DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

09-02-2021 13:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 09.02.2021 um 10.30 UTC



Unter Hochdruckeinfluss eine ruhige Mittelfrist mit Dauerfrost. Nächte sehr
kalt! Wochenbeginn von Westen milder.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 16.02.2021


Was waren das für ereignisreiche Wochen im Dezember, Januar und nun auch Anfang
Februar mit Blick auf die Nordhemisphäre. Von eisiger Kälte in Asien
(klimatologisch gesehen regional deutlich zu kalt), von Rekordschneefällen in
Japan, einem neuen Luftdruckrekord in einer außertropischen Zyklone über dem
Nordpazifik über einen möglichen neuen Luftdruck(Welt!)rekord in der Mongolei
(beide binnen weniger Tage) bis hin zu Schneestürmen in Spanien und nun auch in
vielen Regionen Mittel- und Osteuropas (letztere werden im Verlauf dieser
Mittelfrist von Schnee und Wind bedacht). Nordamerika steht nun ein eisiger
Kaltluftausbruch bevor, wobei die arktische Luftmasse über den Plains nur
geringfügig modifiziert den Norden Mexikos erreichen sollte und "offshore",
dadurch jedoch stark modifiziert, die Westküste der USA entlang bis auf unter 20
Grad Nord! strömen sollte mit entsprechend markanten Abweichungen zum
Modellklima. Vieles, nicht alles, hat mit der nachhaltigen Schwächephase des
Polarwirbels zu tun, wobei sicherlich offenbleibt, wie gewichtig sich indirekte
(kaum bis nicht nachvollziehbar) Einflüsse wie Wechselwirkungen mit den Tropen
etc. auf diese Kapriolen auswirkten.

Aber wenigstens kehrt bei uns nun Ruhe in das mittelfristige Wettergeschehen ein
bzw. bleibt es ruhig.

Nachdem gestern bereits auf den Zustand des Polarwirbels in der Stratosphäre
eingegangen wurde, soll darauf heute nur kurz eingegangen werden.
Mit der Verlagerung des Polarwirbels in der Stratosphäre (SWP) von der
Grönlandsee über Grönland zur Baffin-Bucht (10 hPa) und von Nordskandinavien zur
Baffin-Bucht inkl. einem Ableger über der Kara- und Laptewsee (50 hPa) fächert
das Geopotenzial über West- und Nordeuropa zunehmend auf.
Im Übergangsbereich zwischen Troposphäre und Stratosphäre verlagert sich eines
von drei Drehzentren (jedoch das dominante) sukzessive von der Barentssee in
Richtung kanadisch-arktisches Archipel/Nordpol/Laptewsee. Zusammen mit der
Verlagerung dieses Wirbels und dem sich über Nordostkanada etablierenden SPW
steigt das Geopotenzial stromab über West-/Nordeuropa und das nachhaltig. Mit
einer sich abschwächenden Hintergrundströmung etablieren sich die Mittelfrist
über Wellen mit deutlich größerer Amplitude über Europa und deuten eine
umfangreiche Blockierungslage in Form eines Omegas an. Dies zeigt sich auch im
Hovmöller-Diagramm der v-Winde im Niveau der Tropopause zwischen 30 und 60 Grad
Nord. Dort ist eine Wellenverschiebung von 15 Grad Ost zu erkennen, sodass wir
in Mitteleuropa aus heutiger Sicht zunächst tendenziell in einer Nordströmung
verbleiben, allerdings mit einer geringen Verschiebung der Wellen nach Osten.
Zudem sind wiederholt Impulseinträge aus Westen in das "Omega" zu erkennen (wohl
in Form kräftiger und größer amplifizierter Tröge), sodass die Blockierung trotz
der Omegastruktur wenig standhaft erscheint und anfällig ist für eine
allmähliche Ostverlagerung. Grundsätzlich "riecht" das für Deutschland daher
nach einem zögernden Nachlassen der winterlichen Kälte und einem "ruhigen"
Übergang in eine eher durch den Atlantik dominierte südwestliche Strömung.
"Ruhig" bezieht sich dabei nur auf die sukzessive Änderung der Anströmung dank
der Keilachsenpassage und nicht auf das Warnwesen, denn auch hier können von
Westen hereinziehende atlantische Fronten Ungemach in Form von Glätte und Schnee
bringen.

Die Mittelfrist lässt sich gut aufteilen. Von Freitag bis einschließlich Sonntag
überwiegt ruhiges Hochdruckwetter unter einem zögernd von West nach Ost
wandernden Höhenkeil, dessen Achse zum Wochenbeginn den Westen von Deutschland
erfasst. Während im Grenzbereich Osteuropa/Russland ein deftiger Schneesturm
erwartet wird, sorgt die stromab induzierte hochreichende KLA arktischen
Ursprungs am Westrand des dazugehörenden Langwellentroges für die Bildung eines
kräftigen Bodenhochs, das am Ostrand des Höhenkeils langsam von Südnorwegen über
Deutschland wandert und zum Ausklang des Wochenendes das gesamte östliche
Mitteleuropa überdeckt. Die aus der Hochdruckzelle ausfließende Luftmasse hat
über Deutschland eine nördliche bis östliche Komponente und weist tagsüber
abgesehen vom Norden und Osten (Ostseeeinfluss) geringe relative Feuchtewerte
auf. Daher scheint tagsüber meist die Sonne und die Nächte kommen überwiegend
klar daher mit geringer Nebelbildung. Es bleibt deutschlandweit trocken und ob
sich im Oderumfeld einzelne schwache Schneeschauer von Polen verirren ist nur
von akademischem Interesse. Je nach Anströmrichtung könnte die
Schneeschauertätigkeit im Ostseeumfeld wenigstens anfangs noch andauern.

Die Höchstwerte verbleiben abgesehen von einzelnen Wärmeinseln am Oberrhein
durchweg im leichten bis mäßigen Frostbereich und verbreitet tritt mäßiger bis
strenger Nachtfrost auf. Auch wenn sich MOSMOX verständlicher Weise mit
"gemäßigten" -9 bis -16 Grad über den aktuellen (und die MiFri weiterhin
vorherrschenden) Schneeflächen zufriedengibt, so deutet doch alles auf sehr
strenge Nachtfröste von teils deutlich unter -20 Grad hin, wobei IFS-EPS mit
mäßigen Wahrscheinlichkeiten die gesamte Mitte und den Osten hervorhebt. In
diesen Regionen kann man sich auch Maxima im strengen Frostbereich vorstellen.
Viele würde es freuen, denn das sind endlich mal schlittschuh- und rodelfreudige
Aussichten, wäre da nicht die Pandemie. Für Obdachlose jedoch eine
lebensbedrohliche Situation, wenn nicht ausreichend geschützt, auch mit Blick
auf die vergangenen milden Winter!
Erwähnt werden sollte noch, dass es im Südwesten eine leichte Bisenlage gibt mit
Sturmböen aus Ost auf exponierten Berglagen.

Am Montag/Dienstag verschiebt sich die Langwellenkonfiguration wie angesprochen
etwas nach Osten. Dadurch wird die Keilachse in 500 hPa endgültig nach
Deutschland gedrückt und das Bodenhoch wandert unter Abschwächung nach
Osteuropa. Gleichzeitig könnten sich kurzwellige Troganteile dem Nordwesten
Europas nähern und entsprechende Fronten könnten es bis in den Westen und Norden
von Deutschland schaffen. Nachdem der letzte IFS-Lauf davon nichts wissen wollte
versucht es der 00Z Lauf erneut zaghaft. In dem Fall wäre gefrierender Regen
bzw. Schnee im Nordwesten ein Thema. Der Westen vermeldet dann tagsüber
verbreitet, in den Nächten überwiegend "frostfrei".

Für die erweiterte Mittelfrist gilt "abwarten", denn die Numerik inkl. dem IFS
haben Probleme mit einem neuerlichen Kaltluftausbrauch über Nordskandinavien
(Ausströmrichtung und Geschwindigkeit). Dieser wird durch eine ansatzweise
ähnliche Geopotenzialkonstellation wie aktuell gestützt und zeichnet sich durch
einen umfangreichen Polarwirbel in der Troposphäre (der dominante Part der drei
Wirbel) über Nordskandinavien und der Barents-/Karasee sowie einem angedeuteten
Trog vor der Iberischen Halbinsel aus. Alles Grundzutaten für eine erneute
Luftmassengrenze über Europa, allerdings ist es für weiter Details noch zu früh
und tendenziell eher deutlich nördlicher und östlicher ansetzend bzw. schwächer
ausfallend ohne den Einschub subtropischer Luftmassen von Süden. Entsprechend
des aktuellen Modelllaufs würde sich somit für Deutschland eine ruhige
erweiterte Mittelfrist anschließen, allerdings auf einem milderen
Temperaturniveau.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Während der Mittelfrist (Freitag bis Dienstag) baut sich über Europa eine
Blockierungslage auf, die einem Omega ähnelt, wobei Mitteleuropa unter einem
Keil verweilt. Diese Entwicklung wird zwar innerhalb der letzten Modellläufe vom
IFS beständig gezeigt, allerdings nehmen zum Beginn der kommenden Wochen die
Unsicherheiten rasch zu, wie schnell sich der Keil abschwächt bzw. ob sich von
Westen atlantische Tiefausläufer Deutschland nähern können.
Das bedeutet, die Mittelfrist verläuft in Deutschland unter Hochdruckeinfluss
meist ruhig. Erst zum Montag/Dienstag können voraussichtlich Fronten auf den
Westen/Nordwesten von Deutschland übergreifen. Größere Niederschlagsereignisse
bleiben aus.
Je nach genauer Lage zum Bodenhoch bzw. der Geometrie des Keils verbleiben wir
aus heutiger Sicht bis zum Wochenanfang im Zustrom modifizierter Polarluft,
bevor sich von Westen atlantische Luftmassen zunehmend nach Deutschland ostwärts
ausbreiten.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch beim Blick auf die internationale Modellpalette ergeben sich keine anderen
Aussagen. Die Trog-Keil-Trog Struktur wird durchweg gezeigt und weicht zum
Wochenbeginn auf. Allerdings ist der neue IFS-Lauf der zügigste, der einen
Einfluss von atlantischen Tiefausläufern auf den Nordwesten Deutschlands zeigt.
GFS stimmt diesem Szenario grundsätzlich zu, jedoch mit geringer (langsamer)
Phasenverschiebung der Wellen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Mittelfrist über sind 6 Cluster vorhanden mit einem Überhang des
klimatologischen Regimes "Blockierung". Kontroll- und det. Lauf befinden sich
beide im ersten Cluster. Alle Cluster zeigen die angesprochene
Langwellenkonfiguration, allerdings mit Unschärfen im jeweiligen Randbereich und
mit Blick auf die Geometrie der Tröge und des Keils. Davon hängt sicherlich ab,
wie effektiv sich der Atlantik durchsetzen kann. Feinheiten wie z.B. sich
entwickelnde Wellen im (hyper)baroklinen Randbereich sind dafür entscheidend,
können jedoch jetzt der Unsicherheit wegen noch nicht weiter betrachtet werden.

In der erweiterten Mittelfrist verbleibt der Überhang beim klimatologischen
Regime "Blockade" und auch der Kontroll- wie auch der det. Lauf fühlen sich im
ersten Cluster wohl. Alle Cluster zeigen einen intensiven Langwellentrog über
dem Nordostatlantik und einen kräftigen Keil stromab über West-, Mittel- und
Nordeuropa. Ob als Keil, oder als abgeschlossene Höhenantizyklone über
Nordeuropa ist noch unsicher. Tendenziell lässt sich aber sagen, Osteuropa
verbleibt in der kalten Winterluft, Westeuropa zunehmend in milder Atlantikluft
und Mitteleuropa dazwischen und direkt unter hohem Geopotenzial platziert.
Demnach würde es mit dem Wetter ruhig weitergehen.

Die Meteogramme zeigen besonders im Osten den Schwerpunkt des Frostes, aber auch
dort erfolgt zum Wochenbeginn besonders tagsüber eine Frostabschwächung mit
einer Zunahme der Memberstreuung (im Einklang mit einer Zunahme der Bewölkung
stehend). Inwiefern Niederschläge auf den Westen und Norden übergreifen ist noch
unsicher, das wird dort jedoch von deutlich mehr Membern als im Süden und Osten
gezeigt. Zum Wochenbeginn nimmt auch die Streuung der Rauchfahnen (850 hPa
Temperatur und 500 hPa Geopotenzial) rasch zu, bei der 850 hPa Temperatur auf
teils 20 Kelvin. Daher bleibt noch abzuwarten, wie schnell es die milde Luft
schafft der winterlichen Kälte den Zahn zu ziehen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


FROST:
Der EFI zeigt am Wochenende deutlich negative Anomaliewerte der Temperatur über
einem Großteil von Deutschland, wobei sich diese sukzessive abschwächen.
Bei den Tiefstwerten zeigt der EFI besonders eindrückliche Abweichungen mit
Werten von -1. Schaut man sich die östliche Mitte Deutschlands an (z.B.
Thüringer Becken), so wird von der Nacht zum Samstag bis zur Nacht zum Dienstag
nur mit einer Halbierung des EFIs auf -0.5 gerechnet. Die Member deuten in der
Nacht zum Samstag gebündelt Minima um -20 Grad an mit Einzelmemberlösungen von
-25 Grad. Zum Wochenbeginn gibt es dann eine rasche Zunahme der Streuung der
Member, doch selbst dann sollte es für strengen Frost noch reichen.
Zusammengefasst deutet sich besonders für die schneereiche östliche Mitte eine
Fortdauer der eisigen Nächte an mit teils strengem Frost tagsüber.
Im übrigen Deutschland schwächt sich der Dauerfrost erst zum Wochenbeginn von
Westen ab und die Nächte verbleiben im leichten bis mäßigen, örtlich auch im
strengen Frostbereich (abgesehen vom dann frostfreien Westen). Die Dauer und
Intensität dieser Frostlage ist zu Zeiten eines sich wandelnden Klimas
sicherlich nicht zu unterschätzen, zumal am Wochenende in den Nächten die
gefühlten Temperaturwerte recht verbreitet auf -20 bis -30 Grad zurückgehen
sollten (im Südwesten durch den Wind gestützt).

WIND:
Im Südwesten gibt es im Zuge einer leichten Bisenlage besonders auf exponierten
Berggipfeln Sturmböen Bft 9 aus Ost.

GLÄTTE:
Im Nordwesten droht zum Wochenbeginn ggf. Glätte durch gefrierenden
Niederschlag. Dies ist jedoch noch wenig wahrscheinlich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, IFS, MOSMIX mit Korrekturen u.a. durch Ensemble- und DMO-Vergleich
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy