Thema des Tages

07-06-2020 08:50

Die Böigkeit des Windes

Mitunter kann die Windgeschwindigkeit kurzfristig stark schwanken.
Man spricht dann von der Böigkeit des Windes. Mögliche Gründe für
diese Böigkeit werden heute im Thema des Tages behandelt.

Mit dem wechselhaften Wetter - und insbesondere mit den in den
letzten Tagen häufiger auftretenden Schauern und Gewittern - hat
nicht nur der Wind, sondern auch seine Böigkeit zugenommen. Das fällt
ganz besonderes auf, wenn man sich zum Vergleich das Wetter in der
ersten Hälfte der letzten Woche in Erinnerung ruft, das von hohem
Luftdruck und viel Sonnenschein geprägt war.

Als Bö bezeichnet man im Allgemeinen einen kräftigen Windstoß, der
oft mit einer plötzlichen Windrichtungsänderung verbunden ist. Bei
der Definition einer Bö ist die Abweichung ihrer Windgeschwindigkeit
vom durchschnittlichen (mittleren) Wind entscheidend. Dabei gilt,
dass die mittlere Windgeschwindigkeit um mindestens 5 m/s (das
entspricht 18 km/h oder, für die Segler, 10 Knoten) überschritten
werden muss. Als weiteres Kriterium kommt die Andauer des Windstoßes
hinzu. Diesbezüglich gilt, dass die Abweichung vom Mittelwind
mindestens drei, höchstens aber 20 Sekunden anhalten muss
(www.dwd.de/lexikon -> Bö).

Betrachtet man die Entstehung von Böen, so sind drei Prozesse von
zentraler Bedeutung. Erstens ist dies die Reibung der strömenden Luft
im Bereich der Erdoberfläche. Die Erdoberfläche sorgt dafür, dass die
gleichmäßige Strömung der Luft gestört wird. Das in der Folge
entstehende Strömungsmuster nennt man turbulent. Dabei hängt die
Stärke der Turbulenz und damit die Böigkeit des Windes einerseits von
der Windgeschwindigkeit selbst, andererseits aber von der Art des
Hindernisses ab. Dabei gilt, salopp gesagt, dass höhere Hindernisse
mehr Turbulenz erzeugen als niedrige und starker Wind ein höheres
Turbulenzpotential besitzt als schwacher Wind. Entsprechend ist der
Wind über einer flachen Graslandschaft weniger böig als z.B. über
einer Hügellandschaft oder in bebauten Gebieten.

Der zweite zentrale Prozess für die Entstehung der Böigkeit ist die
thermische Schichtung der Atmosphäre. Wenn die bodennahen Schichten
deutlich wärmer sind als die Luftschichten in größeren Höhen, dann
steigt die warme Luft auf. Als Ausgleich dazu sinkt kalte Luft ab. Da
aber die Windgeschwindigkeiten in höheren Luftschichten im
Allgemeinen höher sind als in Bodennähe, werden die hohen
Windgeschwindigkeiten aus größeren Höhen "heruntergemischt". Dieser
Prozess findet vor allem in den Sommermonaten statt, wenn sich die
bodennahen Schichten infolge der starken Sonneneinstrahlung kräftig
erwärmen. Er findet aber auch statt, wenn sich die Luft in höheren
Schichten deutlich abkühlt, was für den vertikalen
Temperaturunterschied und somit für die Böigkeit die gleichen
Konsequenzen haben kann.

Der dritte zentrale Prozess, der eine hohe Böigkeit der Windes zur
Folge haben kann, liegt in der Windgeschwindigkeit selbst.
Überschreitet die Windgeschwindigkeit in einer gleichmäßigen Strömung
einen kritischen Wert, so wird die Strömung instabil und kleinste
Störungen innerhalb der Strömung sorgen dafür, dass diese turbulent
wird und in der Folge kräftige Böen auftreten können.

Problematisch an Windböen ist natürlich die Windgeschwindigkeit als
solche. Problematisch ist aber auch, dass Böen oftmals sehr plötzlich
auftreten und sich nicht ankündigen. Problematisch ist ferner, dass
mit der kurzfristig zunehmenden Windgeschwindigkeit in der Regel auch
eine Winddrehung verbunden ist. Letzteres stellt insbesondere Segler
immer wieder vor große Herausforderungen.

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.06.2020

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