Thema des Tages
29-03-2021 07:20
Ein turbulentes Wochenende
Das vergangene Wochenende fiel vor allem in der Nordhälfte
Deutschlands recht stürmisch aus. Teilweise ging es sehr turbulent
zu: Im Norden Dortmunds sowie in thüringischen Schmalkalden gab es
sogar Tornadoverdachtsfälle.
Nachdem das Wetter am vergangenen Freitag, dem 26.03.2021, bei
sonnigen Tageshöchstwerten von bis zu 19 Grad (Spitzenreiter war die
Station Neunkirchen - Bad Mergentheim in Baden-Württemberg mit 18,7
Grad) frühlingshaft warm anmutete, folge ein Wochenende mit
Turbulenzen.
Bereits in der Nacht zum Samstag fegte die Kaltfront des
Nordmeertiefs "Quasimodo" von West nach Ost über Deutschland hinweg.
In der ihr folgenden Kaltluft entwickelten sich am Samstag tagsüber
diverse Schauerlinien und auch einige Gewitter konnten sich
ausbilden. Darüber hinaus legte der Wind merklich zu. Recht
verbreitet wurden starke bis stürmische Böen gemessen (zwischen 50
und 75 km/h), stellenweise traten Sturmböen bis 85 km/h auf. Bei
einzelnen kräftigen Entwicklungen konnten selbst schwere Sturmböen
von bis zu 100 km/h beobachtet werden, zum Beispiel gegen 13 Uhr an
der Station in Querfurt an der Mühle Lodersleben im Süden
Sachsen-Anhalts. Die Wetterstation auf dem Brocken, dem höchsten Berg
Norddeutschlands, toppte die Windgeschwindigkeiten aufgrund ihrer
exponierten Lage: Dort wurden orkanartige Böen von 116 km/h gemessen.
Der den Wind begleitende Niederschlag kam nicht überall in flüssiger
Form vom Himmel. Besonders in den Hochlagen der Mittelgebirge
akkumulierten sich wenige Zentimeter Neuschnee. Aber auch in tiefen
Lagen fiel der Niederschlag teils in fester Form, nämlich als
Graupel. Da dies häufig sehr plötzlich vonstattengeht, wird immer
wieder auch der eine oder die andere Verkehrsteilnehmer*in
überrascht. So kam es auch am vergangenen Samstag zu einigen
glättebedingten Unfällen.
Darüber hinaus gab es kurz nach 11:00 Uhr MEZ einen
Tornadoverdachtsfall im Norden Dortmunds. Anwohner aus der Region
schilderten ein Schadensbild, das auf einen Tornado schließen lässt.
Über eine Strecke von mehreren Hundert Meter wurden Dächer beschädigt
und teilweise abgedeckt, Gegenstände flogen durch die Luft, Äste
wurden reihenweise von den Bäumen gerissen. Außerdem wurde in einem
Industriegebiet ein Lkw auf die Seite geworfen. Auch ein erster Blick
auf die Radarbilder, die sich den sogenannten "Dopplereffekt" zunutze
machen, um Windgeschwindigkeiten relativ zum Radarstandort
aufzuzeigen, deuten auf eine rotierende Gewitterzelle hin. Ein
weiterer Verdachtsfall ereignete sich im thüringischen Schmalkalden
gegen 15 Uhr MEZ. Auch dort legen die Schadensbilder einen Tornado
nahe.
Allerdings müssten weitere Untersuchungen folgen, um mit
abschließender Sicherheit von einem Tornado sprechen zu können. Dies
würde eine genauere Untersuchung der Schäden vor Ort beinhalten. Denn
Tornadoschäden sind recht spezifisch und unterscheiden sich von
Schäden, die beispielsweise aufgrund von Fallböden in Gewittern
entstehen können. Tornados verursachen in der Regel eine Schneise der
Verwüstung, die auch teilweise unterbrochen sein kann. Typisch ist
darüber hinaus die unterschiedliche Fallrichtung von Bäumen oder die
sehr weite Verfrachtung von Gegenständen.
Im Süden Deutschlands ging es am Samstag hingegen etwas entspannter
zu. Zwar wurden die "Südländer" nicht ganz vom Wind verschont, auch
dort traten gebietsweise Windböen mit Geschwindigkeiten von bis zu 60
km/h auf. Die der Kaltfront folgenden Schauer und Gewitter schafften
es jedoch nicht bis zum Alpenrand.
In der Nacht zum Sonntag beruhigte sich das Wettergeschehen dann
weitgehend, zumindest vorübergehend. Am gestrigen Sonntag lebte der
Wind im Tagesverlauf erneut auf. Dabei beschränkte sich das windige
Wetter jedoch meist auf die Nordwesthälfte. In Schauernähe sowie im
Nordseeküstenumfeld wehte der Wind auch zeitweise stürmisch mit bis
zu 73 km/h, die beispielsweise auf der Hallig Hooge im
schleswig-holsteinischen Wattenmeer gemessen wurden. Die Station
Glücksburg-Meierwik bei Flensburg verzeichnete sogar knappe 80 km/h.
Spitzenreiter war, wie konnte es auch anders sein, erneut der
exponierte Brocken mit 90 km/h (16 Uhr MESZ).
Heute spielt der Wind - mit Ausnahme auf dem Brocken im Harz sowie im
Norden im Küstenumfeld - keine Rolle mehr. In den kommenden Tagen
liegt der Fokus wohl eher auf dem ruhigen, fast schon frühsommerlich
anmutenden Wetter mit viel Sonnenschein und Temperaturen von bis zu
25 Grad!
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.03.2021
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst