DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

09-07-2020 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 09.07.2020 um 10.30 UTC



Unbeständiger Wettercharakter mit starken Gewittern und regional
Dauerregenpotential und nur vorübergehender Wetterberuhigung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 16.07.2020


Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am kommenden Sonntag liegt Deutschland
nach Leseart des det. IFS auf der Rückseite eines Troges, dessen Achse sich
ausgehend von der nördlichen Ostsee bis in die Balkanregion erstreckt.
Gleichzeitig bäumt sich vom Ostatlantik über die Britischen Inseln hinweg bis
zum Nordmeer ein Rücken auf, der gleichzeitig über eine größere Wellenlänge
verfügt. Entsprechend ist hierzulande eine nordwestliche Höhenströmung zu
verzeichnen. Bodennah kann sich im Vorfeld des Rückens ein ausgeprägtes
Hochdruckgebiet von Nordwesteuropa bis zu uns ausdehnen. Dabei verbleibt
zunächst allenfalls der Nordosten und Osten noch in einer zyklonal geprägten
Nordwest- bis Westströmung, mit der feucht Luft in die Region gerät, die dort
wiederum durch geringe Hebungsimpulse für kurze Schauer sorgt. Im Rest des
Landes kann sich bei Hochdruckeinfluss und unter Zufluss trockener Luft in der
Höhe ruhiges und trockenes Wetter durchsetzen.

Zum Montag verlagert sich der Trog mit seiner Achse unter Verkürzung seiner
Wellenlänge und gleichzeitiger leichter Amplifizierung weiter ostwärts, sodass
dessen Einfluss auch im Osten schwindet bzw. nicht mehr vorhanden ist. Der
nachfolgende Rücken übernimmt dann den Hauptpart in der deutschen Wetterküche.
Allerdings nimmt er zunehmend flachere Konturen an. Zudem erreicht seine Achse
schon am Montagmorgen den Nordwesten Deutschlands und schwenkt bis zum späten
Abend südostwärts über das Land hinweg, sodass von der Nordsee her schon der
nachstoßende Trog wetterwirksam wird. Dieser erstreckt sich in der Nacht zum
Dienstag von der nördliche Nordsee bis in den Ostatlantik. Eine leicht
diffluente Höhenströmung im Vorfeld des Troges induziert zunächst meist noch
nicht ausreichend Hebung, um das Hoch am Boden als Gegenspieler zu überwinden.
Erst in der Nacht zum Dienstag, wenn das Hoch schwächelt und sich allmählich
auch bodennah zyklonale Strukturen in die Strömungen mischen, können erste
Niederschläge auf den Nordwesten Deutschlands übergreifen.

Am Dienstag heißt es dann Trog ist Trumpf! Dieser kann sich am Dienstagabend
unter Verkürzung der Wellenlänge und gleichzeitiger Vergrößerung der Amplitude
von den Britischen Inseln bis in den Westen des Landes schieben. Die
Trogvorderseite korreliert am Boden mit einer Tiefdruckrinne, die am Abend
einmal von Nord nach Süd über Deutschland liegt und in die ein Frontensystem
eingebettet ist. Sowohl die Hebung auf der Trogvorderseite als auch diese durch
frontogenetische Prozesse erlauben teils kräftige Niederschläge, die sich von
Nordwesten südostwärts ausbreiten und Mittwochmorgen die Alpen erreichen.

Aufgrund der Amplitudensteigerung bis hin zur Ausbildung eines geschlossenen
Höhentiefs nimmt auch die Verlagerungsgeschwindigkeit signifikant ab, sodass
auch der Donnerstag überwiegend noch von dem ostwärts abziehenden Trog sowie der
Tiefdruckrinne samt Front am Boden beeinflusst wird. Während die Front das Land
im Nordteil bis zum Abend nach Osten verlässt, beginnt sie im Süden mit
Annäherung an die Alpen zu schleifen und sorgt dort für längere, teils
konvektive Niederschläge. Ansonsten stehen in Deutschland nach Abzug der
Trogachse sowie auch der Bodenfront Richtung Polen im Zustrom feuchter und
leicht labil geschichteter Nordseeluft nur noch einzelne kurze Schauer im
Programm.

Auch der Donnerstag scheint nach den derzeitigen det. IFS Berechnungen eher
unbeständig zu werden. Denn dem Trog samt Höhentief gefällt es über dem
östlichen Mitteleuropa so gut, dass sie kaum Verlagerungstendenzen aufweisen.
Durch die Blockade stützen sie einen Rücken, der sich von Südwesteuropa über
Frankreich bis nach Norwegen ausdehnt und bodennah mit hohen Luftdruck über
West- und Nordwesteuropa korreliert. Die zyklonale Höhenströmung zusammen mit
der von der Nordsee bodennah einfließenden feuchtlabil geschichteten Luft
reichen hierzulande aus trotz steigendem Luftdruck wiederholt Schauer zu
induzieren. Gleichermaßen sind an den Alpen weiter die Reste der schleifen Front
aktiv und versorgen die Region mit weiteren Niederschlägen.

Auch ein kurzer Blick in die erweiterte Mittelfrist zeigt nach dem
deterministischen IFS-Lauf keine durchgreifenden Veränderungen. In den
Langwellentrog inkludierte schwache Rücken können nur vorübergehend ruhigeres
Wetter bringen, bevor erneut Kurzwellentröge das Kommando übernehmen und den
Langwellentrog so immer wieder regenerieren.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der heutige 00-UTc-Lauf des IFS (ECMWF) zeigt bezüglich der großskaligen
Strukturen des Geopotential- und Luftdruckfeldes eine recht gute Konsistenz. Im
Detail sind allerdings vor allem ab Dienstag signifikante Abweichungen zu
verzeichnen, sodass das Wetter in Mitteleuropa im Vergleich zu den Vorläufen
etwas abweichend simuliert wird. Demnach zeigen die neusten Berechnungen des IFS
einen Langwellentrog, der konträr zu dem gestrigen Lauf keinen nennenswerten
Rücken mehr aufweist. Daher wird der nachfolgende Kurzwellentrog schneller und
mit größerer Amplitude prognostiziert. Entsprechend greift schon am Dienstag von
Nordwesten ein Tiefausläufer über, dessen Niederschläge sich langsam in die
Mitte sowie später entgegen der Vorläufe bis zu den Alpen ausdehnen. Die
Phasenverschiebung zu den Vorläufen beträgt dabei etwas 12 bis 18 Stunden. Die
stärkere Trogentwicklung stützt rückseitig schließlich auch einen intensiveren
Rücken samt kräftigeren Bodenhoch.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die Hauptläufe anderer globaler Modelle (ICON, GFS, GEM, UKMO) stützen den
Hauptlauf des IFS. Bis auf geringe Abweichungen in der Phase und der Amplitude
der Geopotentialstrukturen wird die großskalige Geopotential- und
Luftdruckverteilung zum IFS vergleichbar wiedergegeben. Das GFS simuliert die
Strukturen dabei etwas langsamer als das IFS, das ICON beschreibt etwa die
gleiche Phasengeschwindigkeit, weist aber vor allem bei den Trögen eine größere
Amplitude auf. Das GEM lässt die Kurzwellentrog zum Ende der kommenden Woche
sogar zu einem Cut-Off-Tief abschnüren, welches im Verlauf Richtung Schwarzes
Meer weiterzieht. Den nachfolgenden Rücken zum Donnerstag simulieren die det.
Läufe von GFS und ICON sogar flacher als das IFS.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen einzelner ausgewählter Städte in Deutschland zeigen bis
einschließlich Dienstag bei einem relativ geringen Spread und dichter Drängung
der ENS-Member eine recht hoher Vorhersagegüte.
Ab Mittwoch wird der ENS-Raum landesweit signifikant aufgespannt. Vor allem zu
einem geringeren Geopotential hin gibt es mehrere Ausreißer, die die Rauchfahnen
spreizen. Beim Geopotential sieht zwar eine Mehrzahl der Member noch die Tendenz
zu höheren Werten, eine signifikante Drängungszone ist jedoch nicht mehr zu
verzeichnen. Bei den Temperaturen gibt es ein ähnliches Bild, hier zeigen die
meisten MENS-Mitglieder etwas höhere Werte. Auffällig bleibt, dass der Haupt-
und der Kontrolllauf des IFS sowohl beim Geopotential als auch bei den
Temperaturen als Ausreißer im unteren Drittel liegen. Die deutlich zunehmenden
Unsicherheiten ab Mittwoch zeichnet sich auch in den Meteogrammen ab und wird
mit größeren Box-Plots quittiert.

Die geringen Unterschiede im Ensemble im Zeitraum +72 bis +96h werden auch bei
der Clusteranalyse sichtbar, indem nur ein Cluster ausreicht, um die
Unsicherheiten des ENS aufzufangen. Dieses Cluster wird dabei über alle
Zeitschritte dem Schema eines atlantischen Rückens zugeordnet.
Im Zeitraum +120 bis +168h werden dann schon drei Cluster benötigt, um die
Unterschiede im ENS-Raum ausreichend zu beschreiben. Erstaunlicherweise befindet
sich der Haupt- und der Kontrolllauf im ersten Cluster und werden von 22
Mitgliedern gestützt, was wiederum mit Blick auf Deutschland konträr zu den
Rauchfahnen steht, bei denen der Hauptlauf eindeutig als ein Ausreißer zu
identifizieren war. Cluster 1 wird demnach auch vom Hauptlauf mit kräftigem Trog
über dem östlichen Mitteleuropa repräsentiert. Vielmehr passt Cluster 2 mit
einem nach Mittel- und Nordeuropa vorstoßenden Rücken ins Bild der deutschen
Plumes. Aber immerhin sehen diese Entwicklung auch noch 16 Member. Das dritte
Cluster findet zwar auch noch 13 Unterstützer, zeigt aber zu den Erstgenannten
schon erhebliche Unterschiede. Demnach werden dort glatte Strukturen propagiert,
die wenig Raum für einen Rücken lassen. Vielmehr ist tiefes Geopotential mit von
Nord nach Süd abnehmender Tendenz dominant.
In der erweiterten Mittelfrist sind vier Cluster nötig um die Unsicherheiten
ausreichen zu erklären. Der Haupt- und der Kontrolllauf befinden sich mit
weiteren 15 Repräsentanten weiter in Cluster 1. Bei diesem Cluster wäre ein
ausgeprägter Langwellentrog über Mitte- und Osteuropa weiter Trumpf. Deutschland
läge dabei in einer nordwestlichen Grundströmung. Cluster 2 schreibt dagegen die
Geschichte von Cluster 3 des vorherigen Zeitraums fort. Insgesamt 13 Member
sehen eher glatte, zonale Strömungsverhältnisse. Im Norden gelte demnach eher
pfui, im Süden auch mal hui. Cluster 3 mit 12 Unterstützern spielt dann wieder
mehr mit etwas meridionalen Strukturen. Allerdings mit weniger Amplitude als
Cluster 1. Dies führt dann aber dazu, dass die Rücken-Trog-Rücken-Kombinationen
mit einer gewissen Geschwindigkeit auch den deutschen Raum überqueren. Das
Wetter zeigt sich demnach mal so und mal anders. Cluster 4 möchte allen gerecht
werden. Aus anfänglichen recht glatten, zonalen Strukturen entwickelt sich mehr
und mehr eine Geopotentialwelle. Stand jetzt würde Deutschland allerdings auf
der kalten und wohl auch unbeständigen Trogrückseite liegen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Bezüglich überdurchschnittlicher, vielleicht auch extremer Wetterereignisse hat
der EFI nichts zu sagen. Aus seiner Sicht läuft das Wetter im Vergleich zum
Modellklima weitgehend in normalen mitteleuropäischen Bahnen. Aber auch die
Probabilsitik hat bis kommenden Donnerstag nur wenig beizutragen. Allenfalls am
Mittwoch gibt es derzeit geringe Wahrscheinlichkeiten bis 10% für Dauerregen
über 30 l/qm in 24 Stunden an den Alpen und deren Vorland.
Abgesehen von den bisher überwiegend skaligen Sichtweisen, kann es im
konvektiven Umfeld durchaus Überraschungen geben. Am kommenden Dienstag ist
nämlich im Süden und Südosten durchaus eine sehr warme und recht feuchte
Luftmassen zu Hause, die das Potential für starke vielleicht auch schere
Gewitter mit (heftigem) Starkregen und Hagel birgt. Zudem gibt es geringe
Hinweise, dass es auch im frontalen Umfeld zu vertikalen Umlagerungen bis hin zu
Gewittern kommen kann. Diese sollten als Begleiterscheinungen aber vorwiegend
die Sturmböen und weniger wahrscheinlich auch den Starkregen bringen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
Aufgrund der Abweichungen des det. Laufes innerhalb des ENS: EZ-EPS, ICON-EPS,
bei TT evtl. auch MosMix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel