DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
28-03-2020 10:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 28.03.2020 um 10.30 UTC
Ruhiges, nur im Norden leicht unbeständiges Wetter. Zögerlicher Erwärmung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 04.04.2020
In der Mittelfrist deuten die Modelle eine Umstellung der Wetterlage an. Dabei
gibt es durchaus Szenarien, die uns den Weg aus dem aktuellen "Tal der Tränen"
bereiten könnte. Damit ist natürlich der "Ausweg" aus dem zum Teil
spätwinterlich anmutendem Wettercharakter gemeint, der uns in der Kurzfrist und
zu Beginn der Mittefrist noch beschäftigen wird. Allerdings finden sich auch
konträre Berechnungen, die es weiterhin unterkühlt haben wollen. Für Spannung
ist gesorgt!
Am ersten Tag der Mittelfrist, das ist heute der kommende Dienstag, wird unser
Wetter noch maßgeblich durch die blockierende Antizyklone über dem
Nordostatlantik geprägt, von dem ausgehend sich ein Rücken bis nach Mitteleuropa
erstreckt. Am Boden findet sich achsensenkrecht darunter das sich bereist etwas
abschwächende Hoch KEYWAN mit aber immer noch bemerkenswerten knapp 1045 hPa
Kerndruck. Das blockierende Hoch wird im Norden flankiert von der recht glatten
Frontalzone, die von Grönland über Skandinavien bis zur Ostsee reicht. Im Süden
und Osten erstreckt sich ein Trog von der Karasee in einem Bogen über die
Ukraine bis nach Italien, ein Cut-Off über der Biskaya bildet schließlich die
Westspitze der Trogkonfiguration. In Deutschland sorgt der hereinschwenkende
Keil zunächst für eine Wetterberuhigung, die Niederschläge klingen ab und es
setzt sich mehr und mehr die Sonne durch. Der Norden wird im Verlauf aber von
WLA und der Warmfront eines Sturmtiefs bei den Lofoten erfasst, sodass sich die
Bewölkung wieder verdichtet und etwas Sprühregen einsetzt. In der zuvor
eingeflossenen, maritimen Arktikluft (T850 zwischen -5 und -10 Grad) verharren
die Temperaturen meist im einstelligen Bereich. In der Nacht zum Mittwoch tritt
südlich der Wolkenkante flächendeckend leichter bis mäßiger, über Schnee an den
Alpen sowie gebietsweise in Bodennähe sogar strenger Frost auf.
Am Mittwoch schwenkt der Rücken unter Konturverlust zu den Alpen, ihm folgt in
der Nordwestströmung ein flacher Kurzwellentrog. Das mit dem Trog korrelierende
okkludierende Frontensystems des zur Barentssee ziehenden Tiefs kommt bis zur
nördlichen Mittel voran, wird dort aber aufgrund einer weiteren Austrogung und
kräftigen Zyklogenese bei Island an weiterem Voranschreiten gehindert. Während
der Nordhälfte somit ein bewölkter Tag mit gebietsweisen, leichten
Niederschlägen ins Haus steht (bei T850 zwischen -2 und -5 Grad allenfalls in
den nördlichen Mittelgebirgen etwas Schnee, sonst Regen), gestaltet sich das
Wetter in der Südhälfte freundlich und geringfügig wärmer als an den Vortagen
(zweistellige Tmax im Südwesten und Westen). Auch der Nachtfrost schwächt sich
ab und zieht sich im Wesentlichen in die Südhälfte zurück.
In der zweiten Wochenhälfte vollzieht sich die Umstellung der Großwetterlage.
Die blockierende Antizyklone über dem Nordostatlantik wird vollends abgebaut.
Dafür kräftig sich eine hochreichende Antizyklone über Nordostkanada. Stromab
wird der Nordostatlantik zunehmend mit Kaltluft geflutet, die eine umfangreiche,
breit angelegte Austrogung nach sich zieht. Deutschland gelangt auf die
Südflanke des Troges in eine auf West drehende Höhenströmung. Die Nordhälfte
wird dabei von kurzwelligen Troganteilen gestreift, die mit Ausläufern eines
veritablen Orkantiefs über dem Nordmeer korrespondieren. Folglich bleibt das
Wetter dort leicht unbeständig und zeitweise auch recht windig. Weiter nach
Süden dominiert dagegen der antizyklonale Einfluss. Die langsame Erwärmung setzt
sich fort, im Norden durch Advektion maritimer Subpolarluft, im Süden eher durch
adiabatische Prozesse. Es wird Tag für Tag etwa 1-2 Grad wärmer, sodass am
Samstag bereits Höchsttemperaturen zwischen 10 und 15 Grad, im Südwesten auch
darüber erreicht werden. Zu leichten Nachtfrösten kommt es am ehesten noch im
Süden, wobei er sich auch dort immer mehr in höhere Muldenlagen und an die Alpen
zurückzieht.
In der erweiterten Mittelfrist ab Sonntag soll sich der Trog nach IFS-Lesart
nach Osteuropa verschieben. Derweil amplifiziert sich ein neuer Trog über dem
Nordatlantik weiter westlich etwas stärker, sodass sich stromab über
Mitteleuropa ein Rücken aufwölben kann. Mit allmählicher Winddrehung auf Süd bis
Südwest setzt zu Beginn der kommenden Woche und damit später als in den
Vorläufen Advektion subtropischer Luftmassen ein, sodass eine stärkere Erwärmung
auf frühlingshafte Werte erfolgen könnte.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Der neuste IFS-Modelllauf von 00Z zeigt im Hinblick auf die synoptischen
Basisfelder zunächst kaum Unterschiede zu den Vorläufen. Es stellt sich
insgesamt recht ruhiges, nur in der Nordhälfte zeitweise leicht zyklonal
geprägtes Wetter ein. Die Erwärmung erfolgt nur zögerlich.
Etwas größer werden die Diskrepanzen erst ab Freitag und am Wochenende. Die
beiden gestrigen IFS-Läufe von 00Z und 12Z rechneten noch einen rascheren
Übergang zu einer Südwestlage mit kräftiger Warmluftadvektion schon ab Freitag.
Im heutigen IFS00Z-Lauf geschieht dies verzögert, es stellt sich zunächst die
oben beschriebene (nördliche) Westlage mit einer Hochdruckbrücke über dem
südlichen Mitteleuropa ein. Dadurch kann sich bis zum Wochenende zumindest nach
Norden zu (noch) keine durchgreifende Erwärmung durchsetzen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Auch die anderen vorliegenden Globalmodelle rechnen bis Freitag keine von IFS
nennenswert abweichende Wetterentwicklung.
Am Wochenende divergieren die Modelle allerdings stärker. IFS nimmt die
antizyklonalste Position ein. Bei GFS und ICON trogt es über Mitteleuropa etwas
stärker aus. Nach GFS käme zumindest der Norden verstärkt unter Trogeinfluss
(unbeständig, an der Küste eventuell gar stürmisch), bei ICON das gesamte Land.
Bei beiden Varianten fiele die Erwärmung noch gedämpfter aus als bei IFS.
In der erweiterten Mittelfrist ist das gesamte Strömungsmuster bei GFS um gut
1500 km nach Westen verschoben. So zieht der Trog aufgrund der stärkeren
Amplifizierung langsamer nach Osten ab, Deutschland verbliebe im Randbereich in
einer nordwestlichen Strömung. Eine Erwärmung erfolgt dabei unter
Hochdruckeinfluss nur in der Südwesthälfte adiabatisch und damit sehr zögerlich.
In der Nordosthälfte bliebe eine Erwärmung zunächst sogar gänzlich aus.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Bis Donnerstag ist der deterministische IFS-Lauf sehr gut in die eng gebündelten
Rauchfahnen für T850 und H500 eingebettet. Der Median der Temperaturen auf 850
hPa erholt sich ganz langsam von -10 bis -5 am Dienstag auf -4 bis +1 Grad am
Donnerstag. Die Rauchfahne des Geopotenzials schwingt in der Nordhälfte leicht,
in der Südhälfte steigt es langsam aber stetig an. Dazu sind
Niederschlagssignale im EPS in der Nordhälfte omnipräsent, in der Südhälfte nur
rudimentär ausgeprägt.
FAZIT 1: Bis Donnerstag ist die Sache klar: Im Norden leicht zyklonales,
unbeständiges Wetter, im Süden dagegen ruhiges, oft freundliches Wetter. Dabei
nur langsame Erwärmung.
Ab Freitag unterstreicht der stark zunehmende Spread sowohl in Temperatur als
auch in Geopotenzial die aufkommenden Unsicherheiten. Vor allem in den
Rauchfahnen des Geopotenzial fällt auf, das einige Member recht stark abstürzen.
Bei der 850-hPa-Temperatur verharren die entsprechenden Member auf konstant
niedrigem Niveau. Die Mehrheit der Member zeigen aber sowohl bei T850 als auch
bei H500 einen sich fortsetzenden, ab Sonntag sich etwas beschleunigenden
Erholungstrend. Der Median von T850 steigt bis Montag an auf +1 (Norden) bis +6
(Südwesten). Der deterministische IFS-Lauf befinden sich noch darüber am
obersten Rand der Verteilung, auch bei H500. Während es der deterministische
Lauf ab Sonntag überwiegend und landesweit trocken lässt, zeigen sich im EPS vor
allem nach Norden zu weiterhin deutliche Niederschlagssignale.
Die GFS-ENS sind bei der Fragestellung "kräftige Erwärmung ab Sonntag oder kühle
Troglage/Trograndlage" gar völlig unentschieden.
FAZIT 2: Ab dem Wochenende ist die weitere Entwicklung unsicher. Freitag und
Samstag ist die nördliche Westlage (im Süden freundlich, im Norden leicht
unbeständig; weitere, zögerliche Erwärmung) die wahrscheinlichste Variante,
wenngleich eine Troglage (landesweit unbeständig, keine Erwärmung) nicht
ausgeschlossen ist. Mit der kräftigen Erwärmung ab Montag scheint der
deterministische IFS-Lauf etwas forsch zu sein. Auch wenn IFS zuletzt immer mal
einen Trend vorgab, ist eine haltbare Aussage eigentlich noch nicht möglich.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
STURM:
Am Dienstag in exponierten Hochlagen des Schwarzwaldes Sturmböen wahrscheinlich.
Am Donnerstag und Freitag an der Küste Sturmböen (Bft 8-9) gering wahrscheinlich
(IFS-EPS an exponierten Abschnitten 30-50%).
FROST:
In der Nacht zum Mittwoch im Süden und Osten, in der Nacht zum Donnerstag an den
Alpen in Bodennähe stellenweise strenger Frost.
In 2 Metern dort verbreitet mäßiger Frost.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS(EPS+det.), IFS-MIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser