Thema des Tages

10-11-2020 08:20

Herbstnebel - eine unterschätzte Gefahr

Wussten Sie, dass Nebel im Straßenverkehr eine unterschätzte Gefahr
darstellt? Ein Blick in die Statistik macht die Gefahr, die von Nebel
ausgeht, besonders deutlich.

In diesen Tagen zeigt sich der Herbst mit zwei verschiedenen
Gesichtern: Die einen haben Glück und wohnen "auf der sonnigen
Seite". Dort kann man den goldenen Herbst mit seiner farbenfrohen
Pflanzenwelt genießen. Am gestrigen Montag, dem 09. November 2020,
wurden auf der Zuspitze immerhin 9,5 Sonnenstunden registriert. Aber
auch in tieferen Lagen wie dem Allgäu oder im Stuttgarter Raum
strahlte die Sonne tagsüber von einem nahezu wolkenlosen Himmel.
Andernorts wiederum machte sich die Sonne rar. Besonders in Senken
und Flussniederungen zeigte sich der Herbst von seiner weniger
glanzvollen Seite: ganztägig neblig-trübes Wetter. Die Station
Kösching bei Ingolstadt in Bayern registrierte beispielsweise in den
vergangenen drei Tagen keinen einzigen Sonnenstrahl.


Auch am heutigen Dienstagmorgen war es vielerorts neblig-trüb. Das
Foto zum Thema des Tages unter
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/11/10.html stammt
von der Webcam auf dem Großen Feldberg im Taunus (mit freundlicher
Genehmigung von www.foto-webcam.eu). Es verdeutlicht die guten
Sichtbedingungen auf den Bergen und zeigt den morgendlichen
Sonnenaufgang "über den Wolken". Die Täler und Senken liegen hingegen
im Nebel.


Die Tage werden nun kürzer, die Nächte länger und somit steigt auch
die Andauer der nächtlichen Auskühlung. Gerade bei schwachen
Windverhältnissen während einer herbstlichen Hochdrucklage, wie sie
aktuell vorherrscht, und einem meist nur gering bewölkten oder klaren
Himmel kann sich die Luft im Laufe der Nacht bis zur sogenannten
Taupunkttemperatur abkühlen. Bei dieser Temperatur handelt es sich
jedoch keineswegs um die Temperatur, ab der Eis taut, sondern
vielmehr um jene Temperatur, ab der sich Tau beispielsweise auf
Wiesen niederschlägt (siehe www.dwd.de/lexikon unter "Taupunkt").
Dann beginnt der in der Luft enthaltene Wasserdampf zu kondensieren
und es bilden sich Nebeltröpfchen.


Während sich der Nebel im September im Laufe des Tages aufgrund des
höheren Sonnenstandes meist noch vollständig auflöst, kann er ab
Oktober in windgeschützten Niederungen bereits den ganzen Tag
anhalten und die Sonne lediglich als blasse, trübe Scheibe am Himmel
erscheinen lassen. Besonders nebelanfällig ist beispielsweise das
Donautal. Dort sorgt der Fluss für zusätzliche Feuchtigkeit in der
Umgebungsluft.


Zugegeben, der Gedanke an Nebel ist nicht gerade furchteinflößend. In
der Literatur wird ihm häufig sogar etwas Besinnliches oder
Verträumtes angehängt. Was soll also so gefährlich sein an diesem
mehr oder weniger dichten Schleier?


Dass beispielsweise kräftige Sommergewitter mitunter große Schäden
anrichten können, ist vielen von uns bewusst. Statistisch gesehen
sterben etwa drei bis acht Menschen jährlich alleine durch
Blitzschlag. Wer allerdings davon ausgeht, dass die nun angebrochene
Jahreszeit wettertechnisch ungefährlicher abläuft, täuscht sich. Die
Statistik spricht hier eine eindeutige Sprache: In den Jahren 2011
bis 2019 registrierte die Polizei laut dem Statistischen Bundesamt
insgesamt 4970 Verkehrsunfälle, bei denen Nebel eine Rolle spielte.
Dabei nahmen 5363 Personen Schaden, 166 Menschen verloren gar ihr
Leben. Im Durchschnitt sind das knapp 20 Tote pro Jahr, die alleine
der Nebel im Straßenverkehr fordert.


Neben dem Flug- und Schiffsverkehr wird hauptsächlich der
Straßenverkehr durch Nebel stark beeinträchtigt und erheblich
gefährdet. Innerhalb kürzester Zeit kann die Sichtweite für
Autofahrer in plötzlich auftauchenden, dichten Nebelbänken nahezu auf
null sinken. Wer dann mit Geschwindigkeiten von über 100 km/h
unterwegs ist, kommt einem Piloten im Blindflug nahe. Der wesentliche
Unterschied besteht nur darin, dass die meisten Flugzeuge technisch
für solche Gegebenheiten ausgerüstet sind, PKWs hingegen kaum. Der
Anhalteweg, der neben dem eigentlichen Bremsweg auch die
Reaktionszeit des Autofahrers beinhaltet, beträgt bei einer
Geschwindigkeit von 100 km/h bereits um 100 Meter!


In den kommenden Tagen muss wieder häufiger und vor allem in den
morgendlichen Frühstunden mit Nebel gerechnet werden. Schalten Sie
möglichst selbst bei leichtem Nebel schon das Abblendlicht ein und
passen Sie die Geschwindigkeit Ihres Fahrzeugs den Sichtverhältnissen
an!


MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 10.11.2020

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