Thema des Tages

29-05-2020 07:20

Pollen für alle

Allergiker wissen es schon lange, die Hochsaison der Gräserpollen ist
da. Überall blüht und grünt es und durch ausbleibenden Regen halten
sich die Pollen lange in der Luft.


In Deutschland werden Hasel, Erle, Esche, Birke, Gräser, Roggen,
Beifuß und Ambrosia als die 8 allergologisch wichtigsten Pflanzen
betrachtet. Die Pollen der Pflanzen dringen über die Luft in die
oberen Atemwege von Menschen und lösen dort bei einigen eine
allergische Reaktion aus. Weitläufig kennt man die Pollenallergie als
"Heuschnupfen". Der Name stammt aus der früheren Beobachtung
erkältungsähnlicher Symptome bei Menschen, die mit Heu in Kontakt
kamen und auf Gräserpollen allergisch reagierten.

Vor allem in den westlichen Industriestaaten hat sich der Anteil an
Allergikern in den letzten Jahrzehnten teils um das 20-fache erhöht.
Bei knapp einem Drittel der Deutschen Erwachsenen wird im Laufe des
Lebens eine Allergie festgestellt, wobei Heuschnupfen am häufigsten
vorkommt. Etwa jeder 7. Erwachsene ist betroffen, Frauen häufiger als
Männer. Immer öfter leiden auch Kinder an Heuschnupfen (etwa jedes
10. Kind in Deutschland). Und die Zahlen steigen.

Wissenschaftler führen die steigende Zahl an Heuschnupfenpatienten
auf den Wohlstand und die im Vergleich zu früheren Zeiten gestiegene
Hygiene in den Industriestaaten zurück. Studien haben zudem ergeben,
dass es einen Unterschied gibt zwischen Kindern, die in städtischer
und in ländlicher Umgebung aufwachsen. So fiel die
Wahrscheinlichkeit, an Heuschnupfen zu erkranken bei Stadtkindern um
50 % höher aus, als bei Kindern, die auf einem Bauernhof aufwuchsen.

Auslöser der Pollenallergie ist der Blütenstaub. Je kleiner er ist,
umso leichter kann er vom Wind verteilt werden und in die Atemwege
eindringen. Man geht von einer Größe von 10 bis 20 Mikrometer (ein
millionstel Meter) pro allergieauslösender Polle aus. Sind die Pollen
größer, so nimmt auch ihr Gewicht zu und sie können weniger leicht
durch die Luft wirbeln.
Dringt nun der Blütenstaub in die Atemwege ein, so kann das
Immunsystem diesen eigentlich harmlosen Stoff als Krankheitserreger
erkennen und gegen ihn Antikörper bilden. Bei einem weiteren
Zusammentreffen von Immunsystem und Pollen wird der "Erreger" sofort
erkannt, die Immunzellen im Körper aktiviert und entzündungsfördernde
Stoffe freigesetzt. Die Botenstoffe führen dann zu den typischen
Symptomen wie Niesen, Husten oder Ausschlag.

Um den Allergikern einen Überblick über die aktuelle Pollenbelastung
in Deutschland zu liefern, werden an etwa 40 Stellen der
Bundesrepublik sogenannte Pollenfallen bedient. Die gesammelten Daten
werden dem Deutschen Wetterdienst übermittelt, welcher dann unter
Zuhilfenahme der Phänologie und dem Wetter der kommenden Tage eine
Vorhersage zur Pollenbelastung erstellt.

In den kommenden Tagen ist vor allem die Belastung mit Gräserpollen
weiterhin hoch. Auch Roggenpollen sind vermehrt in der Luft zu
finden. Da flächendeckender Regen bis weit in die nächste Woche nicht
in Sicht ist, können die Pollen auch nicht "ausgewaschen" werden.


Dipl.-Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.05.2020

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