DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

19-10-2020 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 19.10.2020 um 10.30 UTC



Zunächst mild, vor allem im Norden und Westen regnerisch, an den Küsten
stürmische Böen, auf den Bergen Sturmböen. Am Wochenende Tendenz zu ruhigem
Herbstwetter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 26.10.2020


Die Schlagzeile für die zweite Hälfte der aktuell beginnenden Woche könnte
lauten: Der (Nord)atlantik erwacht! Verantwortlich dafür ist ein markanter
Kaltluftvorstoß ins Seegebiet östlich von Neufundland und ein damit
einhergehender Trogvorstoß, der am Freitag/Samstag eine rapide Zyklogenese im
Seegebiet südsüdwestlich von Island in Gang setzt, die letztendlich indirekt
auch Einfluss auf die weitere Wetterentwicklung in Mitteleuropa hat.
Zunächst steht aber eine mehr oder weniger zyklonale Südwestlage ins Haus. Am
Donnerstag steht einem umfangreichen, von Nordafrika über den zentralen
Mittelmeerraum bis nach Südosteuropa bzw. zum Schwarzen Meer reichenden
Höhenrücken ein Höhentrog mit stark positiver Achsneigung über West- bzw.
Südwesteuropa gegenüber. Dieser tropft bis Freitag, 00 UTC westlich von Portugal
ab, während sich das nördliche Trogresiduum von der Nordsee bzw. dem Nordmeer
nach Skandinavien und zur südlichen Ostsee verlagert. Auf dessen Rückseite wölbt
sich ein Höhenrücken auf, der in der Nacht zum Freitag die Nordsee erreicht.
Das mit dem nördlichen Trogresiduum korrespondierende Bodentief zieht von der
Südwestspitze Norwegens bis Freitag, 00 UTC zum Bottnischen Meerbusen und kann
sich dabei noch etwas vertiefen. Dessen Kaltfront hat inzwischen in etwa die
Mitte des Vorhersagegebietes erreicht, kommt aber aufgrund
höhenströmungsparalleler Exposition nicht weiter nach Süden voran und geht über
in die Warmfront eines Tiefs westlich der Iberischen Halbinsel. Im Bereich der
Schleifzone kann es vor allem in den mittleren Landesteilen und im Westen
gebietsweise länger anhaltend regnen, ohne das warnrelevante Mengen erreicht
werden. An der Südflanke des nach Nordosten abziehenden Tiefs hat sich über
Norddeutschland der Gradient vorübergehend deutlich verschärft, vor allem an den
Küsten und auf den Gipfeln der zentralen und östlichen Mittelgebirge gibt es
stürmische Böen, auf exponierten Gipfeln Sturmböen, bereits in der Nacht zum
Freitag nimmt der Wind aber wieder ab.
Während in die Südhälfte von Südwesten her subtropische Luftmassen gelangen
(T850 hPa zwischen 8 und 12 Grad) und es dort mit Höchstwerten zwischen 18 und
23 Grad noch einmal sehr mild bis warm wird, strömt in den Nordwesten kühlere
Meeresluft (T850 hPa zwischen 2 und 6 Grad).
Am Freitag schwenkt der Höhenrücken über das Vorhersagegebiet hinweg ostwärts,
gefolgt von einem flachen Höhentrog, der in der Nacht zum Samstag den Westen
Deutschlands erreicht.
Auf dessen Vorderseite kommt das wellende Frontensystem vorübergehend wieder
weiter nach Norden voran, wobei der Scheitelpunkt der Welle in der Nascht zum
Samstag in etwa über die nördliche Mitte des Vorhersagegebietes hinweg ostwärts
zieht. Dabei intensivieren sich die Niederschläge zunächst in den westlichen und
mittleren, in der Nacht zum Samstag dann vor allem im Süden und Südosten,
allerdings wohl ohne, das warnrelevante Mengen erreicht werden. Im Südosten kann
es am Freitag vor Eintreffen der Regenfälle nochmals bis 20 Grad warm werden,
auch sonst bleibt es im Einflussbereich erwärmter Meeresluft (T850 hPa zwischen
2 Grad im Norden und 8 Grad in der Mitte) mit 13 bis 18 Grad mild.
In der Nacht zum und am Samstag hat sich dann die oben angesprochene rapide
Zyklogenese (Druckfall über dem Nordatlantik von etwa 990 auf unter 960 hPa
innerhalb von 24 Stunden) vollzogen. Auf der Vorderseite des markanten
Langwellentroges führt kräftige WLA zu massiven Geopotenzialgewinn über
Mitteleuropa und Skandinavien, wo sich bis Sonntag ein umfangreicher Höhenrücken
aufwölbt. Dieser stützt ein sich kräftigendes Bodenhoch, das seinen Schwerpunkt
von Zentralfrankreich (Sa, 12 UTC) über die Mitte Deutschlands (So, 00 UTC) bis
nach Polen bzw. Weißrussland (Mo, 00 UTC) verlagert und dort mit einem Kerndruck
nahe 1030 hPa aufschlägt. Damit vollzieht sich die Umstellung zu ruhigem
Herbstwetter im Vorhersagegebiet. Am Samstag fällt vor allem in Süddeutschland
im Einflussbereich der abziehenden und sich bei zunehmendem Hochdruckeinfluss
allmählich auflösenden Kaltfront zunächst noch Regen, der an den Alpen auch noch
bis in den Sonntagvormittag anhalten kann. Ansonsten bleibt es aber teils trüb
durch Hochnebel, teils aufgelockert bewölkt, am Sonntag kann sich vor allem an
den Nordrändern der Mittelgebirge und später auch der Alpen mit Winddrehung auf
Südost häufiger die Sonne durchsetzen. Dann wird es recht mild (teils über 15
Grad), während bei Dauernebel kaum 10 Grad erreicht werden. Nachts muss bei
Aufklaren allerdings mit leichtem Frost gerechnet werden.
Auch zu Beginn kommender Woche dauert das ruhige, zu Nebel neigende, vor allem
in Leelagen und an den Alpen aber auch sonnige Herbstwetter nach Lesart des
aktuellen IFS-Laufes an. Erst zu Wochenmitte läuft es auf eine antizyklonale
Südwestlage hinaus, wobei eventuell erste Tiefausläufer den Nordwesten und
äußersten Norden des Landes streifen könnten.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Auch, wenn sich kleinere Differenzen, den Abtropfprozess westlich der Iberischen
Halbinsel betreffend, ergeben, erweist sich der aktuelle Lauf des IFS bzgl. der
Wetterentwicklung im Vorhersagegebiet am Donnerstag und Freitag als insgesamt
einigermaßen konsistent zu seinen beiden Vorgängern.
Aufgrund einer etwas intensiver simulierten Wellentiefentwicklung dauern
allerdings die Niederschläge am Samstag und in der Nacht zum Sonntag in
Süddeutschland nach Lesart des aktuellen Laufes noch etwas länger an als in den
beiden Vorläufen.
Die rapide Zyklogenese über dem Nordatlantik und das massive Aufwölben des
Höhenrückens über Mittel- und Nordeuropa haben die beiden gestrigen Läufe
ähnlich auf der Agenda, wobei der Einfluss des Bodenhochs nach Lesart des
aktuellen Laufes gegenüber den Vorläufen etwas verzögerter eintritt und es an
den Alpen noch bis in den Sonntag hinein regnen kann.
Während die beiden 00 UTC-Läufe von gestern und heute auch zu Beginn kommender
Woche an der Westflanke des kräftigen Hochs weiterhin ruhiges Herbstwetter auf
der Agenda haben, stellt sich nach Lesart des 12 UTC-Laufes von gestern
spätestens ab Dienstag eine zyklonale Westlage ein.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die groben synoptischen Strukturen betreffend unterscheiden sich die
vorliegenden Globalmodelle bzgl. der Wetterentwicklung bis einschließlich
Samstag kaum voneinander. Im Detail ergeben sich aber einerseits kleinere
Unterschiede, die Windentwicklung am Donnerstag in Norddeutschland betreffend,
wobei das IFS aufgrund einer etwas weiter südlich ansetzenden
Bodentiefentwicklung die markanteste Variante auf der Agenda hat mit stürmischen
Böen zumindest an den Küsten, während es nach GFS und ICON lediglich an
exponierten Küstenabschnitten dafür reichen sollte, wenn überhaupt.
Andererseits wird die Passage der flachen Frontalwelle am Freitag bzw. der Nacht
zum Samstag leicht unterschiedlich simuliert. GFS hat diesbezüglich die
progressivste Variante auf der Agenda, wobei die Niederschläge bereits in der
Nacht zum Samstag auch im Südosten nachlassen. Nach Lesart des ICON folgt der
Frontalwelle in der Nacht zum Samstag noch ein flacher Trog, der für Schauer im
Norden und in der Mitte Deutschlands sorgt, die bis Samstagmittag ostwärts
abziehen. Danach bliebt es nach Lesart beider Modelle - ähnlich wie nach dem
kanadischen GEM - zumindest bis zum Sonntag trocken.
Die rapide Zyklogenese haben alle Modelle auf der Agenda, allerdings mit
Differenzen behaftet, was das Aufwölben und die Stabilität des Höhenrückens über
dem europäischen Kontinent angeht.
Während nach Lesart des GFS und ICON, aber auch des GEM der markante
Langwellentrog über dem mittleren Nordatlantik unter Substanzverlust allmählich
ostwärts vorankommt, spätestens Montag auf die Britischen Inseln bzw. Frankreich
übergreift (aufgrund der Blockadewirkung des vorgelagerten Rückens mit zunehmend
negativer Achsneigung) und ein erstes vorgeschaltetes Frontensystem den Westen
und Südwesten bzw. Süden Deutschlands erfasst, erweist sich der Höhenrücken nach
IFS als so stabil und blockierend, dass der Langwellentrog über Südwesteuropa
austropft und ein erster Frontenvorstoß zu Beginn kommender Woche nördlich des
Vorhersagegebietes abläuft.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse zeigt zu Beginn der Mittelfrist (T+72-96 h) drei Cluster,
allesamt aufgrund der markanten Austrogung über dem mittleren Nordatlantik und
der rapiden Zyklogenese mit positiver NAO. Die Wetterentwicklung in Mitteleuropa
betreffend (Südwest zyklonal) unterscheiden sich diese Cluster aber nicht
wesentlich.
Im nächstfolgenden Zeitraum (T+120-168 h) verteilen sich die 49 Member, Haupt-
und Kontrolllauf auf 4 Cluster (jeweils 19, 13, 12 und 7 Member, Hauptlauf in
Cluster 4). Alle Cluster haben die Aufwölbung des Höhenrückens über dem
Kontinent am Sonntag und Montag auf der Agenda. Dieser wirkt sowohl in Cluster
1, vor allem aber in Cluster 4 blockierend auf das Vorankommen des
Langwellentroges über dem mittleren Nordatlantik. Cluster 1 und 4 lassen diesen
über (Cluster 1) bzw. westlich der Iberischen Halbinsel (Cluster 4) austropfen,
wobei Cluster 1, Mittteleuropa betreffend, insgesamt etwas zyklonaler
aufgestellt ist (TrW, Cluster 1 eher SEa). Cluster 2 markiert zum Ende hin den
Übergang zu einer über dem Vorhersagegebiet noch überwiegend antizyklonalen
Südwestlage, während Cluster 3 auch eher Richtung Trog Westeuropa tendiert.
Insgesamt zeigt sich, auch im Vergleich zu den anderen Globalmodellen, dass die
sehr antizyklonale Variante des deterministischen Laufes zu Beginn kommender
Woche eher eine Außenseiterlösung darstellt.
Für die erweiterte Mittelfrist (T+192-240 h) ergibt sich ein ganzes Potpourri
von Lösungen (insgesamt 6 Cluster, jeweils 12, 10, 9, 7, 7, 6 Member, Hauptlauf
in Cluster 5), so dass sich bzgl. der Wetterentwicklung über Tag 7 hinaus keine
sinnvolle Aussage tätigen lässt.
Beim Blick auf die Kurvenschar der 850 hPa-Temperatur der Rauchfahnen
verschiedener Gitterpunkte im Vorhersagegebiet fällt eine relativ breite
Streuung am Freitag und Samstag ins Auge (zwischen 2 und 9 Grad z.B. in den
mittleren Landesteilen), die auf die Unsicherheiten bzgl. der genauen Lage der
Frontalwelle zusammenhängen. Selbiges gilt auch für die Niederschlagsprognosen.
Zumindest am Sonntag und Montag verläuft die Kurve bei ansteigenden Temperaturen
wieder in einem etwas geringeren Spread, ehe die Member am Dienstag dann
deutlich auseinanderlaufen. Am Donnerstag, 00 UTC ergeben sich das
Einzelmemberwerte der 850 hPa-Temperatur eines Gitterpunktes in der Mitte des
Vorhersagegebietes zwischen -3 und +14 Grad, wobei der Hauptlauf den
zweitwärmsten Lauf markiert.

FAZIT:
Bis einschließlich Sonntag steht der grobe Fahrplan. Zunächst vor allem in der
Mitte und im Süden noch häufig Regen, danach ruhiges Herbstwetter. Zu Beginn
kommender Woche laufen die Modelle aber mehr oder weniger deutlich auseinander
und detaillierte Prognosen sind sehr mit Vorsicht zu genießen.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Signifikante Wettererscheinungen stehen im gesamten Mittelfristzeitraum kaum auf
der Agenda. Am Donnerstag weht an der Südflanke eines von Südnorwegen allmählich
nordnordostwärts ziehenden Tiefs anfangs vor allem im Norden noch lebhafter
West- bis Südwestwind. Sowohl ICON-EU-EPS als auch IFS-EPS haben an den Küsten
sowie in den Kamm- und Gipfellagen der zentralen und östlichen Mittelgebirge
recht hohe Wahrscheinlichkeiten für Böen Bft 8 auf der Agenda, die aber bereits
am Nachmittag und Abend deutlich zurückgehen.
Zu Beginn kommender Woche frischt der Wind dann aus Süd bis Südost auf. Ob es
allerdings zumindest in einigen Gipfellagen für markante Böen reicht, ist noch
fraglich.

Vor allem im Südwesten, Süden und in der Mitte regnet es am Freitag und in der
Nacht zum Samstag, an den Alpen teilweise auch noch am Samstag länger anhaltend.
Hinweise auf ein Überschreiten der Warnschwellen für Dauerregen gibt es aber so
gut wie keine. Am ehesten ist das aus aktueller Sicht vielleicht noch im
Südschwarzwald und im Allgäu denkbar.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MODELMIX, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff