt.
Eine noch über weiten Bereichen Deutschlands lagernde feuchte Luftmasse äußert
sich durch Boden- und Hochnebelfelder, die sich regional zäh bis in den späten
Vormittag halten können. Im weiteren Verlauf bricht die dichte Wolkendecke zwar
etwas auf, wandelt sich aber direkt in eine etwas labilere und an einer
Absinkinversion ebenso rasch breitlaufenden Sc und St Bewölkung um, sodass die
Sonnenanteile den Tag über recht überschaubar ausfallen. Regional kann es aber
doch für ein paar Sonnenstunden reichen, allerdings besteht auch ein lokales
Schauerrisiko.
Anders sieht es im Nordosten aus, wo weiterhin trockene Luft aus dem
skandinavischen Hochdruckgebiet herangeführt wird und dort für viel Sonnenschein
gut ist.
Am Montag fällt im Tagesverlauf das Geopotenzial von Nordwesten, was einem
schwachen Abtropfprozess geschuldet ist, der im Verlauf der Nacht zum Dienstag
über den Westen Deutschlands nach Süden geführt wird.
Gleichzeitig setzt auch von Osten Geopotenzialabbau ein, peripher eines
umfangreichen Kaltlufttropfens über Osteuropa, der sich über Polen liegend zum
Ende des Tages Ostdeutschland immer weiter annähert. Peripher dieses dominanten
Systems wird der kleinräumige Kaltlufttropfen über dem Westen Deutschlands in
die Zirkulation eingebunden - ein kleiner Fujiwhara-Effekt, wenn man so möchte.
Trotz der Veränderungen in der Höhe bleibt das Wetter weiterhin recht
eingefahren. Mit dem zusätzlichen Hebungsimpuls aus Nordwest verläuft der Tag im
Westen und Süden teils aufgelockert, teils stärker bewölkt mit einigen Schauern.
Je nach Intensität des Kaltlufttropfens können am Rande des Wirbels auch mal
länger anhaltende Regenfälle nicht ausgeschlossen werden.
Für den Nordosten ändert sich insgesamt wenig, wenngleich peripher der Küsten
einzelne Schauer nicht ausgeschlossen werden können dank stetiger Abkühlung in
der Höhe. Ansonsten viel Sonnenschein und trocken.
Am Dienstag wird der umfangreiche Kaltlufttropfen über Osteuropa immer weiter
nach Mitteleuropa herangeführt, sodass zunächst die stabilere Flanke Deutschland
einen insgesamt freundlichen Tag mit einigen Sonnenstunden bescheren sollte. Im
Süden regnet es zeitweise, im Alpenstau auch länger anhaltend (Ausquetschen der
Restfeuchte) und auch im Umfeld der Ostsee muss mit einigen, teils kräftigen
Schauern gerechnet werden. Bei der aktuellen Zugbahn bzw. Interaktion der beiden
Kaltlufttropfen könnte der Zeitraum "Nacht zum Dienstag" im Westen und "Dienstag
tagsüber" im Süden mit Blick auf die Niederschlagsmengen der ertragsreichste der
gesamten Mittelfrist werden, wenngleich fernab jeglicher Warnrelevanz (10 bis 20
l/m²/24h).
Mittwoch und Donnerstag stehen dann beide Tage im Einfluss des über Mitteleuropa
liegenden Kaltlufttropfens, der ggf. an seiner Flanke über Norditalien auch eine
Bodentiefentwicklung induziert. Die Folgen wären zwei eher wechselhafte Tage mit
einigen Schauern, die am Mittwoch im Osten und am Donnerstag über der Mitte
auftreten. Dazwischen zeigt sich aber auch längere Zeit die Sonne und im Westen
dürfte es insgesamt freundlich und trocken bleiben.
Der Wind aus Ost bis Nordost spielt keine warnrelevante Rolle, sieht man
zeitweise von Bft 7 Böen peripher der Küsten ab bzw. inversionsbedingt auch von
einigen Böen im exponierten Bergland.
Die Höchstwerte verbleiben im mäßig warmen bzw. später milden bis sehr milden
Bereich, aber auch hier mit größeren Unsicherheiten (u.a. Auflösung des
Hochnebels und Ausprägung der Kaltluftadvektion aus Osten). Grob gesagt gehen
die Maxima von 17 bis 20 Grad im Verlauf der Mittelfrist auf 12 bis 17 Grad
zurück, können aber zeitweise/regional auch tiefer ausfallen. Die Minima liegen
zwischen 9 und 1 Grad mit einer Zunahme der Wahrscheinlichkeiten für leichten
Frost in Bodennähe im Osten zum Ende der Mittelfrist.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Während der Mittelfrist dominiert eine blockierende Antizyklone über
Skandinavien und im weiteren Verlauf auch über Nordwesteuropa das
Wettergeschehen. Unsicherheiten bestehen bei der Frage, inwieweit ein
umfangreicher Abtropfprozess über Osteuropa westwärts in Richtung Mitteleuropa
geführt wird. Diese Entwicklung macht sich bei uns aber nur mit Blick auf die
Bewölkungs- und ggf. Niederschlagsverteilung bemerkbar, ohne dass signifikante
Regenmengen zu erwarten wären. Ein umfangreicher Abtropfprozess von Nordwesten
wird mittlerweile nicht mehr favorisiert und somit werden auch mögliche
Dauerniederschläge im Westen als unwahrscheinlich angesehen, wenngleich diese
Option (besonders in Form eines kleinräumigen/schwächeren Abtropfprozesses) noch
nicht endgültig ausgeschlossen werden kann.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Dass die Unsicherheiten beim Thema Abtropfprozess rasch zunehmen liegt in der
Natur der Sache und daher verwundert aktuell ein cross-track spread des
abgetropften Systems von mehr als 750 km zum Beginn der kommenden Woche über
Mittel-/Osteuropa wenig. IFS nimmt die westlichere Variante ein, während UK10,
GFS und ICON über der Ukraine verweilen. Ansonsten sehen die anderen Modelle die
Entwicklung über Nordeuropa ähnlich zum IFS, heben eine beständige kräftige
Antizyklone über Skandinavien hervor und deuten einen Keil über Nordwesteuropa
an, der allerdings unterschiedlich kompakt vorhergesagt wird. Es kann somit noch
nicht kategorisch ein weiterer Abtropfprozess aus Nordwesten ausgeschlossen
werden, der über die Nordsee südostwärts ziehen würde.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die aktuelle Analyse der Cluster beginnt am Sonntag im klimatologischen Regime
der Blockierung und mit 6 Clusterlösungen. Die meisten Cluster lassen den
Einfluss der blockierenden Antizyklone über Skandinavien dominieren, während
eine Minderheit bereits versucht den Einfluss auf Deutschland auszuweiten.
In der Folge heben 4 Cluster mit dem klimat. Regime der Blockierung und dem
Kontrolllauf im ersten Cluster eine standhafte Antizyklone über Skandinavien
hervor. Ein umfangreicher Kaltlufttropfen wird an dessen Südflanke westwärts
geführt und weist nur vergleichsweise geringe zonale Diskrepanzen mit Blick auf
die Platzierung auf. Somit scheint das Übergreifen des Kaltlufttropfens von
Osten nach Leseart des Ensembles recht sicher, wenngleich es noch Unschärfen
z.B. für Norddeutschland gibt, die ggf. stärker von der Antizyklone über
Skandinavien profitieren könnten. Der zweite, kleinräumige Abtropfprozess von
der Nordsee nach Westdeutschland wird nur von etwas mehr als der Hälfe der
Member angedeutet, sodass hier noch größere Unsicherheiten bestehen. Dies könnte
ggf. die Niederschläge von Montag zu Dienstag noch weiter mindern, sollte es
letztendlich nicht mehr zu dieser Entwicklung kommen.
In der Folge (Übergangsbereich zur erweiterten Mittelfrist) ändert sich sowohl
an der Anzahl der Cluster, noch an der Dominanz der Blockierung kaum etwas.
HUMBERTO wird hier sicherlich noch für einige Anpassungen gut sein. Stand jetzt
würden wir eher im Niemandsland zwischen dem zum Mittelmeer driftenden
Kaltlufttropfen/Höhentief und der Antizyklone im Norden verbleiben. Bei
insgesamt dominantem antizyklonalem Einfluss wäre abseits der
Grenzschichtdynamik eher freundliches Wetter zu erwarten.
Die Meteogramme zeigen einen geringen Abkühlungstrend von Osten, sowie leichte
Niederschläge (mit einer trockenen Phase am Sonntag).
Die Rauchfahnen der 850 hPa Temperatur beginnen erst zum Ende der Mittelfrist
stärker zu streuen und Ähnliches ist auch beim 500 hPa Geopotenzial auszumachen,
wobei der Kontrolllauf hier eher am unteren Ende der Memberstreuung zu finden
ist. Letztendlich werden hier die det. Lösungen sicherlich noch länger etwas
gegen das Ensemble laufen, abhängig davon, wie gut der Kaltlufttropfen
letztendlich erfasst wird. Für einen solchen Entwicklungsprozess sieht die
Memberstreuung aber insgesamt recht überschaubar aus.
GEFS sieht die Entwicklung recht konträr und belässt den umfangreichen
Kaltlufttropfen über Osteuropa, sodass die Witterung über Mitteleuropa die
Mittelfrist über deutlich antizyklonaler aufgestellt ist.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Die anstehende Mittelfrist weist aus heutiger Sicht keine markanten
Witterungserscheinungen auf.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-ENS, GEFS, MOSMIX (angepasst)
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy