Thema des Tages
15-01-2021 10:50
Kleiner Rückblick
Dieser Winter gibt (uns) wirklich alles. Fast überall in Deutschland
hat man bis heute Schnee zumindest gesehen, wenn er auch an einigen
Orten nicht lang liegen blieb. Vergangenen Mittwoch gab es zudem ein
seltenes Schauspiel: Wintergewitter.
Der große Schneefall im Südwesten unseres schönen Landes hört aktuell
(Freitagvormittag) gerade auf. Insgesamt sind zwischen Schwarzwald
und Werdenfelser Land seit Mittwochmorgen 30 bis 50 cm Schnee
gefallen. Im Allgäu wurden im gleichen Zeitraum sogar 60 bis 80 cm
Neuschnee registriert. Auch am Oberrhein und am Bodensee hat es
einige Zentimeter Schnee gegeben. Kurzum: Der Winter hat den
Südwesten verbreitet in ein weißes Kleid gehüllt.
Grund für den Schneefall war eine Luftmassengrenze, die von
Großbritannien bis in den Alpenraum reichte und sich über einen
längeren Zeitraum kaum bewegte. An ihr gab es großflächige Hebung,
die für Niederschläge sorgte. Dabei lag der Südwesten Deutschlands
auf der "kalten Seite" und es kam zu den lang anhaltend und
ergiebigen Schneefällen.
Im Osten hat es ebenfalls wiederholt geschneit und es fällt auch noch
weiter Schnee, allerdings mit deutlich geringerer Intensität. Dort
hat es vor allem im Bergland bis zum Freitagmorgen für 5 bis 10
Zentimeter Neuschnee gereicht, aber auch sonst konnte sich zumindest
kurzzeitig eine dünne Schneedecke bilden. Bemerkenswert und für
einige sicherlich ein einmaliges Erlebnis waren die Gewitter am
Mittwochnachmittag und Abend. Ursächlich dafür war hochreichend kalte
Luft (bis -40 Grad in 500 hPa), die von Tief DIMITRIOS von
Südskandinavien über die Ostsee und weiter nach Polen gelenkt wurde.
Sie sorgte für eine instabile Schichtung der Luftmassen, was in einem
raschen vertikalen Aufstieg der feuchten Luft resultierte und so die
Gewitter hervorrief.
Mit dem Aufzug der zum Tief gehörigen Kaltfront von Norden her gab es
die ersten Gewitter bereits am Mittag in Schleswig-Holstein. Mit dem
Vorankommen der Front südwärts bildete sich zunächst eine schwache
Gewitterlinie an der Frontalzone, die am Nachmittag von der Nordsee
über Hamburg bis nach Mecklenburg reichte. Auf dem weiteren Weg
süd-südostwärts wurden die Gewitter kräftiger und mehr.
Gegen 18 Uhr reichte die Linie von Hannover über Braunschweig bis
nach Berlin und gegen 20 Uhr vom Burgenland bis in die Lausitz. An
ihr gab es kurzzeitig heftige Schneegewitter, die in kurzer Zeit für
weiße und glatte Straßen sorgten. Auch Wind- und stürmische Böen
waren Begleiterscheinungen, sodass der Schnee teils waagerecht fiel.
Bei der weiteren Verlagerung südwärts schwächten sich die Gewitter
rasch ab und nach Mitternacht gab es nur noch einzelne Blitze über
Bayern.
Warum sind Wintergewitter in Mitteleuropa so selten? Es fehlt der
Antrieb der Sonne. Im Sommer sorgt meist die starke
Sonneneinstrahlung für einen sehr warmen Boden und so reicht eine
relativ kalte Luft in der Höhe für die Gewitterbildung aus. Im Winter
fehlt der "Sonnenmotor". Es muss also sehr kalte Luft in höheren
Schichten einfließen, damit eine genügende Instabilität erzielt wird.
Zudem muss es in den unteren Luftschichten ausreichend feucht sein,
damit die aufsteigende Luft kondensieren und sich Gewitter bilden
können.
Dipl.-Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.01.2021
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