DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
15-07-2021 10:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 15.07.2021 um 10.30 UTC
Ruhige, aber nicht gänzlich störungsfreie Hochdruckrandlange. Im Norden zum
Wochenstart sogar recht frisch.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 22.07.2021
Am Sonntag, dem Beginn des heutigen Mittelfristzeitraums, kehrt nach den
turbulenten Unwetterlagen der letzten Tage mit ergiebigen Regenfällen samt
Überschwemmungen im Westen und noch lokalen schweren Gewittern bis zum
Wochenende endlich Ruhe ein. Ok, abgesehen vom Chiemgau und dem Berchtesgadener
Land, wo sich noch die Reste der südostwärts abgezogenen Kaltfront stauen und
längere Zeit Regen bringen (wenn's dumm läuft sogar kleinräumig nochmal bis in
den markanten Bereich hinein mit mehr als 25 l/qm binnen 12 Stunden, siehe
Wettererscheinungen unten), setzt sich am Rande eines umfangreichen Hochs über
den Britischen Inseln trockenes Wetter bei zeitweiligem Sonnenschein durch.
Dieses richtet seinen Keil mit über 1020 hPa über Benelux gen Main, hat dadurch
aber eine Schwachstelle. Man ahnt es bereits - die Nordostflanke. Über
Skandinavien lauert bereits das entsprechende Höhentief und die Krümmung der
Isohypsen respektive Isobaren am Boden ist an der Ostseeküste schwach zyklonal.
So gelangt mit der nordwestlichen Strömung, die zudem an der Ostsee auch in Böen
für einzelne Windböen (Bft 7) gut ist, niedertroposphärisch recht feuchte
Luftmassen in die Nordhälfte. Diese "schmiert" an der Inversion in 850 hPa in
Form ausgedehnter Sc-Felder breit und im schlimmsten Fall fällt in
Norddeutschland sogar noch etwas Nieselregen heraus. Je nach Bewölkung werden im
Norden und im Süden im Regengebiet nur 18 bis 23 Grad erreicht. Sonst geht es
auf sommerliche 24 bis 28 Grad hinauf.
Am Montag ändert sich an der grundlegenden Konstellation kaum etwas. Es spaltet
sich in der Höhe vom skandinavischen Trog allerdings ein eigenständiges
Drehzentrum ab, das gewissermaßen als Kaltlufttropfen im Tagesverlauf
Schleswig-Holstein erreicht. Wirklich höhenkalte Luft ist aber nicht im Kern
vorhanden, maximal eine (Mini-) -20 Grad Isotherme. So beschränken sich die
wetterrelevanten Vorgänge auf die Grenzschichtmeteorologie, denn mit der
nordwestlichen Grundströmung hält der Nachschub kompakter Stratocumulusbewölkung
weiter an. An den Nordrändern der Mittelgebirge stauen sich diese und bringen
örtlich wenige Literchen Nieselregen. Sonst tritt Sprüh-/Nieselregen nur
vereinzelt auch und die Mengen sind kaum messbar. Mitte Juli wird die Sonne zwar
im Tagesverlauf für einige Wolkenlücken sorgen, überbordend werden diese aber
nicht ausfallen.
Südlich der Mittelgebirge überwiegen die Sonnenanteile und lediglich an den
Alpen ist das Schauerrisiko erhöht. In die Nordhälfte strömt sukzessive kühle
Meeresluft mit Ursprung über dem Europäischen Nordmeer mit zurückgehenden
Temperaturen in 850 hPa auf 5 bis 7 Grad, im Süden sind es in der gealterten
Luftmasse noch 10 bis 13 Grad. Dementsprechend wird dort auch verbreitet wieder
ein Sommertag erwartete mit Höchstwerten zwischen 25 und 28 Grad, wohingegen es
im Norden vergleichsweise kühle 17 bis 22 Grad sind. Aber was heißt hier kühl,
bei deutlich kühlerer Vorgeschichte beziehungsweise vor ein paar Jahren noch
wären bei vergleichbarerer Wetterlage Höchstwerte um 15 Grad angesagt gewesen.
Am Dienstag kommt der Kaltlufttropfen der bodennahen Strömung entsprechend
allmählich Richtung Süddeutschland voran. Damit nimmt die Neigung für einzelne
Schauer und vereinzelt auch kurze Gewitter in Süddeutschland zu. Sonst? Siehe
Montag.
Am Mittwoch und Donnerstag allgemein wenig Wetteränderung. Zwar schwenken in der
Höhe auf der Vorderseite des westeuropäischen Rückens flache Tröge und Keile
südostwärts durch, allerdings ohne große Auswirkungen auf die stabil
geschichtete und sich nur zögernd erwärmende Meeresluft im Norden. Südlich der
Mittelgebirge weiterhin mehrheitlich freundlich. Dazu angenehmes
Temperaturniveau zwischen 21 und 28 Grad mit den höchsten Werten im Süden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz ist in ihren groben Zügen ganz gut. Allerdings bereitet der
Vorstoß des Höhentiefs, das dann über Deutschland immer mehr als Kaltlufttropfen
fungiert große Probleme (siehe auch Modellvergleich). Man kann von Glück reden,
dass die darunter befindliche Luftmasse vergleichsweise unempfindlich (da
stabil) gegenüber Hebungsimpulse ist. Dadurch halten sich im Endeffekt die
Auswirkungen auf unser Wettergeschehen in Grenzen, unabhängig davon, was dieses
"Höhen-Ei" macht. Interessanterweise ergibt sich in den 0 Uhr Läufen eine
deutliche Ausbuchtung mit Abtropftendenzen nach Süddeutschland, wohingegen der
gestrige 12 Uhr Lauf den Trog eher im Norden und Nordosten hatte und ihn
südostwärts durchschwenken ließ. Sollte es so kommen, dann wäre das
Schauerrisiko im Süden arg limitiert. Je nach südwärtigem Ausgreifen fällt auch
die niedertroposphärische Abkühlung in der Nordhälfte etwas stärker oder
schwächer aus, aber auch dieser Aspekt spielt bei dem ohnehin meist bewölkten
Charakter nur eine untergeordnete Rolle.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
An der nordwestlichen Strömung zwischen hohem Luftdruck über den Britischen
Inseln und tiefem Luftdruck über Skandinavien wird nicht gerüttelt. Beim Blick
auf die Höhenkarten offenbaren sich aber bereits zu Beginn der Mittelfrist
signifikante Unterschiede. Während GFS, IFS und GEM den Ursprung des späteren
Kaltlufttropfens innerhalb eines amorphen Troges suchen, der sich von
Mittelnorwegen in Ansätzen bis zu den Färöer Inseln erstreckt, so hängt dieser
nach ICON noch deutlich "ausgedellter" bis nach Island zurück. Entsprechend
schaukeln sich in der Folge Phasenverschiebungen von mehr als 24 Stunden auf und
eine kleine Hochparzelle kann sich am Dienstag sogar vom Hoch über den
Britischen Inseln abspalten und genau über Deutschland hinwegwandernd. Bis
Donnerstag hätte sich die Wetterlage aber auch laut ICON regeneriert, damit
wieder den anderen Globalmodellen angeglichen und die Änderungen/Auswirkungen
auf den beschriebenen Wetterablauf blieben selbst bei diesem Szenario nur
gering.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Rauchfahnen beginnen mit der Mittelfrist einen deutlichen Spread zu
entwickeln, was der noch unscharfen Lage/Entwicklung des Troges/Abtropfens
geschuldet ist. Der Grad der Abkühlung und dessen Ausweitung nach Süden sind mit
Spreads zwischen +3 und +12 Grad in 850 hPa ebenso unsicher wie die
Geschwindigkeit der nachfolgenden Erwärmung. Haupt- und Kontrolllauf zeigen sehr
ähnliche Berechnungen und liegen zum Wochenbeginn eher am unteren Ende der
Memberschar (in der Nordhälfte tatsächlich verbreitet unter 5 Grad), zum Ende
der nächsten Woche eher am oberen Ende (im Mittel um 15 Grad). Bei Temperaturen,
die im Südwesten Richtung 20 Grad in 850 hPa tendieren, würde das sogar in eine
eventuelle Hitzewelle münden. Das Warmluftpolster, das sich über Frankreich
aufbaut, ist jedenfalls enorm.
Niederschlagssignale findet man auch im EPS nur sporadisch mit marginalen
Summen. Für die Hochwassergebiete eine gute Nachricht.
Die 3 gebildeten Cluster im Zeitraum +120-168h (Di-Do) sehen sehr ähnlich aus
mit dem Übergang vom Regime Atlantischer Rücken hin zum Blocking, indem sich die
positive Geopotentialanomalie allmählich vom Seegebiet nordwestlich der
Britischen Inseln Richtung Nordsee verschiebt. Interessanterweise lassen alle
Cluster den Trog südostwärts durchschwenken, dieser ist allerdings im Cluster 1
(wo auch HL und CL eingegliedert sind) am stärksten nach Süddeutschland
ausgebeult. Die Auflösung des Geopotentials ist in der Darstellung zu begrenzt,
um ein eigenes Drehzentrum (Kaltlufttopfen) auszumachen, es wäre aber zu
vermuten - auch in Cluster 2. Das würde in Summe immerhin 35 (rund 2 Drittel)
der insgesamt 51 Member ausmachen. In Cluster 3 ist der Trog wie auch beim JMA
etwas flacher.
Und wie geht es in der erweiterten Mittelfrist weiter? Ebenfalls 3 Cluster mit
Blocking, das aber immer mehr schwächelt. Von Westen nähert sich ein Trog, der
bis zum Wochenende mit hoher Wahrscheinlichkeit Frankreich erreicht hat.
Insofern ist es nicht unrealistisch, dass vorderseitig heiße Luftmassen
zumindest in den Südwesten Deutschlands gelangen und Höchstwerte über 30 Grad
drohen würden. Inwiefern dann auch neue Unwetter drohen, kann derzeit noch nicht
seriös beurteilt werden.
FAZIT:
Nach den Unwettern der letzten Tage stellt sich nächste Woche eine wohltuende
antizyklonale Nordwestlage mit leichten Schönheitsfehlern in Form von vielen
Wolken in der Nordhälfte und auch einzelnen Spritzern Regen ein. Dazu ist es
vorübergehend sogar etwas frisch mit Höchstwerten um oder etwas unter 20 Grad.
Die Südhälfte kann freundliches Sommerwetter bei jahreszeitentypischen
Temperaturen genießen. Zum Ende der nächsten Woche könnte es zumindest im
Südwesten wieder Richtung Hitze gehen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Dauerregen:
Beginnend am Samstag setzt an den Alpen eine staubedingte Dauerregenlage ein,
die in der Nacht zum Montag endet. Dabei sind vor allem am östlichen Alpenrand
markante Summen von 30-50 l/qm, in Staulagen des Berchtesgadener Landes bis 70
l/qm binnen 24 Stunden zu erwarten. Das zeigen derzeit sowohl die
deterministischen Outputs (ICON6 sogar bis 100 l/qm) als auch die
probabilistischen Verfahren (COSMO-Leps 40%, ICON-EPS 50% und IFS-EPS sogar
teils über 60% für mehr als 30 l/qm binnen 24 Stunden. Die Anzeichen für
Unwetter mit mehr als 50 l/qm binnen 24 Stunden sind aber nur gering (< 20%) und
sollten - Stand heute - auf exponierte Staulagen begrenzt sein. Der EFI zeigt
nur schwache Signale, schwerpunktmäßig auf österreichischer Seite.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, IFS-Mos
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen