Thema des Tages

13-11-2020 09:50

Frühling im November? Teils leicht unbeständig, teils freundlich,
regional windig und sehr mild.

Winter? Zumindest die Temperaturen geben keinen Hinweis auf die
nahende kalte Jahreszeit. Eine warme West- bis Südwestdröhnung und
zeitweiliger Sonnenschein sorgen eher für ein Frühlingsfeeling als an
kühle Herbst- oder Frühwintergefühle.

Derzeit steht dem hohen Luftdruck über Ost- und Südeuropa rund um
das Hoch SCOTT im Bereich der Ukraine tiefer Luftdruck über West- und
Nordwesteuropa sowie dem Atlantikraum gegenüber. Federführend wirbelt
dort das Tief QUENTINA südlich von Island. Auf dessen Südflanke
schiebt sie mit einer recht kräftigen Westströmung wiederholt
Randtiefs sowie Tiefausläufer ostwärts, die aber von SCOTT meist
erfolgreich geblockt werden können. Das Hauptgefechtsfeld liegt dabei
über Mitteleuropa, sodass Deutschland zu einer Art Frontenfriedhof
mutiert. Nur manche können diesem entkommen und ihren Weg in
nördliche Richtung zum Polarmeer fortsetzen. Deutschland liegt dabei
weiter in einer westlichen bis südwestlichen Grundströmung, mit der
feuchte und teils sehr milde Atlantikluft ins Land gelangt. Von einem
Frühwinter fehlt demnach jede Spur. Dafür müsste man sich weiter nach
Russland begeben, wo Hoch SCOTT die Temperaturen in den Keller
schickt.

Das Wetter hierzulande wird dabei zunehmend von tiefem Luftdruck
beeinflusst. Der hohe Luftdruck hat nur anfangs im Süden und Osten
noch die Wetterkontrolle, wo ruhiges und teils sonniges Herbstwetter
Trumpf ist. Nach Westen und Nordwesten zu toben sich aber schon ab
heute die Tiefausläufer aus und bringen Regen, Regenschauer und ab
dem Wochenende regional auch Wind. Dort zeigt der Herbst zumindest
zeitweise sein eher ruppiges Bild. Was aber alle Regionen im Land
gemeinsam haben, sind die für die Jahreszeit zu warmen Temperaturen.


Da der Atlantik mit 12 Grad bei Irland und bis 18 Grad vor Portugal
noch recht hohe Temperaturen aufweist und zeitweise auch die warme
Subtropikluft von der Iberischen Halbinsel angezapft wird, kann mit
der West- bis Südwestströmung die entsprechend erwärmte Luftmasse bis
nach Mitteleuropa gelangen.

Die Voraussetzungen für den "Novemberfrühling" sind also gesetzt.
Schon am heutigen Freitag wird das Land von der milden Luft geflutet,
sodass im Südwesten schon Höchstwerte bis 17 Grad zu erwarten sind.
Am Samstag kommt die sehr milde Luft weiter nordwärts voran. Während
von Nordrhein-Westfalen bis nach Sachsen Temperaturmaxima zwischen 13
und 17 Grad in Aussicht stehen und auch im Norden und Nordosten Werte
zwischen 10 und 14 Grad mehr an den Frühling als an den nahenden
Winter erinnern, kann im Lee von Schwarzwald und Alb bei bis 19 Grad
vielleicht sogar ein gewisses Sommerfeeling aufkommen. Die wärmsten
Temperaturen werden schließlich für Sonntag prognostiziert. Dann
nämlich könnte die Temperatur am Oberrhein an der 20-Grad-Marke
kratzen. Auch sonst wird es bei Werten zwischen 12 und 18 Grad
außergewöhnlich mild. Zu den hohen Temperaturen gesellt sich im Süden
und Teilen Ostdeutschlands auch noch häufiger mal die Sonne, die den
frühlingshaften Charakter abrundet. Allerdings besteht dort in
schwachwindigen Lagen die Gefahr, dass sich Nebel oder Hochnebel
bilden und nur zögerlich auflösen. Im Westen fällt dagegen wohl
warmer Regen, der von einer teils auffrischenden, teils stürmischen
milden Brise durch die Luft gewirbelt oder gepeitscht wird.

In der kommenden Woche sickert dann rückseitig einer ab Sonntag
durchschwenkenden Kaltfront etwas kühler und feuchte Luft ein und
sorgt dann nahezu landesweit für einen leicht unbeständigen
Wettercharakter. Bei Höchstwerten zwischen 8 und 15 Grad bleibt es
aber für die Jahreszeit zunächst weiter zu mild. Erst ab der
Wochenmitte könnten die Temperaturen zunehmend der Jahreszeit
typische Werte annehmen und im höheren Bergland vielleicht auch etwas
Schnee bringen. Warten wir es ab.

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.11.2020

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