Thema des Tages
27-02-2020 08:20
Faszinierende Wolkenbänder
Ein Hoch auf die Technik: Am Altweiber-Donnerstag ließen sich vom All
aus Leewellen beobachten. Wie ist das möglich und woher kommen diese
eigentlich?
Wettertechnisch ist in Mitteleuropa zurzeit einiges geboten. Ein
Sturm jagt den nächsten, im Bereich der Mittelgebirge und in den
Alpen kehrt nun auf seine letzten Tage doch noch der Winter ein. Um
das Wettergeschehen dabei im Auge zu behalten, stehen uns
mittlerweile verschiedenste Methoden und technische Hilfsmittel zur
Verfügung. Unter anderem werden diverse Wetterparameter wie
Temperatur, Feuchte, Windgeschwindigkeit etc. von ortsfesten
Bodenwetterstationen oder Radiosonden, die an Wetterballons
aufsteigen, erfasst. Aber auch die sogenannten
"Fernerkundungsverfahren" spielen bei der Wetteranalyse und
-vorhersage eine wichtige Rolle. Dabei wird eine Information für
einen bestimmten Ort von einem weit davon entfernten Standort aus
erhoben.
Das wohl bekannteste Fernerkundungsprodukt ist das Satellitenbild.
Auf einen Blick lässt sich damit beispielsweise die
Bewölkungsverteilung über Mitteleuropa detailgenau darstellen. Zudem
sind die hochaufgelösten Satellitenbilder mittlerweile hochaktuell
und liegen dem Meteorologen alle 5 bis 15 Minuten vor. Zumindest die
sogenannten "geostationären" Satelliten stehen dabei ortsfest über
dem Äquator, folgen also der Erdrotation, und senden aus einer Höhe
von etwa 36.000 km permanent Bilder der Atmosphäre, die dann in den
meteorologischen Rechenzentren verarbeitet und verteilt werden.
Der neueste Wettersatellit aus dem Hause EUMETSAT "Meteosat-11" ist
für Europa, Afrika, den Atlantischen Ozean sowie den Osten von
Südamerika zuständig. Er liefert alle 15 Minuten Bilder in 12
verschiedenen Wellenlängen von der Oberfläche und der Atmosphäre der
Erde. Dabei wird eine Auflösung von bis zu einem Kilometer erreicht.
Genau vor einer Woche, am Altweiber-Donnerstag, dem 20.02.2020 gegen
16 UTC (17 Uhr MEZ) hielt Meteosat-11 das Bild zum heutigen Thema des
Tages unter
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/2/27.html fest.
Anhand dieser einen Aufnahme wird die Mächtigkeit der Technologie
bereits in Ansätzen sichtbar. Nicht nur erkennt man deutlich die auf
Deutschland ziehende Kaltfront oder das sich rückseitig einstellende
Schauerwetter. Auch der sonnige Süden Deutschlands oder die
verschneiten Alpen lassen sich aus dem All beobachten.
Bei genauerem Hinsehen wird aber ein weiteres Phänomen ersichtlich.
Von Frankreich über Deutschland sind die Wolken auffällig stark
"gerippt". Hierbei handelt es sich um sogenannte "Leewellen", die vom
Weltall einen tollen Anblick bieten. Auch vom Erdboden aus können
diese mit bloßem Auge beobachtet werden, wenn das Sichtfeld
weitläufig genug ist.
Die Entstehung der Leewellen ist jedoch keineswegs trivial: In der
Atmosphäre treten die Wellen häufig im Lee, also auf der
windabgewandten Seite von Hindernissen (wie z.B. Gebirgen) auf, wenn
diese überströmt werden. Man benötigt dafür zunächst eine stabil
geschichtete Atmosphäre. Und das ist immer dann der Fall, wenn die
mit der Höhe abnehmende Temperatur in einer gewissen Höhe
vorübergehend ansteigt. Diese Schicht nennt man auch "Inversion". Am
Radiosondenaufstieg aus Essen vom 20.02. um 13 Uhr wird dies deutlich
(siehe erneut Grafik zum Thema des Tages). Die Inversion fungiert
dabei als Sperrschicht und verhindert den vertikalen
Luftmassenaustausch.
Man kann sich die Entstehung der Leewellen nun so vorstellen: Muss
ein imaginäres Luftpaket in der stabilen Schichtung ein Hindernis
überströmen, wird es bereits im Luv (windzugewandte Seite) nach oben
hin ausgelenkt. So kommt es in der Folge in einen Umgebungsbereich
vergleichsweise wärmerer Luft. Da kalte Luft aber schwerer ist als
warme, sackt das Luftpaket wieder zurück in seine Ausgangslage oder
auch etwas tiefer. Die Folge sind dann Schwingungen des Pakets um
einen Gleichgewichtszustand im Lee des überströmten Hindernisses.
Sichtbar werden diese Wellen aber erst durch eine mehr oder weniger
geschlossene, tief liegende Wolkendecke in Form von quer zur
Windrichtung orientierte Wolkenbänder.
Da diese Kriterien in der vergangenen Woche vorübergehend erfüllt
wurden, konnte man die faszinierenden Leewellen über eine große
Region von Frankreich über weite Teile Deutschlands hinweg
beobachten.
MSc.-Met. Sebastian Schapppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.02.2020
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst