DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
05-08-2016 21:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 05.08.2016 um 10.30 UTC
In der nächsten Woche Umstellung der GWL auf TrM (Trog Mitteleuropa) oder NWz
(Nordwest zyklonal). Dabei wechselhaft und kühl.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 12.08.2016
Zu Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraums am kommenden Montag liegt
Deutschland - noch!! - auf der Vorderseite eines vom Nordpolarmeer bis zur
Nordsee respektive UK/Irland reichenden Höhentroges. Darin eingebettet ist ein
hochreichendes Tief mit Drehzentrum über der Norwegischen See (Montagmittag
etwas unter 980 hPa), dem ein umfangreichen Hoch (etwas über 1030 hPa) über dem
Ostatlantik gegenüber steht - eine Konstellation, die nicht gerade für mollige
Wärme spricht.
Und so kommt es wie es kommen muss: Das Tief zieht in Richtung Nordkap, das Hoch
verlagert seinen Schwerpunkt noch etwas nach Osten und schon sind wir dabei oder
besser drin in der west-nordwestlichen Strömung, mit der zumindest in der
zweiten Wochenhälfte auf ziemlich direktem Wege maritime Polarluft vom Nordmeer
in den Vorhersageraum gesteuert wird. Dass sich gleichzeitig auch noch der
Höhentrog bis nach Mitteleuropa vorarbeitet, macht die ganze Angelegenheit nicht
angenehmer. Oder anders ausgedrückt, man macht nicht allzu viel falsch, wenn man
den Begriff "Sommer" in der nächsten Woche durch "Frühherbst" ersetzt.
Ob das Ganze bei der klassischen Klassifizierung der Großwetterlage nach
Hess/Brezowsky dann als TrM (Trog Mitteleuropa) oder NWz (Nordwest zyklonal)
durchgeht, spielt keine große Rolle. Tatsache ist, dass wir uns auf einen
wechselhaften (kennen wir schon) und zusehends kühleren (kennen wir eigentlich
auch schon) Witterungsabschnitt mit wiederholten Regenfällen (diesen Sommer auch
jetzt nicht völlig neu) einstellen müssen (oder dürfen; schließlich gibt es
ZeitgenossInnen, die so ein Wetter etwaiger Bullenhitze oder sommerlich warmem
Wetter vorziehen). Dabei wird es ab Wochenmitte eine echte Herausforderung, die
Tageshöchsttemperatur auf 20°C oder darüber zu stellen, liegen wir doch
spätestens am Donnerstag unter 850-hPa-Temperaturen zwischen 2 und maximal 5°C.
Zum Freitag hin könnte die Schneefallgrenze in den Alpen auf unter 2000 m
sinken, was Hochgebirgstouren nicht gerade zuträglich ist.
Ob es dann am Wochenende sowie zu Beginn der darauffolgenden Woche - wir
sprechen jetzt bereits über die erweiterte Mittelfrist - von Westen her
allmählich zu Druck- und Potenzialanstieg und damit einhergehend zu einer
langsamen Erwärmung kommt, muss abgewartet werden. ECMF von heute 00 UTC
jedenfalls lässt den Trog Richtung Adria respektive Balkan abtropfen und einen
Azorenhochkeil nach Mitteleuropa vorschieben. Schaun mer mal...
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Der heutige 00-UTC-Lauf setzt den Kurs seiner jüngsten Vorgänger fort. Gegenüber
dem gestrigen 00-UTC-Lauf wird das Übergreifen des Troges sowie die Zufuhr
maritim-polarer Luftmassen sogar noch etwas beschleunigt. Der Übergang zu
wechselhaftem und kühlem Wetter als solchem ist aus deterministischer Sicht
unstrittig.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Diese Aussage gilt umso mehr, als dass auch die anderen etablierten
Globalmodelle eben dieses Szenario auf der Karte haben. Ob ICON, GFS, GEM oder
UKMO, keines dieser Modelle bietet eine echte Alternative an. Dass dabei die
Basisfelder nicht immer zu 100% kongruent sind, sprich kleinere
Timing-Unterschiede oder auch räumliche Unschärfen auftreten, ist eine
Selbstverständlichkeit der numerischen Wettervorhersage.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Auch die Ensemblevorhersagen von ECMF und GFS sprechen keine andere Sprache als
die deterministischen Modelle. Betrachtet man z.B. die Rauchfahnen von ECMF-EPS
für einige repräsentative Städte Deutschlands, so sind die Kurvenverläufe sehr
ähnlich. Egal, in welche Region man schaut, von Montag bis Donnerstag geht es
sowohl bei T850 als auch beim Pot500 (das Ganze bei geringer Streuung) nur in
eine Richtung, nämlich bergab. Dabei sind von Dienstag bis Donnerstag deutliche
Niederschlagspeaks zu erkennen. Danach beginnt die Richtung sich umzukehren,
sprich Temperatur und Potenzial steigen wieder an, allerdings mit
unterschiedlicher Intensität und Timing, was den Spread der einzelnen
Ensemblelösungen deutlich nach oben gehen lässt. Vor allem im Norden werden
weiterhin RR-Signale angezeigt, während diese nach Süden hin deutlich weniger
und auch kleiner werden.
Die Clusterung von ECMF-EPS weist für den Zeitraum T+120...168h (Mittwoch bis
Freitag) vier Cluster auf (22+HL/KL, 12, 10, 7 Fälle), von denen CL 1 und 3 die
Troglage am nachhaltigsten zeigen. CL 2 und 4 haben den Trog auch im Programm,
lassen ihn aber zum Ende hin schneller nach Osten abziehen.
Für den erweiterten Mittelfristzeitraum T+192...240h liegen sogar fünf Cluster vor
(12, 12+HL, 12, 9+KL, 6 Fälle), die aber alle eine mehr oder weniger stark
mäandrierende Frontalzone zeigen. Damit scheint sich das wechselhafte Wetter auf
wieder etwas höherem Temperaturniveau und einem im Süden etwas stärker
ausgeprägten antizyklonalen Touch fortzusetzen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Am Montag und zum Teil auch noch am Dienstag muss im Süden und Südosten mit
GEWITTERN gerechnet werden. Welcher Intensität diese sein werden, lässt sich
heute noch nicht abschließend beantworten. Es deutet sich aber an, dass vor dem
Übergreifen der Kaltfront(en) von NW her nicht unbedingt hochgradig labil
geschichtete Subtropikluft angezapft wird, so dass sich die Unwettergefahr in
Grenzen hält. Für einige markante Gewitter wird es aber wohl reichen, lokale
Unwetter nicht gänzlich ausgeschlossen.
In der dann einströmenden maritimen Polarluft sind immer mal wieder kurze
GEWITTER Typus Kaltluft wahrscheinlich (gelb bis ocker).
Als zweite signifikante Wettererscheinung kommt in der nächsten Woche eventuell
DAUERREGEN in Frage, auch wenn die Hinweise sowohl der deterministischen als
auch der probabilistischen Prognosen sehr zurückhaltend sind - verständlich,
handelt es sich doch voraussichtlich nicht um schleifende oder wellende Fronten
wie jüngst gerade erlebt. Allerdings könnte es staubedingt durchaus mal
intensivere Niederschläge geben, insbesondere an den Alpen. Ob diese letztlich
warnwürdig sein werden, muss abgewartet werden.
Bliebe als Drittes noch der Parameter WIND/STURM. Zwar ist das o.e. kräftige
Bodentief zu weit weg, um hier vor Ort richtig "Bambule" zu machen. Für ein paar
Sturmböen 8 bis 9 Bft aus westlichen Richtungen an der Küste und in einigen
Hochlagen könnte es gerade zu Beginn der kommenden Woche aber reichen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit ECMF-EPS und den verschiedenen Modellen.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann