DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

19-02-2020 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 19.02.2020 um 10.30 UTC



Mild bis sehr mild, am Wochenende Sturm möglich.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 26.02.2020


Eingangs der Mittelfrist am kommenden Samstag liegen wir unter einer strammen
westlichen Strömung, wobei die sehr gut gebündelte Frontalzone über mehrere
tausend km vom Nordatlantik bis in den Ostseeraum reicht. Im Jet erreicht die
Windgeschwindigkeit über Nordengland und der Nordsee mehr als 300 km/h. Das
hochreichende, steuernde Tief verlagert sich ins europäische Nordmeer und die
zugehörige, schleifende Kaltfront greift von Nordwesten auf Deutschland über.
Nach Überströmen der skandinavischen Gebirge bildet sich ein Leetrog, später
auch ein Tief, in welches das Frontensystem einbezogen wird. Das führt auch zu
einer deutlichen Gradientverschärfung bei uns, so dass sich im Norden, teils
auch über der Mitte wieder eine Sturmlage (Binnenland Sturmböen, exponiert
schwer, Küste orkanartige Böen) andeutet. Die in den Norden einfließende
Meeresluft subpolaren Ursprungs ist stark erwärmt, im Süden bleiben sehr milde
Luftmassen wetterbestimmend.
Am Sonntag dreht die Höhenströmung etwas mehr nach Nordwest, was dem Aufwölben
eines flachen Rückens westlich von GB und Irland geschuldet ist. Der über
Deutschland schleifende Tiefausläufer wird vor einer flachen Welle, die im
Tagesverlauf über Norddeutschland ostsüdostwärts zieht, vorübergehend
rückläufig. Die Entwicklung dieser Welle ist noch einigermaßen unsicher (Timing,
Lage zum Jet, etc.).
Auf jeden Fall verschärft sich an ihrer Südflanke der Gradient erneut, was
Sturmböen, vielleicht auch schwere Sturmböen zur Folge haben kann. Welche
Bereiche betroffen sind und wie stark die Windentwicklung letztlich wird, muss
aber noch abgewartet werden. Auch eine schwere Sturmlage ist (1 Woche nach
"Victoria, 2 Wochen nach "Sabine") nicht ausgeschlossen. Im Norden fällt dabei
verbreitet, teils länger anhaltend Regen, in den Süden verstärkt sich die
Advektion sehr milder Meeresluft.
Am Montag schwenkt der Höhenrücken über Mitteleuropa ostwärts, was aber nichts
an der grundsätzlich westlichen Strömung bei uns ändert. Die Welle ist schon
nachts rasch abgezogen und wir gelangen auf die Vorderseite des nächsten
Sturmtiefs bei Schottland und in dessen Warmsektor. Die Zufuhr der sehr milden
Luft erreicht ihren Höhepunkt. Durch den überlagerten Höhenrücken sind über dem
Süden und der Mitte längere Aufheiterungen möglich und bei +10 °C in 850 hPa
sind im Süden wieder nahe 20 Grad nicht ausgeschlossen. Der Norden gelangt bald
wieder ins Starkwind- bzw. Sturmfeld des weiter nach Südskandinavien ziehenden
Tiefs.
Am Dienstag entfernt sich das Tief nach Südfinnland und wir kommen auf dessen
Rückseite in eine westliche bis nordwestliche Strömung mit der erwärmte
Meereskaltluft zu uns gelangt. Die entsprechende Kaltfront überquert abends auch
Süddeutschland in Richtung Alpen. Mit nachfolgenden Trögen wird die Schichtung
labilisiert und es stellt sich windiges Schauerwetter ein.
Am Mittwoch setzt sich die westliche Strömung fort, derweil sich über
Nordwesteuropa ein markanter Trog formiert. Die Ausläufer des zugehörigen Tiefs
südlich von Island erreichen uns von Nordwesten her. Der Wind frischt wieder
auf, ohne wahrscheinlich wirklich stürmisch zu werden und es gelangt erwärmte
Meereskaltluft subpolaren bzw. polaren Ursprungs nach Mitteleuropa.
Die erweiterte Mittelfrist steht zunächst im Zeichen des oben erwähnten Troges,
bevor sich zum Ende wieder eine Zonalisierung andeutet.
Der meteorologische Winter ist dann zu Ende, ohne wirklich angefangen zu haben.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die insgesamt westliche Strömung, die mehr oder weniger mäandriert und über der
Mitte und dem Norden zyklonal, im Süden mehr antizyklonal geprägt ist, wurde
auch von den Vorläufen in ähnlicher Weise gezeigt.
Die Konsistenz ist im groben Maßstab somit gut. Die kurzen Wellen werden dagegen
mit einiger Varianz simuliert, so dass der Wetterablauf im Detail dann doch
ziemlich unsicher ist. Es bleibt mild, zum Wochenwechsel wieder extrem mild,
woran auch Einschübe erwärmter Meereskaltluft nichts ändern.

Während der Sturm am Samstag im Norden recht konsistent simuliert wird,
offenbaren sich am Sonntag Unsicherheiten. In den letzten Läufen hat IFS die
Welle nach Süden verschoben, etwas beschleunigt, den Gradienten aber
abgeschwächt. Aktuell sähe es nur nach Bft 8, exponiert Bft 9 aus.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Was den grundsätzlichen Ablauf angeht, säen auch die anderen globalen Modelle
keine Zweifel. Die Westlage bleibt unser Maß aller Dinge.
Den Sturm im Norden haben am Samstag die Modelle in ähnlicher Stärke und
Ausdehnung auf der Karte. Die Welle am Sonntag nicht, dann divergieren die
Modelle auch insgesamt stärker.
ICON simuliert die Welle weiter nördlich, etwa entlang der Küste, und kräftiger
entwickelt, vor allem was den Gradienten angeht. Hiernach wären schwere
Sturmböen an der Südflanke der Welle möglich. GFS hat ähnliche Böen wie ICON im
Programm und simuliert die Zugbahn zwischen IFS und ICON und lässt die Welle
östlich von uns zu kleinräumigen Sturm entwickeln, auf dessen Rückseite die
Kaltfront in der Nacht zum Montag die Ostalpen erreicht. Im IFS liegt sie dann
über Nordostdeutschland.
Auch für die Folgezeit unterscheiden sich die Modellaussagen teilweise deutlich.
Am sehr milden Rosenmontag über dem Süden und der Mitte halten ICON und IFS
fest. GFS hat dort allerdings 5 bis 10K niedrigere Temperaturen auf der Karte.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Anhand der Rauchfahnen diverser deutscher Städte stützen die Ensembles die
Aussagen des operationellen Laufs. Sie zeigen die sehr milde Phase am Wochenende
und zu Beginn der nächsten Woche und die Abkühlung ab Dienstag der nächsten
Woche. Die fällt aber auch nicht drastisch aus, sondern entspricht dem schon
gewohnten Ausmaß, dass die 850 Temperaturen mal bis -5 Grad zurückgehen. Schon
am Wochenende nimmt der Spread vor allem in den Temperaturkurven zu, was der
unsicheren Zugbahn der Welle und deren Entwicklung geschuldet ist. Die
Trogentwicklung zur erweiterten Mittelfrist hin, äußert sich in den fallenden
Kurven, wobei hier der Spread schließlich deutlich größer wird, was aber auch
niemanden verwundern dürfte. Die wiederholten Niederschlagssignale entsprechen
der unbeständigen Westlage.
Die Clusterung liefert bis +168h jeweils 6 Cluster, die alle ein positives NAO
Muster propagieren. Der Hauptlauf liegt auch jeweils im größten Cluster.
Daran ändert sich auch nicht viel in der erweiterten Mittelfrist, fast
ausschließlich weiter positive NAO. Der Hauptlauf liegt dann in Cluster 3. Eine
überwiegende Anzahl der Ensembles signalisiert einen schwächeren Trog, weniger
kalte Luft und eine schnelle Zonalisierung, so dass das bisschen Abkühlung am
Ende auch noch mit größeren Fragezeichen behaftet ist.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der Wind ist mittelfristig das prägende Warnelement. Hierzu wurde auch schon
einiges beschrieben. Am Samstag liefern die Ensembles für den äußersten Norden
veritable Wahrscheinlichkeiten für Bft 10, nur geringe für Bft 11. Das 90%
Perzentil zeigt Böen ganz im Norden nahe 30 m/s und auch EFI deutet ein
signifikantes Windereignis im Norden an. Von der Sturmlage im Norden darf man
wohl ausgehen ...
Am Sonntag werden die Signale für Sturm etwas schwächer, weiten sich aber bis in
die Mitte und den Südosten hin aus. Das 90% Perzentil im ECM EPS schwankt über
der Mitte und dem Südosten etwa an der Grenze Bft 9/Bft 10. Das ICON EPS
simuliert nicht ganz in der Stärke des Hauptlaufs. Die Böen des 90% Perzentils
liegen unter dem Output des deterministischen ICON. Der Sturm am Sonntag ist
damit nicht vom Tisch; stürmisch wird es wohl werden, nach einer schweren
Sturmlage sieht es aktuell aber nicht aus.
Mit Passage der Welle fällt auch Einiges an Regen, vom Nordwesten bis in die
östliche Mitte. Hier simulieren die deterministischen Modelle in 24 Stunden von
Sonntag 00 bis Montag 00 in Staulagen nahe den Warnschwellen von 30 mm/24h. Die
Ensembles, allen voran Cosmo Leps, haben geringe Wahrscheinlichkeiten für
warnrelevante Niederschlagsmengen im Programm.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS EPS, MosMix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Bernd Zeuschner