Thema des Tages
11-04-2021 10:50
Der Wetterballon - Radiosondenmessungen in der Atmosphäre
Um an hochaufgelöste Wetterdaten direkt aus der Atmosphäre zu kommen,
ist die Radiosonde aus der Meteorologie nicht mehr wegzudenken. Sie
liefert wichtige Informationen über Feuchte, Temperatur und
Windgeschwindigkeit in verschiedenen Höhen.
Um an hochaufgelöste Wetterdaten direkt aus der Atmosphäre zu kommen,
ist die Radiosonde aus der Meteorologie nicht mehr wegzudenken. Sie
liefert wichtige Informationen über Feuchte, Temperatur und
Windgeschwindigkeit in verschiedenen Höhen.
Als im Jahre 1783 die ersten bemannten Ballons über Paris aufstiegen,
hatte man dabei zunächst wenig Interesse an der Sammlung von
wissenschaftlichen Daten. Erst im Jahre 1804 erkannte der
französische Physiker Joseph Louis Gay-Lussac das Potenzial und
sammelte bei einer Ballonfahrt eine Luftprobe aus 7000 m Höhe. Er
stellte dabei fest, dass das Verhältnis zwischen Sauerstoff und
Stickstoff in dieser Höhe dem am Erdboden entspricht. Solche
bemannten Ausflüge in große Höhen waren allerdings nicht
ungefährlich. Im Jahre 1862 erreichten der Ballonfahrer Henry Tracey
Coxwell und der britische Meteorologe James Glaisher bei einer
Ballonfahrt, bei der sie ein meteorologisches Messprogramm
durchführten, eine Höhe von etwa 8800 m. Ohne zusätzlichen Sauerstoff
verlor Glaisher das Bewusstsein. Die beiden haben nur überlebt, weil
Coxwell mit letzter Kraft das Steuerventil des Ballons mit den Zähnen
öffnete und somit den Ballon zum Sinken brachte.
Seit den frühen 1890ern führte man kostengünstigere und
ungefährlichere unbemannte Messungen mit selbstregistrierenden
Messgeräten durch. Erste Messungen mit unbemannten Wetterballons in
großem Umfang machte der französische Meteorologe Léon-Philippe
Teisserenc de Bort. Er entdeckte dabei die Stratosphäre. Mit
Aufkommen der Funktechnik vereinfachten sich die Möglichkeiten der
Datenübertragung. Mit der Entwicklung erster Prototypen von
Radiosonden wurde bereits 1921 am Observatorium Lindenberg begonnen.
Die erste Radiosonde wurde 1924 von William Blair gestartet. Er
verwendete die temperaturabhängige Veränderung des Signals, um die
Temperatur in verschieden Höhen abzuschätzen. Es dauerte allerdings
noch bis 1929, als Robert Bureau und Pawel Moltschanow direkt
gemessene Werte in Funksignale umwandeln konnten.
In der heutigen Zeit messen Radiosonden den Luftdruck, die
Luftfeuchtigkeit und die Temperatur direkt mit jeweils einem
Messsensor. Der Höhenwind wird indirekt aus dem Windversatz der
Radiosonde ermittelt, der mithilfe einer GPS-Antenne gemessen wird.
Ein Gasballon befördert das Messgerät in große Höhen. Als Gas kommt
Wasserstoff oder Helium zum Einsatz. Während des Aufstiegs senden die
Messinstrumente Daten, die von einer Bodenstation empfangen werden.
Wegen des abnehmenden Luftdrucks dehnt sich der Ballon mit der Höhe
deutlich aus, bis er letztendlich in einer Höhe von etwa 20 - 30 km
platzt. Der Höhenrekord beim DWD liegt bei etwa 39 km. Die Radiosonde
fällt dann an einem Fallschirm zu Boden.
Die gesammelten Daten werden in thermodynamische Diagrammpapiere
eingetragen. Gebräuchlich ist in der Meteorologie das sogenannte
Skew-T-log-p-Diagramm (siehe Abbildung). Hier ist die
Vertikalkoordinate als logarithmischer Luftdruck aufgetragen, während
die Temperaturen schräg von rechts unten nach links oben verlaufen.
Dies ist ungewohnt, hat aber den Vorteil, dass die Flächen in diesem
Diagramm direkt die Energie widerspiegeln. Die linke Kurve ist die
Taupunkttemperatur (Feuchtemaß) und die rechte Kurve die Temperatur.
Damit lassen sich die vertikale Schichtung, Stabilität, Labilität,
das Gewitterpotenzial und viele andere Parameter ableiten. Wie diese
Kurven zu interpretieren sind, erfahren sie im Thema des Tages vom
03.07.2020 "Radiosondenaufsteig für Einsteiger" oder
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/7/3.html oder vom
24.07.2020 mit "Radiosondenaufstiege für Fortgeschrittene"
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/7/24.html
Auch in der numerischen Wettervorhersage spielen Radiosonden heute
noch eine entscheidende Rolle. Zwar werden die meisten Informationen
aus der Höhe mittlerweile von Flugzeugen und Satellitendaten
ermittelt. Von der vertikalen Auflösung von Wind, Temperatur und
Feuchte sind aber die Radiosonden weiterhin unschlagbar und gelten
somit immer noch als Referenz bei der Kalibrierung von weiteren
Fernerkundungsdaten wie z. B. Satellitendaten.
Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.04.2021
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