DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

10-07-2020 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 10.07.2020 um 10.30 UTC



Ab Dienstag tendenziell unbeständig, anfangs mit teils kräftigen Gewittern.
Insgesamt aber insbesondere ab Mittwoch unsichere Entwicklung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 17.07.2020


Am Montag, zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraumes, befindet sich
Deutschland nach Lesart des neueste EZMW-IFS-Laufes unter einem flachen
Langwellenrücken, der von einem relativ schmalen, von den Åland-Inseln bis nach
Bulgarien reichenden Trog im Osten und einem recht flachen Trog bei Schottland
flankiert wird. Der Rücken stützt dabei den breiten Keil des Azorenhochs, der
über Deutschland hinweg bis ins östliche Mitteleuropa reicht. Die Temperatur im
850-hPa-Niveau beträgt zwischen 5 °C im Nordosten und 12 °C im Südwesten, sodass
in der Oberrheinischen Tiefebene wahrscheinlich die Marke zum Sommertag
überschritten wird.
Bereits in der Nacht zum Dienstag hat die Achse des Rückens Deutschland ostwärts
verlassen, sodass wir zunehmend auf die Vorderseite des breiten, westlich von
uns liegenden Troges geraten. Mangels Unterstützung aus der Höhe schwächelt
hierzulande auch das Hoch und es zeigen sich verstärkt zyklonale Strukturen im
Bodenfeld. Von Nordwesten her nähert sich im Vorfeld des Troges die Okklusion
eines Tiefs östlich der Färöer und greift in den Morgenstunden mit erstem Regen
auch auf den äußersten Nordwesten des Landes über.

Am Dienstag schwenkt der Trog unter Amplifizierung in die Nordsee, abends reicht
die Trogspitze gar bis nach BeNeLux und Nordostfrankreich. Dadurch steilt die
Höhenströmung bei uns merklich auf und die T850 steigt landesweit merklich an.
So liegt die 10 °C-Isotherme abends auf einer Linie Rügen-Eifel, im Südwesten
sind es gar um die 15 °C - häufig gibt es also einen Sommertag, am Oberrhein
auch einen heißen Tag. Nordwestlich dieser Linie werden 7 bis knapp an die 10 °C
erreicht. Nun lässt sich dort aber nicht mit der Faustformel T850 + 15 °C
rechnen, um auf die Tagesmaxima zu kommen, da es doch dank der leicht wellenden
Fronten mit ihren Wolken und dem Regen kaum Einstrahlung geben und die
Temperatur wohl doch eher verhalten bleiben wird und eher mit einem Summand von
10 °C rechnen sollte. Die Niederschläge kommen mangels Schubkomponente nur wenig
voran und erreichen bis zum Abend eine Linie Darß-Eifel. Weiteren
Niederschlagsoutput generiert der deterministische IFS-Lauf indes nicht, jedoch
kann man sich bei dem gerade zur Mittagszeit gut ausgeprägten Bodentrog
("Gewittersack") vorstellen, dass dort eine Konvergenz analysiert werden wird
und teils kräftige Schauer und Gewitter mit Starkregen, Sturmböen und Hagel ins
Haus stehen. Die subtropische Luftmasse besitzt in jedem Fall das Potenzial (bis
hin zu Unwettern) dafür.
In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der Trog weiter ostwärts und schiebe auch so
die Okklusion voran. Ganz sang- und klanglos wird das sicherlich nicht
vonstattengehen, schon die Deterministik zeigt von der Nordsee bis nach
Rheinland-Pfalz strichweise Hinweise auf Starkregenereignisse (> 20 mm/6 h).
Interessant wird auch das abgeschlossene Tief (Kerndruck unter 1005 hPa), das
sich an der Okklusion über der Deutschen Bucht bildet, die mittlerweile
Kaltfrontcharakter aufweist.

Am Mittwoch zieht dieses Tief über die Kimbrische Halbinsel weiter nach Seeland.
An seiner Süd- bzw. Südwestflanke weist es einen recht veritablen Gradienten auf
(immerhin haben wir ja Juli und nicht Herbst), sodass es zumindest zeit- und
gebietsweise steife, an der Nordseeküste vor allem in der Nacht zum Donnerstag
auch stürmische Böen aus westlicher bis nordwestlicher Richtung geben kann. Auch
der Trog in der Höhe okkupiert nun ganz Deutschland, sodass die Front rasch
ostwärts abzieht bzw. im Süden gegen die Alpen gedrückt wird. So kommt es
landesweit zur schauerartigen Regenfällen, wobei gerade im Umfeld des Tiefs auch
(mehrstündiger) Starkregen auf dem Programm steht. Einzelne Gewitter sind zwar
nicht ausgeschlossen, angesichts nur leidlicher Labilität aber nicht gerade
wahrscheinlich. Gegenüber dem Vortag sind die 850-hPa-Temperaturen häufig
deutlich niedriger: Sie betragen zwischen knapp 6 °C im Emsland und etwa 11 °C
im Südosten Bayerns.

Am Donnerstag zieht das Tief unter Auffüllung in die südliche Ostsee, mittags
soll es im Raum Danzig liegen und schon gar keine eigene Kernisobare mehr
aufweisen. Nichtsdestotrotz sorgt die Front vor allem an den Alpen noch für
Regen und seine herumgeholte Okklusion im Nordosten und in Teilen der Mitte im
Zusammenspiel mit dem dann zum Höhentief mutierenden - sprich abtropfenden -
Trog für schauerartige Niederschläge. Warnrelevanz besitzen diese dann aber
wahrscheinlich nicht mehr. Westlich unseres Raum kann man zum Mittagstermin im
Höhenfeld bereits eine Aufwölbung eines Rückens erkennen, die immer weiter
fortschreitet. Abends erreicht die Achse des Rückens die westliche Deutsche
Bucht. Der Rücken stützt ein Hoch mit Schwerpunkt über der Keltischen See, von
dem aus sich auch hierzulande zunehmend antizyklonaler Einfluss aufbaut. Mit der
sich dann einstellenden nordwestlichen Strömung geht das niedertroposphärische
Temperaturniveau noch etwas weiter zurück (T850 zwischen 3 °C am Niederrhein und
um 8 °C im Nordosten und ganz um Süden).

Am Freitag ist das Bodendruckfeld im Osten immer noch leicht zyklonal
konturiert, sodass es dort im Zusammenspiel von Höhentief- und Okklusionsresten
noch zu Niederschlägen kommen kann. Die Achse des Rückens überquert den
Nordwesten zum Mittagstermin. Rückseitig des Rückens lässt sich das nächste
Frontensystem nicht lange bitten: So greift alsbald die Warmfront eines Tiefs
über Ostnorwegen (in Verlängerung der Okklusion gelangt man zu einem Tief in der
Dänemarkstraße) auf den Nordwesten über. Mangels Antrieb aus der Höhe ist das
Frontensystem aber schwach auf der Brust und bringt häufig nur ein paar Tropfen.
Im großen Rest Deutschlands bleibt es trocken, wobei die T850 nunmehr schon
wieder Werte zwischen 6 und 10 °C erreicht. In der Nacht zum Samstag regeneriert
sich der Rücken wieder ein wenig und weitet sich dabei noch etwas nach Osten
aus. Auch wenn das alles nicht viel ist, so sorgt es doch dafür, dass
Niederschläge kein oder kaum noch ein Thema sein sollten.

In der erweiterten Mittelfrist sieht es nach dem deterministischen IFS-Lauf so
aus, als wenn sich mehr oder weniger stark antizyklonaler Einfluss durchsetzt,
der in der Mitte Deutschlands zeitweise von frontalen Strukturen gestört wird.
Dabei soll das Temperaturniveau wieder ansteigen und vielerorts für sommerliche
Temperaturen sorgen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der neueste Lauf des EZMW-IFS zeigt bis einschließlich Dienstag großräumig
ähnliche Strukturen wie seine beiden Vorgänger, wobei sich im Detail mehr oder
weniger kleine, teils prognoserelevante Unterschiede ergeben. Ab Mittwoch
divergieren die deterministischen Lösungen deutlich stärker, wobei vor allem der
12-UTC-Lauf völlig andere Ideen hat. Hingegen zeigen die beiden 00-UTC-Läufe
einigermaßen vergleichbare Simulationen. Insgesamt gesehen stünde nach Lesart
des neuesten Laufes eine, gegenüber dem 12-UTC-Lauf deutlich, gegenüber dem
gestrigen 00-UTC-Lauf moderat nassere Witterungsperiode bevor, wobei allerdings
der 12-UTC-Lauf für Freitag eine etwas nassere Lösung bringt als seine beiden
"Ahnen". Kurzum: Die Lage ist vor allem ab Mittwoch noch sehr unsicher.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Am Montag zeigen IFS, ICON und GFS zunächst sehr ähnliche Lösungen. Doch bereits
am Dienstag nehmen die Unterschiede zu: Während ICON den westeuropäischen Trog
über den Britischen Inseln abtropfen lässt und sich somit schwer tut, die
Okklusion auch nur in die Nähe deutscher Gefilde vorankommen zu lassen, ist GFS
in diesem Fall dem IFS zumindest noch ähnlich, wenngleich nicht so schnell.
Augenfällig ist auch, dass GFS die Tiefdruckrinne über Deutschland nur andeutet,
während ICON da sogar ein abgeschlossenes Tief simuliert. Auch am Mittwoch geht
ICON seinen eigenen Weg: Das abgetropfte Höhentief (Marke Kaltlufttropfen) zieht
weiter nach Südfrankreich. Peu-à-peu käme danach die Front herein gerutscht (am
ohne sonderlich wetterwirksam zu sein), das Temperaturniveau wäre mit T850 um 12
°C bedeutend höher als bei IFS und GFS, wo die Front schon weitgehend
durchgedrückt ist. Markantester Unterschied zwischen letzteren beiden ist die
Position des Troges in der Höhe und somit auch der Zyklogenese am Boden. GFS
setzt dabei nördlicher an und ist somit über Deutschland insgesamt weniger labil
aufgestellt, was sich freilich auch in der Menge des fallenden Niederschlags
äußert. Zum Donnerstag divergieren nun auch die Lösungen von GFS und IFS. Da das
Tief nicht in Richtung Danzig, sondern in nach Öland zieht (das Höhentief nimmt
ebenfalls diese Zugbahn), stellt sich eine etwas mehr westliche Strömung ein,
was sich in einem meist geringfügig höheren Temperaturniveau äußert. Wenn man
ICON Glauben schenken mag, geht die Front am Donnerstag durch, wobei zuvor im
Südosten nochmals T850 von um die 14 °C erreicht werden sollen. Nennenswerte
Niederschläge gebe es nach dessen Lesart aber nur südlich der Donau. Für den
Freitag zeigen alle Modelle ein Erstarken des antizyklonalen Einflusses vom
Seegebiet südwestlich der Britischen Inseln her. Gebietsweise auftretende
Niederschläge werden aber wegen der teils sehr unterschiedlichen Positionen von
Höhen- und Bodentiefs, deren frontaler Strukturen und der differenzierten
Konfiguration der Höhenströmung nicht unisono simuliert.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen für eine repräsentative Auswahl deutscher Städte zeigt sowohl
für die 850 hPa-Temperatur als auch für das 500 hPa-Geopotenzial bis
einschließlich Dienstag einen gebündelten Verlauf der Kurvenschar. Ab der Nacht
zum Mittwoch/Mittwoch selbst wird der Spread teilweise sprunghaft größer. Haupt-
und Kontrolllauf liegen dann meist am unteren Rand der Kurvenschar, während der
Bereich der wahrscheinlichsten Lösung eher einen moderaten Rückgang von
Temperatur und Geopotenzial zeigt. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass auch
die Lösung von ICON durchaus auch beim IFS möglich ist. In jedem Fall zeigen
sich ab Dienstag/Mittwoch vermehrt Niederschlagssignale und das auch von einer
Vielzahl von Membern, was zumindest für eine relativ unbeständige
Witterungsperiode spricht.

Beim Clustering gibt es für den Zeitraum von Montag bis Dienstag (T+72...96h)
drei Cluster (26, 15, zehn Member), wobei sich sowohl deterministischer als auch
Kontrolllauf dem ersten Cluster zuordnen lassen. Diese unterscheiden sich vor
allem in der Ausprägung des Troges über Westeuropa und in der Ausbildung (oder
eben auch nicht) einer Tiefdruckrinne über Deutschland. So zeigt Cluster II eine
ähnliche Lösung wie GFS, Cluster III zeigt eher über der Nordsee eine
Schwachstelle in der Antizyklone.
Für den Zeitraum von Mittwoch bis Freitag (T+120...168h) gibt es vier Cluster,
die mit 17, 15, zehn und neun Membern besetzt sind. Haupt- und Kontrolllauf
fühlen sich dem dritten Cluster zugehörig. Da dieser Cluster doch nur rund ein
Fünftel der "Meinungen" repräsentiert, ist er wahrlich alles andere als
wahrscheinlich. Cluster III und IV zeigen relativ ähnliche Ansichten, Cluster I
und II eine teils viel glattere Höhenströmung und ab Donnerstag weniger
Trogaktivität. Cluster II ähnelt in Teilen der GFS-Lösung. Allen gemein ist
jedoch, dass sie ein Erstarken des antizyklonalen Einflusses zum Ende der
Mittelfrist hin zeigen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Montag kommt es aus derzeitiger Sicht nicht zu markanten Wettererscheinungen.
Wie bereits im Text erläutert sind im Bereich der Tiefdruckrinne am Dienstag
gebietsweise kräftige Gewitter mit Starkregen, Sturmböen und Hagel denkbar,
unwetterartige Entwicklungen lassen sich nicht ausschließen. Auch in der Nacht
zum Mittwoch kann es noch - wenngleich nicht mehr unbedingt begleitet von
elektrischen Entladungen - von der Nordsee bis nach Rheinland-Pfalz mehrstündige
Starkregenereignisse geben. Diese stehen auch am Mittwoch vor allem im Umfeld
des von IFS simulierten Tiefs noch auf dem Programm. Einzelne Gewitter mit
stürmischen Böen im Westen sind zwar nicht ausgeschlossen, aber eher
unwahrscheinlich. Zudem muss, wenn das Tief denn tatsächlich so kommt, zeit- und
gebietsweise mit steifen Böen gerechnet werden, in der Nacht zum Donnerstag an
der Nordsee mit stürmischen Böen. Am Freitag beruhigt ich das Wetter, sodass
dann voraussichtlich nicht mehr mit markanten Wetterereignissen zu rechnen ist.


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Basis für Mittelfristvorhersage
weil der deterministische Lauf sich eher am unteren Ende bewegt: IFS-EPS,
ICON-EPS, MOSMix
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VBZ Offenbach / M.Sc. Met. Stefan Bach