DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

04-04-2020 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 04.04.2020 um 10.30 UTC



Zunächst weitgehend hochdruckbestimmtes Frühlingswetter der Marke HM (Hoch
Mitteleuropa). Ab dem Osterwochenende unsichere Entwicklung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 11.04.2020


Sollte es jemanden, wenige oder auch mehrere unter den geschätzten Leserinnen
und Lesern dieses nicht minder geschätzten Bulletins geben, denen die aktuell
immer wieder auftretenden Hochdrucklagen allmählich auf den Senkel gehen (obwohl
es jetzt ja endlich warm wird), sei an dieser Stelle gesagt: Pustekuchen! Auch
die kommende, vorösterliche Woche steht zumindest bis Karfreitag im Zeichen der
"Männer" (in Anlehnung daran, dass Hochdruckgebiete in diesem Jahr männliche
Namen erhalten), so dass wettermäßig, also im Sinne von Action, markanten
Erscheinungen oder dergleichen, nichts, aber auch rein gar nichts zu holen ist.
Erst im Laufe des weiteren Osterwochenendes könnte - sprichwörtlich - etwas
Leben in die Bude kommen, allerdings wird die Vorhersage ab Karsamstag ziemlich
unsicher.

Zunächst aber zum Anfang des mittelfristigen Prognosezeitraums, der auf den
kommenden Dienstag fällt. Das aktuell wetterbestimmende Hoch KEYWAN hat sich
mittlerweile bis zum nahen Osteuropa zurückgezogen und auch der nachfolgende
Rücken bzw. die darin abgeschlossene Höhenantizyklone hat den Vorhersageraum
knapp hinter sich gelassen. Feuer frei für zyklonale Geschosse, könnte man etwas
martialisch ausgedrückt meinen, doch weit gefehlt. Lediglich eine schlappe
Kaltfront und ein mickriger, über Norddeutschland ziehender KW-Trog nutzen die
Gunst der Stunde, sprich, das Abdanken von KEYWAN, um bei uns ein paar Aktien zu
erwerben. Bis zur Mitte kommt die Kaltfront mit einigen Wolken und nur wenig bis
gar kein Regen von Nordwesten her voran, dann ist Schluss und sie löst sich auf.
Dahinter wird in den Norden und Nordwesten etwas kühlere Meeresluft gespült
(Rückgang T850 von rund +6°C auf +4 bis +1°C), in der es aber nur kurzzeitig zu
einem leichten Temperaturrückgang kommt.
Und so dauert es gar nicht lange, bis das nächste Hoch zugreift (laut
Namensliste der FU Berlin wäre es LORIS), das sich - von Westen kommend - mit
Unterstützung eines sich neuerlich aufwölbenden Höhenrückens über Mitteleuropa
festsetzt. Absinkbedingt steigt die Temperatur wieder an auf Werte zwischen 5°C
im Norden und bis zu 10°C am Alpenrand - wohlbemerkt in 850 hPa, um
Missverständnissen vorzubeugen.
Am Karsamstag wandern Bodenhoch und Rücken nach Osten ab, ohne dass der Druck
besonders stark fällt. Gleichwohl werden die Rahmenbedingungen bei schwachem
Gradienten etwas zyklonaler, angeführt von einem schwachen Potenzialtrog, der
sich über dem Vorhersageraum etwas nach Süden ausweitet. Die
Niederschlagsprognose von IFS würdigt das mit einer eher marginalen Zunahme der
Schaueraktivität.

Noch ein Blick auf die erweiterte Mittelfrist von Ostersonntag bis
Osterdienstag, für die das Modell das Übergreifen eines durchaus als veritabel
zu bezeichnenden weiteren Höhentrogs von der Nordsee her vorsieht. Vorgeschaltet
ist eine Kaltfront, die für eine merkliche Abkühlung (T850 auf unter 0°C) und
darüber hinaus auch Regenfälle (vor allem am Montag) sorgen würde. Na dann
schauen mer mal...
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Ostern steht vor der Tür und genau das scheint die Modelle irgendwie zu
beunruhigen. Zwar kann den jüngsten Läufen von IFS (ECMF) bis zum kommenden
(Kar)Freitag eine gute bis sehr gute Konsistenz bescheinigt werden (im
Wesentlichen hochdruckbeeinflusstes, weitgehend trockenes und - zumindest
tagsüber - warmes Frühlingswetter). Ab Karsamstag ist es dann aber vorbei mit
der Kongruenz der Basisfelder, heißt, die Streuung der Einzellösungen und somit
auch die Prognoseunsicherheit nehmen deutlich zu. Ein Klassiker möchte man
sagen, kam es doch in der Vergangenheit häufiger vor, dass ausgerechnet vor
Feiertagen mittelfristige (und manchmal sogar kurzfristige) Vorhersagen auf
einmal sehr unsicher wurden. Aber welche Vorhersagen sind dieser Tage schon
sicher...

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Wesentlich andere Ideen als IFS haben die anderen für gewöhnlich begutachteten
Globalmodelle (ICON, GFS, GEM, UKMO) zunächst auch nicht. Alle setzen auf
"High-Pressure-Influence" und alle trauen der o.e. Kaltfront nicht viel zu. Erst
zum Ende hin nehmen die Unterschiede zu. Dabei lässt sich u.a. konstatieren,
dass sowohl ICON als auch GFS bereits am Karfreitag mit der Umstellung auf
"zyklonal" beginnen, und das auch nicht so zaghaft (=> mehr Regen) wie IFS. Bei
ICON tauchen Kaltfront und Trog sogar schon am Karsamstag auf (mit Wind und an
der Küste Sturm), was aber eine sehr exklusive Lösung darstellt.

FAZIT: Auf Modellbasis bis zum Grünen Donnerstag alles im Lot, danach
Einsetzende Allgemeine Verunsicherung (EAV; nicht zu verwechseln mit der
ehemaligen österreichischen Kultband Erste Allgemeine Verunsicherung).
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Nicht nur die deterministischen Modelle offenbaren offensichtliche Osterirrungen
und -wirrungen, auch die Ensembles tun sich signifikant schwer, eine
einheitliche Feiertagslinie herauszugeben. Immerhin hat es das ECMF in Reading
geschafft, die gestern noch fehlende Clusterung wieder zu reaktivieren.
Zunächst aber ein Blick auf die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher
Städte, die bis Gründonnerstag ein sehr einheitliches Bild abgeben. Darin wird
das Szenario des Hauptlaufs gestützt, incl. der kleinen Kaltfront- respektive
Trogdelle am Dienstag in Norddeutschland (Referenz HH). Eigentlich ist die
Kurvenschar auch am Karfreitag noch ziemlich eng gebündelt. Gerade mal eine
knappe Handvoll (Norden) bzw. nur ein bis zwei (Süden) Lösungen simulieren einen
krassen Temperatursturz bis weit in den negativen Bereich (T850). Ab Samstag
beginnen die Ensembles bei zunehmender Niederschlagsdichte dann deutlicher zu
streuen, allerdings mit einem klaren Trend nach unten (Pot500 und T850),
zumindest im Norden und in der Mitte (HH, OF). Im Süden (UL) wächst der Spread
zwar ebenfalls an, allerdings hält sich ein Großteil der Mitglieder im oberen
Temperatur- und Potenzialbereich.
Die Rauchfahnen von GFS-EPS ähneln stark denen ihrer Kollegen aus Reading.
Tendenziell erfolgt der "Absturz" am nächsten Wochenende aber etwas eher als bei
IFS-EPS.
Kommen wir zur Clusterung, die für den Zeitraum T+120...168h (Donnerstag bis
Samstag) lediglich eine Schublade aufmacht. Erst danach (Sonntag bis Dienstag,
T+192...240h) erhöht sich die Anzahl der Cluster auf drei (20 Fälle, 17 + HL/KL,
14). CL1 bevorzugt nach schwacher Trogpassage ein neuerliches Regenerieren der
Hochdrucklage von Westen her ("Blocking"). CL2 hingegen bevorzugt den Übergang
zu einer zyklonalen West-Nordwestlage mit Höhentrog ("Atlantic Ridge").
Schließlich noch CL3, der wie CL1 einen schwachen Trog simuliert, um dann auf
eine Hochdruckbrücke zu setzen ("Positive" NAO).

FAZIT: Bis Freitag scheint alles in trockenen Tüchern, bevor es danach volatiler
wird. Ob es dabei nachhaltig zyklonaler wird, wie vom Haupt- und Kontrolllauf,
anderen Modellen sowie Cluster 2 vorgeschlagen, ist keinesfalls ausgemachte
Sache.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Wie bereits weiter oben erwähnt ist aus der bevorstehenden Großwetterlage nichts
rauszuholen. Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass natürlich die
Trockenheit weitere Fortschritte machen wird. Ob dann am Osterwochenende mal was
Signifikantes auf den Plan tritt, ist angesichts der nun schon mehrfach
angesprochenen zunehmenden Prognoseunsicherheit unsicher.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann