DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
24-05-2021 10:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 24.05.2021 um 10.30 UTC
Erst windig und wechselhaft. Zum Wochenende allmählich stabiler und milder mit
nur regionaler und geringer Gewittergefahr.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 31.05.2021
Es gibt die mittelfristigen Vorhersagezeiträume, wo man sich eingestehen muss,
dass es zu viele Fragezeichen gibt, als dass man sich auf eine Richtung
festlegen kann. Dieser Zeitraum sieht danach aus, auch wenn seit gestern von
einzelnen Modellen wie dem IFS eine etwas stabilere Vorhersage angeboten wird.
NAO und AO flattern beide um die Nulllinie, mit keiner erkennbaren Präferenz im
Ensemblefeld zu +/-. Die MJO durchläuft aktuell Phase 4 zu 5, was rein
statistisch gesehen mit einer Abnahme der (besonders mittel- und
nordeuropäischen) Blockierungsfreude in Zusammenhang gebracht wird (und leider
auch mit konvektionsförderlichen Bedingungen im Golf von Bengalen, was momentan
im tropischen Zyklon YAAS gipfelt). Prädestiniert sind dabei im
nordatlantisch-europäischen Sektor positive Geopotenzialanomalien über
Südwesteuropa und negative bei Island. Daher auch die Tendenz zu NAO +, was zwar
aktuell im breit gefächerten Ensemblefeld etwas favorisiert wird, jedoch nicht
mit überzeugender Mehrheit.
Vom grundsätzlichen Muster sehen es die aktuellen Vorhersagen des IFS Modells
recht ähnlich, jedoch mit vergleichsweise schwacher positiver Anomalie über
Südwesteuropa - eher über Nordafrika platziert.
Was jedoch besonders auffällt ist das winterlich anmutende Blockierungsmuster im
hohen Norden mit seit 2-3 IFS-Läufen gefestigter Blockierung über dem
Europäischen Nordmeer sowie über der Tschuktschensee. Die Numerik zeigt zudem
besonders am Westrand der Blockierung über dem Nordmeer in Richtung Grönland
verstärkte Wärmeflüsse, die während der Mittelfrist noch andauern und in
weiterer Folge (erweiterte Mittelfrist) rasch abebben. Zonal gemittelt sind wir
bei diesem Parameter je nach Breitengrad noch oberhalb des 90-iger Perzentils
bzw. nahe am absoluten Rekord und trotz der eigentlich fehlenden Interkation
Troposphäre/Stratosphäre nach der finalen Erwärmung (10 hPa) wird eine deutliche
Reaktion im Übergangsbereich Troposphäre/Stratosphäre gezeigt: Abnahme des
gemittelten Zonalwindes in 100 hPa (60 Grad Nord) auf Werte unterhalb des
klimatischen Mittelwertes. Was die Auswirkungen sein werden kann hier nicht
abschließend gezeigt werden, doch ist deutlich eine andauernde
Zirkulationsstörung in diesem Höhenbereich auszumachen, die vorerst auch nicht
abebbt.
Man sieht, eine gestörte bzw. zu nachhaltiger Blockierung neigende polare
Zirkulation im Übergangsbereich der Troposphäre/Stratosphäre sowie Einflüsse der
MJO lassen die Entwicklung dieser Mittelfrist eine recht unsichere werden. Was
auffällt ist eine nun (vorübergehend?) östlicher ansetzende Blockierung - weg
von Grönland und hin zum Nordmeer. Zudem deutet sich über dem
nordöstlichen/östlichen Atlantik eine dritte positive Geopotenzialanomalie an,
die unter Brückenbildung mit der Anomalie über dem Nordmeer/später Skandinavien
Europa (vorübergehend?) vom Atlantik "abkoppelt". Durch all diese geringfügigen
Neuausrichtungen der Wellen ändert sich das Wetter auch in Europa zunächst
geringfügig, bevor erneut Stagnation eintritt.
Doch was bedeutet diese schleichende Veränderung für unser Wetter in der
Mittelfrist? Es wird an dieser Stelle gleich gesagt, dass die Beschreibung
vergleichsweise grob gehalten wird dank der vorhandenen Streubreite innerhalb
der Numerik. Allerdings beginnt IFS seit 2-3 Läufe eine etwas stabilere
Druckkonfiguration über Europa anzudeuten, worauf sich hier vor allem bis zum
Freitag berufen wird.
Am Donnerstag, dem Beginn der Mittelfrist, dominiert noch ein umfangreicher
Langwellentrog über Skandinavien und Mitteleuropa das Wetter in Deutschland,
wobei in höhenkalter Luftmasse im Norden zahlreicher Schauer und Gewitter
erwartet werden. Über die Mitte und besonders über den Süden wird im Zuge einer
Wellenpassage eine Okklusion ostwärts geführt, sodass es dort auch längere Zeit
regnen kann. Ob das Kriterium für markanten Dauerregen im Stau des Schwarzwaldes
erreicht wird (nur von ICON-EPS marginal gezeigt) wird an dieser Stelle dank der
Bewegungsfreude der Welle und dem überschaubaren Feuchtegehalt der Luftmasse
angezweifelt.
Zum Freitag beginnt der Südrand des Troges über Mittel-/Osteuropa abzutropfen
und beeinflusst besonders den Norden und Osten noch mit zahlreichen
Schauern/einzelnen Gewittern. Von Südwesten setzt zunehmend Wetterberuhigung ein
dank steigenden Geopotenzials und milderer Höhenluft (peripher eines sich
abbauenden Keils über Frankreich gelegen).
Am Samstag deuten die beiden letzten IFS Läufe höhere Geopotenzial-Anomaliewerte
über Südskandinavien in Form eines schwachen Rückens an, der sich über
Schottland nach Norwegen/Schweden erstreckt. Demgegenüber scheint sich eine
Tiefdruckrinne von Frankreich über den Alpenraum bis nach Osteuropa zu
etablieren. Zudem baut sich im Zuge kräftiger KLA über Nordskandinavien im
Bodendruckfeld über Norwegen/Schweden eine umfangreiche Bodenantizyklone auf.
Alles ideale Voraussetzungen, um aus Nordosten eine trockene und etwas
unterkühlte kontinentale Luftmasse nach Deutschland zu advehieren (850 hPa
Temperaturwerte 2 bis teils 4 Kelvin unter dem Mittel von 81-10). Man könnte nun
jammern, aber wenigstens scheint der bereits erwähnte Vorstoß polarer Luftmassen
über Finnland mit T850 hPa Abweichungen von teils unter 10 Kelvin! in der Folge
nicht den Weg nach Deutschland anzutreten, sodass unter dem Strich doch recht
passables, wenn nicht sogar angenehmes Wetter für Deutschland herauskommt (dies
gilt nicht für die Freunde von sommerlicher Hitze).
Zusammengefasst überwiegt in Süddeutschland bis zum Ende der Mittelfrist die
etwas höhenkältere und somit schaueranfälligere Luftmasse (inklusive einzelner
Gewitter), während sonst eine von Nordosten einsickernde stabilere/trockenere
Luftmasse inklusive dem sich von Norden nähernden Keil für eine durchgreifende
Wetterberuhigung sorgen. Für die Mitte und den Norden würde das ein freundliches
Wochenende und einen teils sonnigen Wochenbeginn bedeuten, während im Süden
Schauer/einzelne Gewitter das sonst auch recht freundliche Gesamtbild etwas
trüben.
Nach einem nur mäßig warmen Beginn der Mittelfrist klettern die Temperaturwerte
am Wochenende auf etwas über 20 Grad, wobei die Küsten davon dank auflandigen
Winds vorerst ausgenommen sind.
Bei Gewittern ist punktuell Starkregen möglich dank langsamer Zellverlagerung,
ansonsten aber beeindruckt einen die Luftmasse mit nur mäßigem Wassergehalt und
überschaubarer Labilität nicht weiter.
Der Westwind spielt am Donnerstag noch über der Mitte und im Norden eine Rolle
(Bft 6-7, im Bergland Sturmböen, auf dem Brocken schwerer Sturm), bevor
nachfolgend auch der Wind keine Bedeutung mehr spielt. Dabei dreht er von West
zunehmend auf nördliche Richtungen mit temporär eher westlicheren/östlicheren
Ausschlägen - je nach Bodendruckgeometrie.
Was wäre die Mittelfrist im Jahr 2021 ohne das Wort "Frost", denn eine örtliche
leichte Frostgefahr in Bodennähe kann in der Nacht zum Freitag nicht
ausgeschlossen werden. Wo die größte Gefahr für Gärtner besteht entscheidet sich
jedoch wohl in der erst im Nowcast zu erfassenden Bewölkungsverteilung.
In der erweiterten Mittelfrist ändert sich an der eingefahrenen Lage mit
geringen Geopotenzialgradienten und Höchstwerten etwas über 20 Grad wenig.
Allerdings könnte die Schauer-/Gewittertätigkeit erneut nordwärts ausgreifen.
Hier gibt es aber noch erhebliche Modelldiskrepanzen. Zudem deutet der jüngste
IFS-Lauf ein rasches Aufbrechen des Keils an, sodass der Höhentrog über dem
Alpenraum regeneriert werden könnte.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Bis einschließlich Freitag sehen die letzten IFS Läufe eine ähnliche
Entwicklung, die sich durch beständigen Trogeinfluss über Mitteleuropa
auszeichnet. Daher ändert sich an der mäßig temperierten und wechselhaften
Witterung wenig, auch wenn sich das Wetter am Freitag von Südwesten zunehmend
beruhigen dürfte.
In der Folge bricht der Höhentrog über Mitteleuropa in mehrere, eigenständige
Wirbel auf, deren Lage und Zugbahn noch sehr variable bzw. chaotisch berechnet
wird. Je nach Lage der Rinnen/Rücken kann sich regional eine Wetterberuhigung
einstellen bzw. dauert die wechselhafte Witterung weiter an. Tendenziell wird
das Wochenende mit milderer Höhenluft besonders im Norden vergleichsweile
stabiler verlaufen, während es nach Süden zu leicht wechselhaft bleibt. Aber um
sich darauf festzulegen bedarf es noch besserer Lauf-zu-Lauf-Konsistenz.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Innerhalb der Numerik (abseits von IFS) gibt es einen sehr ähnlichen zeitliche
Verlauf mit Blick auf die Zunahme der Unsicherheiten. IFS platziert die
Geopotenzialrinne am Wochenende etwas südlicher als GFS, das ganz Deutschland
unter einem oval verformten "Ei" sieht. Zum Ende der Mittelfrist, am Montag,
gleichen sich beiden Modelle jedoch an. Allerdings kann GFS bisher überhaupt
noch keine Lauf-zu-Lauf Konsistenz bescheinigt werden, sodass auch hier weitere
Läufe abgewartet werden müssen.
Was zudem die Vorhersage erschwert ist, dass Modelle wie das GEM die Blockierung
über Skandinavien deutlich weniger stabil zeigen und zum Ende der Mittelfrist
gar ins Gegenteil umschlagen. Ich würde sagen, geben wir den Modellen noch etwas
mehr Zeit.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Innerhalb der Cluster zeigt sich die Unsicherheit durch eine beständige maximale
Anzahl von 6 Clustern mit der Mehrzahl im klimat. Regime "Blockierung". Auf
Einzelheiten muss und kann bei dieser Unsicherheit nicht eingegangen werden.
Allerdings deuten alle Cluster während der Mittelfrist neben den beiden
genannten Blockierungszentrenten auch eine (möglicherweise verschobene, MJO
forcierte) Blockierung über dem östlichen Atlantik an. Dank zaghafter
Brückenbildung mit der skandinavischen Geopotenzialanomalie wird vorerst in der
Mittelfrist der Atlantik blockiert und dieses eingefahrene Muster kann mehr oder
weniger die gesamte Mittelfrist bestehen bleiben. In der erweiterten Mittelfrist
ergibt sich dann die Frage, wie rasch diese Brücke abgebaut wird und wie schnell
in der Folge der nächste Trog nach Osten geführt werden kann. Diese Frage lässt
sich jedoch bei teils 180 Grad Phasenverschiebung der Wellen innerhalb der
Einzelcluster zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten. Als "fun fact" zum
Schluss - ab dem 3. Juni gibt es nur noch einen Cluster mit - oh Wunder -
kräftiger Grönlandblockierung und einem umfangreichen Höhentief über
Mitteleuropa. Etwas, was man nicht so gerne sieht, denn das Glück dieser
Mittelfrist (Interaktion langsam ziehender Druckgebilde mit energiearmen
Luftmassen) wird nicht ewig währen.
Die Meteogramme zeigen deutschlandweit die allmähliche Erwärmung auf rund 20
Grad (mit regionalen Ausnahmen, wie den Küsten) sowie nach wechselhaftem Beginn
besonders im Norden eine rasche Abtrocknung. Derweilen dauert die
Schauertätigkeit im Süden mit variabler Ausprägung durchweg an. Allerdings zeigt
eine recht enge Memberbündelung, dass die konvektiven Niederschläge dank der
eher energiearmen Luftmasse überschaubar bleiben sollten (sprich: gelb bis
markant im Warnmanagement des DWD). Die Rauchfahnen des 500 hPa Geopotenzials
sind bis einschließlich Freitag eng gebündelt und streuen danach zunehmend (dank
der gradientarmen Lage jedoch nicht so massiv, wie es die eigentlichen
Unsicherheiten gebieten würden). Sowohl bei der Temperatur in 850 hPa als auch
beim Geopotenzial ist durchweg ein allmählicher Aufwärtstrend zu erkennen mit
einer Plateaubildung im Geopotenzial zum Ende der Mittelfrist.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Der EFI zeigt am Donnerstag noch geringe positive Ausschläge bei den WINDBÖEN,
die jedoch beinahe im klimatologischen Rauschen untergehen. Das IFS-EPS hebt den
Nordosten mit 1-10 Prozent Wahrscheinlichkeiten für Bft 8 Böen hervor, wobei
diese eher an Schauer/Gewitter gekoppelt sein dürften und nicht dem Gradienten
entspringen.
Ähnliches gibt es bei der TEMPERATUR zu sagen, wo z.B. bei den Minima regional
geringfügig negative Abweichungen erwartet werden.
Nicht vom EFI erfasst, aber dennoch erwähnenswert, ist eine punktuelle
STARKREGENgefahr (markant) bei GEWITTERN am Freitag im Nordosten und am Samstag
im Süden.
In der Nacht zum Freitag ist örtlich leichter FROST in Bodennähe nicht
ausgeschlossen.
Abgesehen davon verläuft diese Mittelfrist ohne nennenswerte
Begleiterscheinungen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, GEFS, MOSMIX, JMA
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy