Thema des Tages
07-08-2020 12:20
Nun ist auch im Sommer 2020 die Hitze da und der Körper muss leiden!
Die Hitze kommt um mal etwas länger zu bleiben! Von Süden her wird
sehr warme bis heiße Luft bis nach Mittel- und Westeuropa
transportiert. Mit Sonnenunterstützung durch Hoch DETLEF steigen die
Temperaturen auf Werte lokal bis 39 Grad an. Gebietsweise treten auch
tropische Nächte mit Werten über 20 Grad auf, sodass auch nachts dem
Körper keine Entlastung gegönnt wird.
Nachdem der Dauerregen im Süden nun auch schon fast Geschichte ist,
kann man sich voll und ganz der aktuellen Hitzewelle widmen. Das
Sommerwetter in Deutschland zeigt sich entgegen der Monate Juni und
Juli nun mal wieder konstant und wenig unbeständig. Über dem Baltikum
hat sich Hoch DETLEF so richtig aufgeplustert. Sein Einflussbereich
reicht dabei bis nach Frankreich, zum Balkan und dem Schwarzen Meer.
Einhergehend ist auch Deutschland in seinem Netz gefangen. Zusammen
mit seinem kongenialen Partner in der Höhe (Höhenhoch, Rücken) wird
so das Zepter in der Wetterküche übernommen.
In höheren Luftschichten kann sich sogar eine sogenannte
Omega-Wetterlage einstellen, die allerdings leicht in Schieflage
positioniert ist. Den Erhaltungseigenschaften dieser Wetterlage ist
das aber egal. In die Zange genommen wird der Rücken (Hochkeil in
größeren Höhen) von einem Langwellentrog über dem Atlantik und einem
Langwellentrog über Südosteuropa (vgl. Trog siehe Link).
Somit liegen weite Teile des Landes unter hochreichend hohem
Luftdruck, der die Bildung von Quellwolken kaum zulässt. Lediglich im
Osten, wo schon etwas feuchtere Luft einsickert oder durch
Unterstützung der Orographie an den Alpen sind am morgigen Samstag
erste Schauer und Gewitter nicht ausgeschlossen. Tag für Tag soll
dann das Risiko etwas steigen, eine deutliche Zunahme der
Gewittergefahr wird von den Wettermodellen aber erst ab dem kommenden
Montag gezeigt, wo es bevorzugt im Umfeld der Berge durchaus schon
ordentlich krachen kann.
Noch ist die Luft dabei vielerorts trocken, sodass sich die Hitze
noch erträglich anfühlt. Doch von Osten hat sich ausgehend vom Tief
FARIDEH, das heute bei Sizilien liegt und vorderseitig mit Macht
Mittelmeerluft nordwärts transportiert, feuchte Luft und sehr warme
bis heiße Luft auf den Weg nach Deutschland gemacht. Als Folge steigt
die Schwüle spürbar an und die Hitze wirkt für zahlreiche Bürger noch
unerträglicher. Den Lufttemperaturen von 30 bis 35 Grad im Norden und
Südosten sowie 34 bis 38 Grad dazwischen stehen am morgigen Samstag
gefühlte Temperaturen von 33 bis 39 Grad gegenüber. Allenfalls an der
Küste bei auflandigem Wind sowie an den Alpen ist es kühler. Am
Sonntag sollen sich dann im Osten und Südosten aufgrund zunehmender
Quellbewölkung, die im Tagesverlauf die Sonneneinstrahlung dämpft,
die Lufttemperaturen bei Werten zwischen 31 und 35 Grad etwas
niedriger ausfallen, die gefühlten Werte jedoch bleiben bei 34 bis 39
Grad auch im Osten und Südosten durch die zunehmende Feuchte auf sehr
hohem Niveau. Im trockeneren Westen ist es umgekehrt. Dort sollen
Lufttemperaturen von bis zu 38 Grad, gefühlten Werten bis 37 Grad
gegenüberstehen. Egal wie schwül es auch ist, für den Körper vieler
Menschen wird die Hitze zur Tortur, sodass die Zusammenhänge zwischen
Wetter bzw. Klima und Medizin wieder mal in den Fokus rücken.
Dabei stellt die Schnittstelle zwischen Wetter bzw. Klima und der
Medizin ein spannenden Forschungs- und Arbeitsbereich mit vielen
Herausforderungen dar. Mit den Wechselwirkungen zwischen den
atmosphärischen Prozessen und den lebenden Organismen (Pflanzen,
Tiere und Menschen) befasst sich die Biometeorologie als
interdisziplinäre Wissenschaft. Die zentrale Frage dieses
Wissensbereiches ist also: Wie beeinflussen Wetter und Klima lebende
Organismen?
Von besonderem Interesse ist -wie bei der bevorstehenden Hitzewelle-
der thermische Wirkungskomplex. Zu diesem Wirkungsbereich gehören
alle Größen, die für den Austausch von Wärme zwischen dem lebenden
Organismus und der ihn umgebenden Atmosphäre von Bedeutung sind. Die
wichtigsten meteorologischen Größen sind dabei Lufttemperatur,
Luftfeuchte, Windgeschwindigkeit und Strahlung. Für eine zahlenmäßige
Erfassung und Einordnung des Wohlbefindens, der Gesundheit und der
Leistungsfähigkeit des Menschen ist es notwendig, die thermischen
Umweltbedingungen des Menschen in einer physiologisch korrekten sowie
wirkungsvollen und praktischen Weise aufzubereiten, darzustellen und
weiterzugeben.
Damit die inneren Organe und das Gehirn eines Menschen optimal
funktionieren können, muss die Körpertemperatur auf einem konstanten
Niveau (~37°C) gehalten werden. Dafür sollten die Wärmeproduktion im
Organismus und die Wärmeabgabe an die Umgebung über einen längeren
Zeitraum im Gleichgewicht stehen. Vom Wärmegleichgewicht abweichende
Bedingungen werden dem Menschen - über das Gehirn gesteuert - durch
Frieren oder Schwitzen bewusst und führen so zu einer Anpassung des
Verhaltens, z.B. durch Ablegen von Kleidung, Verminderung der
Aktivität oder Aufsuchen von geschützten bzw. klimatisierten Räumen.
Die Temperatur der Haut und der Extremitäten können dabei jedoch
abhängig von den Umgebungsbedingungen stark schwanken. Überschüssige
Wärme gibt der Körper über die Haut an die Umgebung ab. Mögliche
Prozesse sind beispielsweise die Konvektion (sensibler Wärmefluss),
Strahlung (langwellige Strahlung) sowie die Verdunstung z.B. von
Schweiß und Diffusion von Wasserdampf (latenter Wärmefluss).
Gleichermaßen kann der Wärmehaushalt in einem bestimmten Maße auch
über die Atmung (latenter und sensibler Wärmefluss) reguliert werden.
Aufgrund des unterschiedlichen Stoffwechsels bei Menschen kann das
thermische Empfinden in Abhängigkeit beispielsweise von Alter und
Geschlecht variieren und ist somit lediglich eine subjektive
Bewertung der Auswirkung der Umgebungsbedingungen auf den Zustand des
Körpers.
Um das thermische Empfinden auf Basis der vorgefundenen
Umgebungsbedingungen zu analysieren und vorherzusagen, wird auf
verschiedene Konzepte zurückgegriffen. Ein weitverbreitetes Konzept
basiert dabei auf der Betrachtung einer "äquivalenten Temperatur".
Sie beschreibt in diesem Fall die Lufttemperatur, die in einer
Referenzumgebung herrschen müsste, um das gleiche thermische Befinden
wie in der aktuellen Umgebung (optimalen Zustand des Wärmehaushaltes
des Körpers) hervorzurufen. Der Vergleich der äquivalenten Temperatur
zur Lufttemperatur erschließt sich häufig selbständig, besonders in
Hinsicht auf extreme Bedingungen (Hitze, Kälte).
Der Deutsche Wetterdienst betreibt darauf aufbauend als thermisches
Bewertungsverfahren das sogenannte "Klima-Michel-Modell". Dabei
greift er auf die "gefühlte Temperatur" als eine Variante der
äquivalenten Temperatur zurück, die die Anpassung der Bekleidung an
die aktuellen thermischen Bedingungen berücksichtigt. Allerdings
gelten die Bewertungen jeweils nur für einen aufrecht stehenden
Menschen. Der Klima-Michel beschreibt bei der Bewertung einen
Norm-Menschen. Dieser erbringt eine Arbeitsleistung von 172,5 Watt
bzw. 135 Watt pro Quadratmeter Hautoberfläche. Dies entspricht dem
Zustand "Gehen" mit etwa 4 km/h in der Ebene. Gleichermaßen ist die
Bewertung an den Außenbedingungen ausgerichtet, sodass der "Michel",
um sein thermisches Gleichgewicht herzustellen, seine Kleidung
zwischen einer sommerlichen und winterlichen Variante variieren kann.
Die sommerliche Kleidung entspricht beispielsweise einer leichten
langen Hose, einem kurzärmeligen Hemd und Sandalen.
Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.08.2020
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