Thema des Tages
22-08-2025 13:50
Wissenschaft kompakt
Die Gänseblümchenwelt - Teil 2
Im gestrigen Thema des Tages haben wir uns angeschaut, was hinter der
Idee der "Daisyworld" steckt. Heute geht es um Erweiterungen dieser
Simulation und auch ein wenig darum, wie es auf der Erde aussieht.
In Teil 1 haben wir gesehen, dass sich ein Planet, auf dem nur weiße
und schwarze Gänseblümchen wachsen können, bis zu einem gewissen Grad
selbst regulieren kann. Auch äußere Einflüsse wie zum Beispiel
stärkere Sonneneinstrahlung können durch unterschiedlichen
Rückstrahl-Eigenschaften des Bewuchses abgefedert werden und eine
recht stabile Temperatur auf dem Planeten gewährleisten.
Nun soll es um weitere Modifikationen des ursprünglichen Modells
gehen. Man kann beispielsweise die Anzahl an unterschiedlichen Arten
von Gänseblümchen ändern. Dabei ist das Ergebnis am Ende jedoch immer
gleich; nämlich, dass im Endzustand nie mehr als zwei Arten vorhanden
sind.
Eine andere Möglichkeit ist, dass es neben den Daisys z.B. noch
"Tiere" wie Kaninchen oder Füchse gibt, die die Rolle eines Pflanzen-
oder Fleischfressers übernehmen. Das Ergebnis dieser Experimente ist
zwiespältig. Unter bestimmten Bedingungen haben diese Veränderungen
zur Folge, dass sich die Selbstregulierung des Planeten etwas
verschlechtert. Andere jedoch zeigen, dass sich zusätzliche
Komplexität positiv auf das ganze System auswirkt (Wood et al.,
2006).
Eine weitere Idee ist, noch andere Arten von Pflanzen, die sich auf
Kosten der Gänseblümchen vermehren, zuzulassen. Diese haben aber den
Effekt, dass sie am Ende die ursprünglichen Daisys verdrängen und das
ganze System destabilisieren.
Kommen wir zurück zu unserer Erde. Wir wissen, dass die Erdoberfläche
etwa zu zwei Dritteln von Wasser bedeckt ist. Was würde mit den
Meeren passieren, wenn die Einstrahlung unserer Sonne verringert oder
gar komplett ausgeschaltet würde?
Wasser hat eine hohe spezifische Wärmekapazität und damit die
Fähigkeit, viel Wärme zu speichern. Ozeane würden daher nur langsam
auskühlen und der planetaren Abkühlung zunächst entgegenwirken. Ab
einem kritischen Punkt fingen sie aber an zu gefrieren. Schließlich
wäre der Planet vollständig vereist. Hypothesen bezüglich einer
solchen "Schneeballerde" besagen, dass sie vor etwa 600 Millionen
Jahren tatsächlich existiert haben könnte. Die Datenlage zur Stützung
dieser Hypothese ist jedoch ziemlich dürftig.
Problematisch an dieser Idee ist zudem, dass die gestern beschriebene
Albedo eine positive Rückkopplung bewirkt. Sie erhöht sich bei
zunehmender Vereisung der Oberfläche. Dementsprechend wird mehr
Einstrahlung reflektiert, wodurch es noch kälter wird, was wiederum
den Vereisungsvorgang beschleunigt.
Ein anderer Aspekt unseres Klimas muss demnach diese Kälteperiode
beendet haben: Es ist der berühmt-berüchtigte Treibhauseffekt. Starke
Vulkanaktivität hat enorme Mengen an CO2 ausgestoßen und dadurch die
Erdatmosphäre erwärmt.
Leider ist dieser Begriff heutzutage oftmals negativ konnotiert.
Dabei ist er überlebenswichtig für uns Menschen! In der heutigen Zeit
liegt die mittlere Oberflächentemperatur weltweit bei etwa +15°C.
Ohne diesen wärmenden Schutzmantel aus Gasen läge sie bei rund -18°C!
In den heutigen Klimamodellen spielen natürlich Rückkopplungen, wie
der oben im umgekehrten Fall beschriebene Eis-Albedo-Effekt, eine
wesentliche Rolle. Leider ist das Erdklima nicht so einfach
gestrickt. In der aktuellen Klimaforschung bestehen trotz stetigen
Fortschritts daher immer noch Wissenslücken angesichts der Fülle an
komplexen Wechselwirkungen von Land, Vegetation, Ozeanen und
Atmosphäre. Aktuellster Forschungsgegenstand sind zum Beispiel die
Auswirkungen sich verändernder Bewölkungsverhältnisse in den
Polarregionen.
(Das Bild und die Links zum heutigen Thema des Tages finden Sie wie
immer im Internet unter www.dwd.de/tagesthema.)
M.Sc. Fabian Chow
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.08.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst