Thema des Tages
09-08-2016 14:40
Dämmerung! Ob nautisch, bürgerlich oder astronomisch - atemberaubende
Himmelsbilder sind vorprogrammiert.
Mit dem Moment des Sonnenuntergangs ist es noch keineswegs vorbei mit
dem Sonnenlicht. Gleichermaßen kann man schon vor dem Sonnenaufgang
erste Vorboten der Sonne am Himmel sehen. Allgemein können der
Übergang vom sonnenhellen Tag zur finsteren Nacht sowie der
umgekehrte Fall mehrere Stunden andauern. Die Übergangszeit zwischen
Tag und Nacht wird im Sprachgebrauch als "Dämmerung" (Morgen- bzw.
Abenddämmerung) bezeichnet. Physikalisch beschreibt die Dämmerung den
Zeitraum, in dem die Sonne unter dem Horizont steht, ihr gestreutes
Restlicht jedoch am Himmel noch sichtbar ist. Vermehrte Staub-, Gas-
und Eisaerosole in der Atmosphäre (z.B. Vulkanasche) können die
Dämmerungserscheinung dabei enorm verstärken.
In der Astronomie werden bei der Dämmerung je nach Dunkelheit drei
unterschiedliche Arten definiert. Man unterscheidet dabei zwischen
"bürgerlicher Dämmerung", "nautischer Dämmerung" und "astronomischer
Dämmerung".
Ausgangspunkt für die Dämmerung ist der Sonnenuntergang, der in
Mitteleuropa etwa 3 bis 4 Minuten vom ersten Kontakt der
Sonnenscheibe mit dem Horizont bis zu ihrem vollständigen
Verschwinden dauert. Der erste Zeitraum nach diesem wird schließlich
als bürgerliche Dämmerung bezeichnet, bei der bequem noch ohne
künstliches Licht gelesen werden kann. Die Sonne steht bei der
"bürgerlichen Dämmerung" entsprechend nicht tiefer als 6° unter dem
Horizont, sodass noch ausreichend gestreutes Sonnenlicht den
Beobachter erreicht. Dennoch sind am Himmel schon helle Planeten wie
bspw. die Venus oder der Jupiter sowie die hellsten Sterne des Sirius
zu erkennen. Zeitlich umfasst diese erste Phase je nach Breitengrad
und Jahreszeit eine Dauer zwischen 37 und 51 Minuten und bringt
atemberaubende Erscheinungen wie den Erdschattenbogen (siehe
http://bit.ly/2anS5tn), das Purpurlicht (siehe http://bit.ly/2abstfY)
sowie das Alpenglühen (siehe http://bit.ly/2abrUT4) am Horizont
hervor.
An die bürgerliche Dämmerung schließt sich die "nautische Dämmerung"
an. Sie endet sobald die Sonne 12° unter dem Horizont steht. Bei den
meisten Aktivitäten wird nun zusätzliches künstliches Licht benötigt,
da die restlichen gestreuten Sonnenstrahlen die Umgebung alleine
nicht mehr ausreichend aufhellen. Am Himmel sind am Ende der
nautischen Dämmerung schon kleinere Sterne und somit Umrisse der
ersten Sternbilder zu erkennen. Gleichermaßen treten häufiger
Himmelsspektakel wie die "farbigen Horizontalstreifen" oder die
sogenannte "Blaue Stunde" auf.
Der nautischen Dämmerung folgt schließlich die "astronomische
Dämmerung", bei der sich die Sonne 12 bis 18° unter dem Horizont
befindet. Nachfolgend erreicht das Sonnenlicht auch die höheren
Luftschichten nicht mehr, sodass der Himmel richtig dunkel erscheint.
Nun beginnt die beste Zeit der Sternengucker. Am Morgen verlaufen die
drei Phasen der Dämmerung in der umgekehrten Reihenfolge, bis die
Sonne schließlich am Horizont aufgeht.
Wie oben schon beschrieben ist die Dauer der Dämmerung stark von der
geographischen Breite abhängig. Je größer der Abstand zum Äquator,
desto länger dauert die Dämmerung. Da die Sonnenbahn am Äquator am
Morgen sehr steil aufsteigt und entsprechend stark am Abend auch
wieder absinkt, verschwindet die Sonne rasch unter den Horizont. Je
näher man sich jedoch den Erdpolen kommt, umso ausgeprägter wird der
Dämmerungsverlauf zu bestimmten Jahreszeiten.
Allerdings bestätigen auch bei der Dämmerung gewisse Ausnahmen die
Regel. Am Tag der Sommersonnenwende geht die Sonne in den
Polarregionen etwa ab einer geographischen Breite von 65,7° aufgrund
der atmosphärischen Refraktion überhaupt nicht unter, sodass die
Dämmerung komplett entfällt. Zudem gibt es im Sommer auf allen
Breitengraden höher als 48,56° Nächte, in denen die Sonne zwar unter
den Horizont sinkt, aber nie tiefer als 18°. In diesen Regionen wird
es also nie richtig Nacht mit völliger Dunkelheit. Stattdessen
herrscht eine Art Dauerdämmerung, die auch unter dem Begriff
"Mitternachtsdämmerung" bekannt ist. Auf den Breitengraden höher
54,56° kommen im Sommer Nächte vor, in denen die nautische
Abenddämmerung direkt in die nautische Morgendämmerung übergeht. Dies
bedeutet gleichermaßen, dass die Sonne während der ganzen Nacht nicht
weniger als 12° unter dem Horizont steht. Auf den Breitenbereichen
größer 60,56°, wo die Sonne dann nicht unter 6° unter den Horizont
sinkt, gilt ähnliches für die bürgerliche Dämmerung. Dabei spricht
man auch von einer "Weißen Nacht" oder von Mitternachtsdämmerung.
Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.08.2016
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