Thema des Tages

19-03-2020 08:20

Wetter und Weltgeschichte: Der "Götterwind"


Das Wetter: des einen Fluch, des anderen Segen. Davon kann bzw.
konnte der mongolische Herrscher Kublai Khan seinerzeit ein Liedchen
singen.

Vor ca. 850 Jahren herrschte Kublai Khan, ein Enkel des großen
Dschingis Khan, über das gigantische Mongolenreich. Zu diesem gehörte
gegen Ende des 13. Jahrhunderts der mittlere Osten, große Teile
Osteuropas, Korea und ganz China. "Satt" war Kublai Khan damit aber
noch nicht. Der Plan war, auch Japan einzunehmen und so das Reich
weiter zu vergrößern. Die Japaner waren von diesem Plan allerdings -
wer hätte es gedacht - alles andere als begeistert und verweigerten
die Forderung, sich zu unterwerfen. So entschloss sich Kublai Khan im
Jahr 1274, seiner Forderung, sagen wir mal, etwas Nachdruck zu
verleihen. Mit einer rund 30.000 Mann starken Armee (die historischen
Quellen schwanken bei dieser Zahl sehr stark) aus Koreanern und
Mongolen segelte er auf ca. 1000 Schiffen Richtung Japan und fiel auf
der Insel Kyushu im Südwesten Japans ein.

Die Japaner waren zwar auf den Kampf vorbereitet, zahlenmäßig jedoch
weit unterlegen. Ein weiteres großes Problem war u.a., dass die
traditionelle japanische Kampfkunst, die den Kampf Mann gegen Mann
bevorzugte, nicht auf die wilde Kampfweise der Mongolen ausgelegt
war. Nach einer großen Zahl an Verlusten zogen sich die
angeschlagenen Japaner zurück ins Landesinnere und beteten zu ihren
Göttern, um Hilfe zu erlangen. Offensichtlich war auch der Wettergott
unter den Zuhörern, denn Hilfe kam tatsächlich und zwar in Form eines
meteorologischen Ereignisses.

Als die ebenfalls geschwächten Mongolen zurück auf ihr Boote gingen,
um ihre Kräfte zu sammeln und Versorgungsengpässe zu beseitigen, zog
ein schwerer Taifun auf, der ungefähr ein Drittel der Schiffe
vernichtete und die Mongolen ungemein schwächte. Somit war ein
Fortsetzen der Invasion unmöglich und die Mongolen mussten sich
zurückziehen. Die Japaner, erfreut über ihre erhörten Gebete, nannten
diesen Sturm "Kamikaze", zu Deutsch: der Götterwind. Viele Hundert
Jahre später sollte die japanische Luftwaffe ihre Selbstmordpiloten,
die im 2. Weltkrieg feindliche Kriegsschiffe bombardierten, nach eben
diesem Wind benennen.

Trotz dieser durch eine Naturkatastrophe hervorgerufenen Niederlage
ließ sich Kublai Khan nicht von seinem Plan, Japan zu erobern,
abbringen. Dazu stellte er eine neue Armee auf, dieses Mal mit weit
über 100.000 Soldaten und tausenden Schiffen (Zahlen erneut nur mit
Vorsicht zu genießen), mit denen er 1281 erneut gen Japan bzw. gen
Kyushu schipperte. Diesmal hatte das mongolische Heer trotz der neuen
Stärke mehr Schwierigkeiten, da die Japaner in den letzten sieben
Jahren ebenfalls nicht tatenlos geruht hatten, sondern ihre
Verteidigungsanlagen deutlich verstärkten. Dazu hatte offensichtlich
wieder der Wettergott seine Finger im Spiel, denn erneut fegte ein
Taifun über die Insel Kyushu hinweg, der die Armee Kublai Khans
einmal mehr erheblich dezimierte. Abermals musste sich Kublai Khan
somit geschlagen geben und die Invasion endgültig abbrechen.

Ob dies wirklich mit den Gebeten der Japaner zu tun hatte oder doch
eher ein meteorologischer Zufall war, darf natürlich jeder selbst
entscheiden.

Dipl.-Met. Praktikant Vinzenz Schach / Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.03.2020

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