Thema des Tages

19-03-2021 09:20

Satellitenmeteorologie (Teil 3) - Von kreisenden Adleraugen und
unermüdlichen Ruhepolen

Heute stellen wir zwei unterschiedliche Arten von Wettersatelliten
vor, die geostationären und die polarumlaufenden Satelliten.

Wettersatelliten sind in der heutigen modernen Meteorologie nicht
mehr wegzudenken. Mit ihrem Blick aus dem Weltall auf unsere Erde
leisten sie unter anderem unschätzbare Dienste bei der Wetteranalyse
und der Vorhersage der nachfolgenden Stunden. Insbesondere in
Regionen, in denen es kaum Wetterbeobachtungen vor Ort gibt (z.B.
Ozeane, Wüsten, unbesiedelte Regionen), sind die Daten von
Wettersatelliten unverzichtbar. Im dritten Teil dieser Reihe widmen
wir uns den beiden sehr unterschiedlichen Arten von Wettersatelliten
- den geostationären und den polarumlaufenden Satelliten. Beide haben
gewisse Vor- und Nachteile, ihre Kombination liefert uns schließlich
das bestmögliche Abbild des Wetters rund um den Globus.

Schauen wir uns zunächst die geostationären Satelliten an, die man
mit etwas Augenzwinkern auch als unermüdliche Ruhepole bezeichnen
könnte. Von der Erde aus betrachtet befinden sich diese Satelliten
nämlich immer an derselben Stelle über dem Äquator, sie scheinen sich
also für den Erdbeobachter nicht zu bewegen. Tatsächlich bewegen sich
geostationäre Satelliten im Weltall natürlich schon; sie drehen sich
nämlich mit derselben Winkelgeschwindigkeit um die Erde wie die Erde
um sich selbst, sie folgen also der Erdrotation. Der Satellit verhält
sich als wäre er an einer senkrechten langen starren Stange an einem
Ort über dem Äquator befestigt und bewege sich mit der sich drehenden
Erde mit. Mithilfe der klassischen Newtonschen Gesetze kann man
berechnen, dass dies nur auf einer Kreisbahn in einer Höhe von etwa
35.800 Kilometern über dem Äquator möglich ist, der geostationären
Umlaufbahn.

Dass sich geostationäre Satelliten also wie ein Ruhepol immer über
derselben Stelle der Erde befinden, hat zwei entscheidende Vorteile.
Zum einen ist die hohe zeitliche Auflösung zu erwähnen. Alle 5 bis 15
Minuten machen sie neue Aufnahmen von der Erde. Zum anderen "sehen"
die Satelliten bei jeder Aufnahme immer denselben Bildausschnitt,
sodass man mit ihnen leicht Satellitenfilme erzeugen kann, die
beispielsweise die Bewegungen von Wolkenfeldern im Zeitraffer zeigen.
Man kennt diese Filme aus den Medien, aber auch in der synoptischen
Meteorologie werden sie benutzt, um die Verlagerung und Veränderung
von Wolken und Druckgebilden zu analysieren und ihre zukünftige
Entwicklung abzuschätzen.

Geostationäre Satelliten haben aber auch Nachteile. Durch die recht
große Entfernung zur Erde ist selbst mit den besten Radiometern
(siehe Teil 1 zur Satellitenmeteorologie) die räumliche Auflösung
begrenzt. Senkrecht unterhalb der Satelliten beträgt die Auflösung je
nach Messgerät ca. 1 bis 5 km. Zu allen vier Bildrändern hin wird die
Auflösung immer schlechter. In Ost-West-Richtung kann dies durch eine
ausreichende Anzahl geostationärer Wettersatelliten ausgeglichen
werden, die von der europäischen EUMETSAT (Meteosat-Satelliten), dem
amerikanischen Wetterdienst NOAA (GEOS-Satelliten) sowie von den
japanischen, chinesischen und indischen Wetterdiensten betrieben
werden. Nach Norden und Süden hin haben aber alle geostationären
Satelliten das gleiche Problem. Je weiter man sich vom Äquator
entfernt, desto schräger blickt der Satellit auf die Erde (Effekt von
Blickwinkel und Erdkrümmung) und desto unschärfer werden demnach die
Aufnahmen. Von den beiden Polen der Erde (und deren Umgebung) können
geostationäre Satelliten aufgrund der Erdkrümmung keine Aufnahmen
machen.

Die genannten Nachteile gleichen die sogenannten polarumlaufenden
Satelliten aus, die kreisenden Adleraugen unter den Satelliten. Sie
bewegen sich auf einer polaren, sonnensynchronen Umlaufbahn um die
Erde. Anders als die geostationären Satelliten fliegen die
polarumlaufenden Satelliten also über den Erdbeobachter hinweg. Ein
Umlauf dauert etwa 100 Minuten und die Erde wird in 12 Stunden einmal
komplett abgetastet. Jeder Ort wird also von einem polarumlaufenden
Satelliten zweimal täglich zu denselben Uhrzeiten überflogen, wo wir
bereits beim Nachteil dieser Satelliten wären, der geringen
Bildwiederholfrequenz (12 Stunden bzw. im sichtbaren Bereich ein Bild
pro Tag pro Satellit). Von Vorteil ist hingegen, dass die
polarumlaufenden Satelliten nur in einer Höhe von ca. 800 Kilometern
über der Erdoberfläche kreisen, wodurch die Satellitenaufnahmen eine
deutlich höhere räumliche Auflösung von ca. 100 bis 1000 m besitzen.
Zudem nehmen sie auch an beiden Polen scharfe Bilder auf.
Polarumlaufende Satelliten werden von den europäischen,
amerikanischen, chinesischen und russischen Wetterdiensten betrieben.


Beide Satellitenarten in Kombination bilden die Erde lückenlos ab.
Schnelle Bildfolgen in räumlich begrenzter Auflösung liefern die
geostationären Satelliten, für hochaufgelöste Aufnahmen sowie für die
Erfassung der Pole verwendet man polarumlaufende Satelliten.


Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.03.2021

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