DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

22-03-2021 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 22.03.2021 um 10.30 UTC



Freitag/Samstag Kaltfrontpassage, rückseitig sehr windiges Schauerwetter. Davor
und danach ruhig und zunehmend frühlingshaft.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 29.03.2021


Die Großwetterlage nährt die Hoffnungen auf einen "Frühlingsdurchbruch" in der
Mittelfrist. Vorderseitig eines sich regenerierenden Langwellentroges über dem
nahen Nordatlantik bzw. Nordwesteuropa dominiert über Mitteleuropa nämlich meist
eine südwestliche Anströmung. Der Schein trügt aber ein wenig: denn zumindest
bis zum kommenden Wochenende dämpfen atlantische Störungen die Erwärmung bzw.
machen sie sohar zunichte.

Zu Beginn der Mittelfrist am Donnerstag liegt Deutschland zwischen dem
nordatlantischen Langwellentrog und einem stark positiv geneigten, vom
westlichen Mittelmeer über das östliche Mitteleuropa bis nach Nordwestrussland
reichenden Rücken. Ein Randtrog läuft dabei aus dem Trog heraus und überquert
Deutschland unter allerdings deutlichem Konturverlust ostwärts. Im Bereich des
korrespondierenden Bodentroges nebst eingelagerter Kaltfront werden nur
gebietsweise leichte Regenfälle generiert, nach Südosten zu bleibt es
weitestgehend trocken. Die thermischen Gegensätze sind gering, T850 liegt
präfrontal im Süden und Südosten bei 1 bis 4 Grad, postfrontal bei 0 bis -2
Grad. Mit Sonnenunterstützung wird im Süden die 15-Grad-Marke nochmal geknackt,
Nachtfröste beschränken sich auf den Süden und das obere Bergland.

Am Freitag schwenkt ein scharfer Kurzwellentrog zu den Britischen Inseln und
nach Nordfrankreich. Die vorgelagerte Kaltfront neigt auf der zunehmend
diffluenten Trogvorderseite zur Wellenbildung über der Deutschen Bucht und
greift daher wahrscheinlich erst zum Freitagabend mit schauerartig verstärkten
Regenfällen auf den Westen und Nordwesten über. Vorderseitig stützt WLA einen
flachen Rücken, der tagsüber vor allem nach Süden und Osten zu noch für einen
recht freundlichen Wettercharakter sorgt. Die in der präfrontal auf Südwest
aufsteilenden Strömung einfließende, milde Subtropikluft (T850 1 bis 4 Grad)
labilisiert im Tagesverlauf aber etwas, sodass stärkere Quellbewölkung und der
ein oder andere Schauer nicht ausgeschlossen werden kann. Dennoch dürften (mit
Ausnahme der Küstenregionen) recht verbreitet Höchsttemperaturen um oder über 15
Grad, im Südwesten bis 18 Grad erreicht werden. In der Nacht zum Samstag
schwenkt der Kurzwellentrog nach Deutschland. Die Kaltfront des über Jütland
nach Südschweden ziehenden Wellentiefs hat bis zum Morgen wohl weite Teile des
Landes südostwärts überquert. Neben schauerartigem Regen bringt sie
vorübergehend böig auffrischenden Wind, in höheren und freien Lagen sind
stürmische Böen, exponiert Sturmböen möglich. Postfrontal fließt deutlich
kühlere maritime Polarluft ein (T850 auf -1 bis -6 Grad sinkend), sodass im
oberen Bergland etwas Schnee fallen kann.

Am Samstag schwenkt der Kurzwellentrog langsam ostwärts durch. Vor allem über
der Nordhälfte stellt sich unter hochreichend labiler polarer Meeresluft (T500
bis -37 Grad!) windiges Schauerwetter ein, auch einzelne (Graupel-)Gewitter
dürften mit von der Partie sein. Bei Schauern und Gewittern ist mit stürmischen
Böen und vereinzelten Sturmböen zu rechnen. Auch die "skaligen Böen" (der
Gradient zwischen dem o. e. Tief und einer Hochzelle über Südfrankreich beträgt
nach IFS immerhin 18 hPa) sind erwähnenswert, erreichen exponiert bzw. in
Hochlagen der Mittelgebirge Sturmstärke. Nach Süden zu ist die Luft nicht labil
genug bzw. zu trocken, sodass Schauer eher die Ausnahme bleiben und sich die
Sonne längere Zeit zeigen kann. Bei Höchsttemperaturen um oder knapp über 10
Grad, im Süden bis 14 Grad ist es (nicht zuletzt auch wegen des böigen Windes)
spürbar kühler als am Vortag. In der Nacht zum Sonntag tritt im Süden und in den
Mittelgebirgen wieder häufiger leichter Frost auf.

Am Sonntag nähert sich ein sich vorderseitig einer Austrogung über dem
Nordatlantik aufwölbender Rücken langsam von Westen an und erreicht spätestens
am Abend Deutschland. Er sorgt mit mitteltroposphärischer WLA für rasche
Stabilisierung. Der Norden wird allerdings von der Warmfront des hochreichenden
Sturmtiefs mit Kern südwestlich von Island gestreift, sodass es dort bei vielen
Wolken auch etwas regnen kann. Ansonsten steht ein freundlicher, nach Südwesten
zu sonniger Tag ins Haus. Rückseitig der mit dem Rücken korrespondierenden, über
den Alpenraum nach Südosteuropa abziehenden Hochzelle setzt mit Winddrehung auf
Südwest auch niedertroposphärisch wieder WLA ein (T850 von Nordost nach Südwest
zwischen -2 und +6 Grad), sodass zumindest entlang des Rhein wieder recht
verbreitet Höchsttemperaturen zwischen 15 und 18 Grad zu erwarten sind.

Am Montag weitet des der Trog über dem Nordatlantik weit nach Süden aus.
Vorderseitig bleibt WLA wirksam, sodass sich der Rücken über Mitteleuropa kaum
verlagert und sich noch etwas verstärkt. Zwischen dem hochreichenden Sturmtief
mit Kern bei Island und einer umfangreichen Hochruckzone über Südosteuropa macht
die niedertroposphärische Erwärmung in der Südwestströmung weitere Fortschritte
(T850 auf 3 bis 8 Grad steigend). Mit Unterstützung der Sonne, die zumindest in
der Südhälfte verbreitet für längere Zeit scheint, werden Höchstwerte von
verbreitet 16 bis 19 Grad erreicht. Nach Norden zu, wo zum einen die schleifende
Frontalzone über Nordwesteuropa nicht weit ist und zum anderen kräftige WLA
vorherrscht, bleibt es wolkiger, hier und da können auch ein paar Regentropfen
nicht ausgeschlossen werden.

In der erweiterten Mittelfrist soll sich nach IFS über Mitteleuropa sogar eine
eigenständige Höhenantizyklone ausbilden, wodurch sich schließlich auch im
Norden Hochdruckeinfluss durchsetzen und sich die Luft weiter erwärmen würde
(regional 20 Grad).
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der jüngsten IFS-Modellläufe kann insgesamt als relativ gut
bezeichnet werden. Alle Läufe rechnen nach einem ruhigen Start in die
Mittelfrist mit einer Kaltfrontpassage ab Freitag. Das genaue Timing und die
Ausprägung scheinen allerdings noch mit gewissen Unschärfen behaftet zu sein.
Die letzten beiden IFS-Läufe verzögerten die Passage aufgrund etwas stärkerer
Wellenbildung im Vergleich zum gestrigen IFS00z-Lauf um 6-12 Stunden. Zudem ist
der Gradient durch die Wellentiefentwicklung in den jüngsten Läufen über
Deutschland etwas stärker ausgeprägt, sodass an und hinter der Kaltfront ab
Freitagabend bis einschließlich Samstag ein erhöhtes Potenzial für stürmische
Böen oder Sturmböen (insbesondere in Verbindung mit Schauern und einzelnen
Gewittern sowie im Bergland) gegeben ist.
Danach vollzieht sich der Übergang zu einer Südwestlage inklusiver deutlicher
Erwärmung sowohl im heutigen IFS00z- als auch im gestrigen IFS12z-Lauf etwas
schneller als im gestrigen IFS00z.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die Unschärfen bei der Kaltfrontpassage ab Freitag zeigen sich auch bei
Vergleich der Globalmodelle. ICON simuliert einen ähnlich verzögerten
Kaltfrontdurchgang wie IFS, allerdings ohne signifikante Wellentiefentwicklung
(geringeres Sturmpotenzial). Bei GFS "rauscht" der (deutlich flachere) Trog
nebst Kaltfront deutlich schneller durch, erhöhtes Sturmpotenzial herrscht
lediglich im Küstenumfeld mit einem nachfolgenden Bodentrog in der Nacht zum
Samstag.
Ab Sonntag sind sich GFS und IFS nicht unähnlich, beide simulieren im Verlauf
einen Rücken mit Achse über oder knapp östlich unseres Vorhersagegebietes und
damit eine zumindest niedertroposphärisch süd- bis südwestliche Strömung, die
uns eine deutliche Erwärmung bringt. Bei ICON bleibt der Rücken zunächst über
Westeuropa und wir in einer nordwestlichen Strömung und vergleichsweise kühler
Luft.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Bis einschließlich Samstag bestätigt das IFS-EPS das oben beschriebene Szenario
des deterministischen Laufes. Nach sukzessivem Anstieg der 850-hPa-Temperatur
bis Freitag rechnen alle Member einen kurzen, aber knackigen Absturz von knapp
10 K zum Samstag. Die Rauchfahnen sind eng gebündelt. Nur wenige Member
verzögern den Absturz nochmal um gut 12 Stunden. Auffällig ist, dass der Absturz
des Geopotenzial nur im Norden und in der Mitte signifikant ist. Im Süden tritt
er kaum zutage. Die Windböen-Boxplots unterstreichen ein deutliches Windmaximum
am Freitag und Samstag, verdeutlichen aber auch größere Unsicherheiten. Der
deterministische Lauf findet sich eher in den oberen Bereichen der Verteilung
wieder, der Median liegt aber zumindest am Samstag im Norden und in der Mitte
zwischen 15-18 m/s.
Ab Sonntag nimmt der Spread sowohl bei Temperatur als auch bei Geopotenzial
deutlich zu. Allerdings zeigen fast alle Member einen Temperatur- und
Geopotenzialanstieg, nur mit unterschiedlicher Amplitude und Geschwindigkeit.
IFS-Haupt- und -Kontrolllauf finden sich eher am oberem Rand der Range.

Für +120-168 h (Samstag-Montag) werden 5 Cluster angeboten, von denen 4 der
Klasse "positive NAO" und einer der Klasse "Blocking" zugeordnet werden. Sie
unterscheiden sich mit Fokus auf Mitteleuropa insbesondere durch die Position
des Rückens. Cluster 1,2 und 4 (33 Member, inkl. HL und CL) rechnen seine Achse
über oder östlich von Deutschland. Bei Cluster 3, ansatzweise auch bei Cluster 5
(18 Member) bliebe sie erst mal knapp westlich und wir in einer nordwestlichen
Strömung (ICON-Variante).

Für 192-240 h (Dienstag-Donnerstag) hat man die Auswahl zwischen 2 Clustern.
Cluster 1 (positive NAO, 28 Member) simuliert eine Südwestlage, die nach Norden
leicht zyklonaler Ausprägung ist, Cluster 2 (Blocking, 23 Member) eine Ostlage
am Rande eines blockierenden Hochs über Südskandinavien.

FAZIT:
Nach ruhigem, recht frühlingshaftem Start in die Mittelfrist erwartet uns ab
Freitagabend die Passage einer Kaltfront. Neben Unschärfen beim genauen Timing
stellt sich nur noch die Frage nach den zu erwartenden Böen. Diese stehen und
fallen mit der Entwicklung eines Wellentiefs an der Kaltfront. Nach derzeitigem
Stand scheint ein Szenario mit zumindest stürmischen Schauer-/Gewitterböen am
Samstag recht wahrscheinlich zu sein, währenddessen die IFS-Variante
(verbreiteter Sturmböen) und GFS-Variante (nur an der See stürmisch) den oberen
bzw. unteren Rand des Möglichen markieren.

Danach (insbesondere ab Montag) stehen die Zeichen auf Frühling, wenngleich
unklar ist, wie schnell und deutlich sich die Erwärmung durchsetzt. Lösungen mit
einer kühleren Nordwest- oder im weiteren Verlauf gar Ostlagen sind zumindest
nach aktuellem Stand noch in der Minderheit.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


STURM:
Ab Freitagabend und in der Nacht Samstag mit Kaltfrontpassage von West nach Ost
einzelne stürmische Böen (Bft 8) gering wahrscheinlich. In Hochlagen der
Mittelgebirge stürmische Böen oder Sturmböen (Bft 9).
Am Samstag im Norden und in der Mitte einzelne stürmische Böen (Bft 8) zumindest
in Schauernähe wahrscheinlich. Im höheren Bergland Sturmböen (Bft 9), auf
Gipfeln schwere Sturmböen (Bft 10).
Am Sonntag und Montag in Kamm- und Gipfellagen noch einzelne stürmische Böen
oder Sturmböen (Bft 8-9) gering wahrscheinlich.

GEWITTER:
Am Samstag im Norden und in der Mitte einzelne Gewitter mit Sturmböen gering
wahrscheinlich.

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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS det.+EPS, MOS-MIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. R. K. Adrian Leyser