Thema des Tages

25-02-2020 10:20

Unsere Unwetterwarnungen: Eine Auswertung für Baden-Württemberg


Haben die Unwetterwarnungen in den letzten Jahren zugenommen? Treten
mehr Unwetter im Winter oder im Sommer auf? Eine statistische
Auswertung zeigt die Verteilung der Unwetterereignisse in
Baden-Württemberg über die Jahre 2009 bis 2018.


Was würden Sie vermuten: Welche Jahreszeit ist für uns Meteorologen
wohl am arbeitsintensivsten? Sind es die Sommer mit den vielen
Gewittern, die Winter mit Schnee, Glätte und Frost oder doch die
Übergangszeiten mit den Stürmen? In einer statistischen Auswertung
der Unwetterwarnungen der vergangenen zehn Jahre für das Bundesland
Baden-Württemberg wurde (unter anderem) dieser Frage nachgegangen.

Vor Betrachtung der Ergebnisse sollte man sich die Geografie des
untersuchten Bundeslands in Erinnerung rufen, denn der Südwesten
Deutschlands bietet durch die komplexe Geländestruktur eine Vielzahl
an potentiellen Unwetterlagen: So entladen sich hier in feuchtwarmen
Luftmassen subtropischen Ursprungs im Sommer vermehrt Gewitter,
oftmals noch verstärkt durch die Orografie des Schwarzwaldes und der
Schwäbischen Alb. Doch auch langanhaltende Niederschlagsereignisse
werden durch Staueffekte des Berglandes begünstigt. Im Winter kommen
dann häufig noch Schneefälle hinzu; manchmal auch gefolgt von
Tauwetterlagen, die durch die komplexe Geländestruktur wiederum hohes
Schadenspotential aufweisen.

Betrachtet man die jährliche Gesamtzahl der Unwetterereignisse in den
letzten Jahren (Grafik 1), so kann keine signifikante Zunahme
festgestellt werden. Es gab in den vergangenen zehn Jahren immer
wieder Jahre, in denen die Gesamtzahl etwas höher oder etwas
niedriger war. Im Schnitt traten in Baden-Württemberg 48
Unwetterereignisse pro Jahr auf.

Doch wie verteilen sich diese Unwetterereignisse konkret aufs Jahr?
Auf den ersten Blick (Grafik 2) wird sichtbar, dass es einen
Hauptpeak in den Sommermonaten und einen Nebenpeak in den
Wintermonaten gibt. Dazwischen schließt sich in den
Übergangsjahreszeiten jeweils eine ruhigere Phase an. Die
unwetterintensivste Phase beginnt Mitte Mai und endet Mitte September
und wird deutlich von Gewitterlagen bestimmt, welche im Durchschnitt
87 % der Ereignisse ausmachen. Einen kleineren Anteil spielen dabei
gewitterunabhängige Starkregen- und Dauerregenereignisse.

Das Nebenmaximum in den Wintermonaten begrenzt sich auf den Zeitraum
von Anfang Dezember bis Mitte Februar und ist vor allem geprägt durch
Orkan- und Niederschlagsereignisse (Schneefall, Dauerregen,
Tauwetter, Glatteis). Hierbei tritt im Schnitt alle acht bis zehn
Tage ein Unwetterereignis auf. Dies ist zwar deutlich seltener als im
Sommer, es sollte jedoch nicht vernachlässigt werden, dass gerade
solche winterlichen Wetterlagen im Warnmanagement nicht selten
komplexer sind als sommerliche Gewitterlagen (wenn zum Beispiel
Schneeereignisse auf Dauerregen und Tauwetter treffen). Außerdem muss
berücksichtigt werden, dass es sich hierbei oftmals um großflächigere
Ereignisse handelt, die im Falle eines Unwetters einen größeren Teil
der Bevölkerung betreffen und damit ein höheres Schadenspotential
aufweisen.

Doch alleine mit der Unwetterausgabe ist es für uns Meteorologen bei
solchen Lagen nicht getan - vielmehr hängt eine Kette weiterer
Aufgaben und Aktionen daran. Angefangen bei der Mitteilung an das
Lagezentrum, das für die Verbreitung an Leitstellen sowie Medien und
Funk zuständig ist. Außerdem steigt besonders bei sommerlichen
konvektiven Lagen das Beratungsaufkommen enorm, sind doch nicht
selten Open-Air-Veranstaltungen vom Wetter abhängig. Doch immer, wenn
Unwetter oder sogar extreme Unwetter ausgelöst werden, sind auch
Feuerwehren in Alarmbereitschaft. Diese suchen und schätzen den
direkten Kontakt zum Meteorologen. Die Zahlen belegen, dass in den
Sommermonaten im Schnitt ein doppelt so hohes Beratungsaufkommen
herrscht wie in den Wintermonaten. Konkret sind das z.B. im
Spitzenmonat Juli im Durchschnitt 315 telefonische Beratungen (siehe
Grafik 3).

Betrachtet wurden jedoch lediglich die (im Normalfall
kostenpflichtigen) Beratungen, die beim Meteorologen eingehen. Es ist
davon auszugehen, dass der meteorologische Fachdienst (auf
kostenfreier Basis) nochmals mindestens genauso viele Auskünfte
erteilt. Anders wäre das hohe Beratungsaufkommen, besonders an
Unwettertagen, für den Meteorologen alleine nicht zu bewältigen.
Natürlich verteilen sich die Anrufe nicht gleichmäßig auf die
Monatstage, sondern spiegeln sich meist in mehreren Peaks wider, die
von Unwettern oder Unwetterserien geprägt sind. So können dies in der
Spitze schon mal 30 bis 50 Beratungen pro Tag sein.

Die Gesamtzahl der telefonischen Beratungen lag in den letzten Jahren
meist zwischen 1500 und 1800 pro Jahr (nicht gezeigt). Diese hohe
Zahl lässt darauf schließen, dass Bevölkerung, Veranstalter oder
Firmen trotz moderner Informationssysteme ihr Vertrauen in die
persönlichen meteorologischen Beratungen setzen. Zusammen mit den
Unwetterwarnungen bietet dies den optimalen Schutz der Bevölkerung
vor Gefahren.


Text: M.Sc.-Met. Sarah Müller / Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann;
Statistische Auswertung: Sarah Müller
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.02.2020

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