DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist
13-09-2025 17:01
SXEU31 DWAV 131800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 13.09.2025 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
ZACK, zackiger, am zackigsten - erster Herbststurm im Anmarsch! Zuvor am Sonntag
aber noch leichter und nicht ganz ungestörter Zwischenhocheinfluss.
Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC
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Aktuell ... bleibt der Karussellverkehr über dem Ostatlantik in vollem Gange.
Dabei haben sich die Herren YOBST und XERXES aufs Altenteil zurückgezogen, was
fachsprachlich nix anderes bedeutet, dass sie die Funktion eines mehrkernigen
steuernden Zentraltiefs eingenommen haben. Heute Abend kurz vor Anpfiff des
Toppspiels (was in Wirklichkeit natürlich keines ist, Bayern vs. HSV, also
bitte, bereits nach 9 Minuten 2:0 für die Süddeutschen) befindet sich das Tief
mit etwas unter 990 hPa dicht vor der isländischen Südküste, wo es ausgestattet
mit leichter Westtendenz sein Rentendasein fristet. Dafür springen nun andere in
die Bresche, die noch ordentlich was im Tank haben. Oder anders ausgedrückt, die
noch richtig auf Zack sind. Womit wir tatsächlich bei ZACK wären, dem letzten
Tief des 3. Namendurchgangs, das bereits jenseits des Atlantiks seine Geburt
gefeiert hat, nun aber europäische Gefilde ansteuert. Dabei entwickelt es sich
zu einem veritablen Sturmtief, das uns am Montag und Dienstag den ersten
Herbststurm des Jahres bringt.
Bevor es soweit ist, muss der gute ZACK erstmal richtig ankommen, was noch ein
bisschen dauert. Ohnehin wird das Tief nicht direkt Kurs auf den Vorhersageraum
nehmen, sondern zu Wochenbeginn die nördliche Nordsee Richtung
Skagerrak/Südnorwegen kreuzen. In der nun bald einbrechenden Nacht beehrt uns
zunächst mal ein nicht unscharf geschnittener, leicht negativ geneigter
Höhentrog, der von Westen her übergreift. Im Grunde handelt es sich um das
geopotenzielle "Anhängsel" des o.e. Zentraltiefs. Der Trog verschärft sich in
den nächsten Stunden noch etwas auf Kosten seiner Wellenlänge. Grund ist starke
WLA auf seiner Rückseite (die gleichzeitig die Vorderseite von ZACK ist), die
für die Aufwölbung eines kurzwelligen Rückens führt. Der wiederum - klassisches
Beispiel für ein downstream development - induziert vorderseitig ein Rechtdrehen
der nordwestlichen Höhenströmung und mithin die Verschärfung des Troges. Alles
klaro? - Wenn nicht, einfach mal auf die Wetterkarten gucken, da wird´s
deutlich.
Theorie hin oder her, Fakt ist, dass der Trog auf seiner Vorderseite ein sehr
gut ausgeprägtes, mit der Höhe zunehmendes PVA-Maximum sein eigen nennt, welches
trotz teilkompensatorischer KLA für synoptisch-skalige Hebung sorgt. Heraus
kommt ein komplett konvektiv durchsetztes Regenband/-gebiet, das aktuell den
Nordwesten erreicht hat, sich später aber vornehmlich im Süden und in der Mitte
auslebt. Bis zum Morgen breitet sich der Regen ostwärts aus. Wahrscheinlich
bleibt bis zum Frühstück (je nach dem, wann das eingenommen wird, ist ja
Sonntag) nur ein schmaler Korridor im deutsch-polnischen Grenzgebiet davon noch
verschont, bevor es am Vormittag auch dort regnet. Die erwärmte Meereskaltluft
(mPs), in die der Regen fällt, weist etwas skinny MU-CAPE auf, was mindestens
konvektive Verstärkungen, aber auch einige Gewitter nach sich zieht. Vor allem
jetzt am Anfang, wo noch was vom Tagesgang mitgenommen werden kann, blitzt und
donnert es im Westen und Nordwesten nicht zu knapp. Nicht ausgeschlossen, dass
räumlich sehr eng begrenzt mal Starkregen auftritt oder auch mal ´ne steife bis
stürmischen Böe 7-8 Bft an den Start geht. Kleiner Hagel ist vor allem anfangs
ebenfalls dabei. In den meisten Fällen liegen die Gesamtniederschlagsmengen bis
Sonntag früh zwischen 2 und 8, gebietsweise (vor allem mit Hilfe von Stau)
zwischen 8 und 15 l/m².
An und auf der Nordsee weht anfangs noch ein flotter, vom Gradienten
angetriebener Süd- bis Südwestwind, der in der zweiten Nachthälfte aber abnimmt.
Abnehmen tut im übertragenen Sinne auch die Temperatur, die sich in Gefilde
zwischen 13 und 7°C zurückzieht (nur direkt an der See etwas milder).
Sonntag ... schwenkt der Trog unter weiterer Verkürzung seiner Wellenlänge
nordostwärts über Deutschland hinweg. Am Abend (18 UTC) reicht seine Achse auf
300 hPa etwa von Mecklenburg bis hinunter zum Osterzgebirge (und noch weit
darüber hinaus), wobei der Trog selbst nur noch ein Strich in der Landschaft
darstellt. Rückseitig schiebt sich der o.e. Rücken zu uns vor, was mit
Druckanstieg und einer Aufwölbung der Isobaren einhergeht. Zwischenhocheinfluss
nennt man das in Fachjargon, der aber so schwach ausfällt, dass er der FU
Berlin/BWK keinen Namen wert ist. Und tatsächlich braucht es ja erst noch eine
Zeit (z.T. bis zum frühen Nachmittag), bis im Osten und Südosten der
troggebundene Regen von dannen zieht.
Auch in der dahinter frisch einfließenden subpolaren Meeresluft (vorübergehender
Rückgang T850 auf rund 5°C) ist zunächst noch ausreichend Labilität vorhanden
(dicht am Trog sogar bis an die Tropopause reichend), um mit Hilfe des
Tagesgangs (die Auslösetemperaturen liegen mit 15 bis 18°C im absolut machbaren
Bereich) konvektive Umlagerungen in Form von Schauern oder kurzen Gewittern
(meist gelb) zu generieren. Erst im Tagesverlauf, wenn die den Rücken
überlaufende, zunehmend kräftige WLA eine Zwischendecke in die vertikale
Schichtung einzieht (Sperrschicht zwischen 700 und 800 hPa), beginnt die
Konvektion von Westen her abzuebben.
Die Temperatur erreicht Höchstwerte zwischen 17 und 22°C, im Bergland naturgemäß
etwas darunter.
In der Nacht zum Montag wandern Rücken und Zwischenhoch ostwärts aus, so dass
wir uns vollständig auf die Annäherung von ZACK und seiner Entourage
konzentrieren können. Während das Tief selbst kurz nach Mitternacht gerade erst
dabei ist, mit knapp unter 985 hPa im Kern die Äußeren Hebriden anzuvisieren,
greift die weit vorauseilende Warmfront bereits auf den Vorhersageraum über. Der
vorlaufende stratiforme Regen erreicht noch vor Mitternacht den Nordwesten, um
sich von dort über den gesamten Norden und die nördliche Mitte ostwärts
auszubreiten. Im Warmsektor hört es nicht auf zu regnen, weil dieser mit dem
linken Ausgang eines sich von Westen vorstoßenden Jetstreaks interagiert. Für
weitere Hebung ist also gesorgt, zumal auch noch vor dem Morgengrauen der
südlich ansetzende Okklusionspunkt des Frontensystems auf den Norden übergreift.
Und da die vorübergehend einströmende Warmluft sehr feucht ist (PPW um oder
etwas über 30 mm) und zumindest labile Anteile aufweist, ist sogar etwas MU-CAPE
vorhanden, das in konvektive Verstärkungen bis hin zu einzelnen Gewittern
gesteckt werden kann. Den Höhepunkt könnte dabei die Ankunft der Kaltfront bzw.
der Okklusion im Norden und Nordwesten in der zweiten Nachthälfte markieren, die
mit einem imposanten Scherungsmaximum zusammenfällt. DLS bis zu rund 30 m/s, LLS
um oder sogar über 20 m/s (meist Geschwindigkeits-, in den unteren ca. 1000 m
aber auch Richtungsscherung) sind äußerst imposante Zahlen. Low Cape, High
Shear, dazu linker Jetausgang - Nachtigall, ick hör dir trapsen. Gut möglich,
dass die auftretenden Gewitter recht kraftvoll zur Sache gehen mit ordentlichem
Platzregen und Böen 8-9 Bft, auch wenn die Numerik derzeit noch recht
zurückhaltend agiert.
Unabhängig von den beschriebenen Geschehnissen beginnt der Wind vor allem über
der Nordsee und in einigen Hochlagen (am wenigsten im Süden und Südosten)
merklich zuzulegen. Böen 7 bis 8 Bft, an der Nordsee gegen Morgen erste
9er-Böen, Brocken bis 11 Bft, zunächst aus Südost bis Süd, später auf Südwest
drehend, so die Visitenkarte der nächtlichen Windentwicklung. Das west- und
nordwestdeutsche Binnenland dürfte zunächst noch unter der neuralgischen Marke 7
Bft bleiben, was sich tagsüber aber deutlich ändern wird.
Kurz noch ein Exkurs in den Süden des Landes, wo die Warmfront keinen
vernünftigen Zugriff bekommt und die Nacht von wenigen örtlichen Tropfen
abgesehen trocken bleibt bei z.T. sogar aufgelockerter Bewölkung.
Tiefstwerte 16 bis 7°C.
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Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC
Montag ... dann der erste Herbststurm des Jahres an der Nordsee, mit gebremsten
Schaum auch im nordwestdeutschen Binnenland. Die Kaltfront schwenkt südostwärts
durch, wo sie an Wirkung einbüßt (sie kommt unter den Jet, wo keine vernünftige
Höhendivergenz mehr gegeben ist). Präfrontal im Süden zunächst strahlungsreicher
Spätsommer mit bis zu 26°C im Alpenvorland, später Schauer und Gewitter.
Postfrontal stabile und deutlich abgetrocknete Subpolarluft, nur schwache
Schauer oder trocken. Ausnahme Richtung Nordsee, wo die meisten Schauer und auch
Gewitter (mit Sturmböen) unterwegs sind. Weitere Details sind der heutigen
Frühübersicht zu entnehmen.
Modellvergleich und -einschätzung
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Im Großen und Ganzen simulieren die Modelle die beschriebene Entwicklung sehr
ähnlich.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann