DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

03-02-2020 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 03.02.2020 um 10.30 UTC



Nach vorübergehender Wetterberuhigung erneut windig bis stürmisches und
unbeständiges Westlagenwetter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 10.02.2020


Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am kommenden Donnerstag wird das Wetter
in Deutschland durch einen kräftigen Rücken geprägt, der sich vom westlichen
Mittelmeerraum und der Iberischen Halbinsel bis zu den Britischen Inseln und der
Nordsee erstreckt und am Boden mit einem ausgeprägten Hoch mit Schwerpunkt
Südwestdeutschland korreliert. Einhergehend liegen die nördlichen und östlichen
Landesteile auf der Ostflanke des Hochs in einer nordwestlichen Strömung, die
das Wetter leicht unbeständig gestaltet. Im Stau des Erzgebirges und des
östlichen Alpenrands kann es auch noch etwas mehr oder schneien.
Der Höhenrücken wird dabei von einem Langwellentrog über dem Ostatlantik
gestützt, der durch einen nachschiebenden kräftigen Kurzwellentrog an Intensität
zulegt. Zwischen dem Langwellentrog über Osteuropa und dem nachschiebenden Trog
vom Atlantik wird die Wellenlänge des Rückens deutlich verkürzt und ein
Dissipationsprozess eingeleitet. Der Startschuss für die Umstellung der
Wetterlage wieder hin zu einer Westwetterlage ist damit erfolgt.

Schon am Freitag dreht die Strömung auf eine südwestliche Komponente und auf der
Vorderseite des atlantischen Troges greift von Westen WLA auf Deutschland über.
Erste nennenswerte Niederschläge simuliert das IFS aber erst im Umfeld der
Kaltfront, die nach neusten Berechnungen ab Samstagnachmittag Deutschland von
Westen erreicht und in der Höhe mit durchschwenken eines kurzwelligen Anteils
verknüpft ist.

Rückseitig stellt sich auf der Südseite des steuernden hochreichenden
Tiefdrucksystems bei Island eine stramme zonale Höhenströmung ein, mit der
weitere Randtiefs ostwärts geführt werden. Schon zum Sonntag setzen demnach mit
Übergreifen von WLA im Westen Aufgleitniederschläge ein. Die Temperaturen auf
850 hPa steigen gleichzeitig auf Werte zwischen 0 und 5 Grad. Die nachfolgende
Kaltfront soll nach IFS ab Montagfrüh von Nordwesten das Land erreichen und bis
Dienstagnacht südostwärts überqueren. Mit Winddrehung auf West- Nordwest fließt
erneut Luft polaren Ursprungs ein und lässt die Temperaturen auf 850 hPa auf
Werte zwischen -2 und -7 Grad absinken.

Schwache Rücken mit geringer Amplitude bringen nur kurzzeitig Wetterberuhigung,
ansonsten sorgt die Westwetterlage für einen unbeständigen Witterungsabschnitt.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle 00 UTC Lauf des IFS zeigt zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums
eine gute Vorhersagekonsistenz zu den Vorläufen. Im Norden und Osten wurde
allerdings die kleine Störung am Freitag nahezu komplett zurückgerechnet, sodass
nun kaum noch Niederschläge fallen.
Im Verlauf nehmen die Abweichungen des heutigen IFA-Laufes jedoch signifikant
zu, wenngleich die großskaligen Strukturen grundsätzlich erhalten bleiben. Die
Umstellung der Wetterlage hin zu einer windigen bis stürmischen Westlage mit
Niederschlägen wird nun deutlich rascher simuliert. Zum Ende des mittelfristigen
Zeitraums, nach Abschluss der Wetterumstellung, ist abgesehen von geringfügigen
zeitlichen Unterschieden wieder eine gute Konsistenz des aktuellen IFS Laufes zu
den Vorläufen zu verzeichnen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch andere Globalmodelle (GFS, ICON, GEM, etc.) zeigen übereinstimmend die
Umstellung der Wetterlage hin zu einer unbeständigen und windig bis stürmischen
Westwetterlage. Unterschiede sind vor allem bei der Entwicklungsgeschwindigkeit
zu verzeichnen. Das GFS lässt den Rücken am schnellsten abflachen. Nachfolgend
kann der atlantische Trog rascher ostwärts vorankommen. Beim ICON wird dagegen
der blockierende Rücken samt korrelierenden Bodenhoch am stärksten gezeigt,
sodass das Voranschreiten der Wetterumstellung beim deutschen Modell etwas
ausgebremst wird. Das GEM zeigt von der räumlichen Verteilung des Geopotentials
und des Luftdrucks zum IFS vergleichbare Ergebnisse, wobei das Bodenhoch etwas
kräftiger simuliert wird. Im Verlauf wird von allen Modellen eine Westwetterlage
mit einer im Mittel zonalen Grundströmung prognostiziert. Vor allem die
Vorhersagen des IFS und des GFS stark an. Das GEM zeigt ebenfalls ähnliche
Strukturen, jedoch mit einer etwas stärkeren Südwestkomponente. Das ICON weicht
am meisten vom IFS und GFS ab, indem es die ostwärts verlagernden
Trog-Rücken-Strukturen intensiver und mit größerer Amplitude simuliert. Während
beim GFS und IFS die Frontensysteme, vor allem die Kaltfronten, aufgrund der
teils Strömung parallelen Lage nur langsam das Land überqueren, sorgen die
stärkeren meridional Komponenten beim ICON für eine schnellere Verlagerung
dieser.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen verschiedener Städte in Deutschland zeigen für eine
Wetterlagenumstellung bei der Temperatur eine relativ hohe Vorhersagegüte. Der
größte Spread und somit die größten Unsicherheiten bei der Temperaturprognose
sind im Norden und Osten zu verzeichnen, die auf Diskrepanzen bei der
Geschwindigkeit des Umstellungsprozesses beruhen. Im Süden zeigt dagegen ein
relativ kleiner Spread bis Sonntag in Raum und Zeit konsistente Ensemblemember.
Ab Sonntag nehmen die Unsicherheiten landesweit zu, wenngleich die meisten
Modellmember vergleichbare Ergebnisse liefern.
Bei den Rauchfahnen des Geopotentials in 500 hPa ist eine langsame und konstante
Zunahme der Unsicherheiten zu erkennen. Bis Sonntag sind sich dabei nahezu alle
Modellläufe des ENS bei der Entwicklung einig, sodass ein kleiner Spread für
eine sehr gute Vorhersagegüte des Modells spricht.
Die Meteogramme stützen die Aussagen der Rauchfahnen.

In der Clusteranalyse werden für den Zeitraum +72h bis +96h insgesamt drei
Cluster angeboten, die die Unsicherheiten in der Luftdruck- und
Geopotentialverteilung hinreichend erklären. Dabei zeigen alle Interpretationen
einen kräftigen Rücken über Westeuropa, der von zwei Langwellentrögen in die
Zange genommen wird. Vor allem der Langwellentrog über Osteuropa weist dabei
eine große Amplitude auf und erstreckt sich bis nach Ägypten. Zudem kann auch
der Trog über dem Nordatlantik an Intensität zulegen und entsprechend die
Amplitude vergrößern. Die Unterschiede zwischen den Clustern sind insgesamt als
gering anzusehen und beziehen sich überwiegend auf die Stärke der Druckgebilde
sowie etwaiger kurzwelliger Anteile. Haupt- und Kontrolllauf befinden sich in
Cluster 2.
Der Zeitraum von +120h bis +168h umfasst die schon im deterministischen
Modelllauf gezeigte Umstellung der Wetterlage. Die Abweichungen werden dabei
durch zwei Cluster ausgedrückt. Die Ensemblemitglieder in Cluster zwei zeigen
eine stärke Blockierung durch den Rücken, sodass die Umstellung in diesem Fall
ähnlich zum ICON langsamer voranschreitet. Bei Cluster 1 schwächelt der Rücken
schneller und wird rasch nach Osten abgedrängt, sodass der Trog von Westen
nachstoßen und den Umstellungsprozess beschleunigen kann. Das Cluster 1 wird von
30 Member sowie auch von Haupt- und Kontrolllauf gestützt. Cluster 2 versammelt
21 Modellläufe hinter sich.
In der erweiterten Mittelfrist beschreiben sechs Cluster die Unsicherheiten in
der Geopotential- und Luftdruckverteilung, wobei alle Cluster und nahezu auch
alle Zeitschritte dem Schema einer positiven NAO zugeordnet sind. Entsprechend
zeigen alle Cluster vergleichbare großskalige Strukturen. Unterschiede gibt es
vor allem beim Timing und der Intensität möglicher kurzwelliger Anteile sowie
durch schwenkenden Rücken.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Von der Probabilsitik gibt es zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am
Donnerstag lediglich an der östlichen Ostsee sowie in den Hochlagen noch geringe
Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen.
Nach vorübergehender Wetterberuhigung ohne signifikante Wettererscheinungen
kommt ab dem Wochenende wieder Schwung in die Wetterküche.

Demnach stützen am Sonntag beim EZ-EPS in der Nordwesthälfte 40 bis 80%, im
Osten und Süden 0 bis 40% stürmische Böen oder Sturmböen (Bft 8-9). Für schweren
Sturm (Bft 10) sprechen beim EZ-EPS 10 bis 40%, mit den höchsten Werten an der
Grenze zu den Niederlanden, an der Nordsee sowie in den Hochlagen der
Mittelgebirge. Zudem gibt es derzeit von der Eifel über das Emsland bis nach
Nordfriesland Hinweise bis zu 20% für einzelne orkanartige Böen (Bft 11). Die
klimatisch überdurchschnittlichen Windgeschwindigkeiten werden auch von EFI
angezeigt.
Neben dem Wind ziehen auch kräftige Niederschläge durch, die von
Schleswig-Holstein bis nach Rheinland-Pfalz auch länger anhalten können. Vor
allem in den westlichen Mittelgebirgen gibt es dabei vom EZ-EPS Hinweise von 2
bis 12% für das Überschreiten der Dauerregenschwelle von 30 l/qm/24h.

Am Montag hält der stürmische und unbeständige Wettercharakter an. Mit Ausnahme
der Regionen südlich der Donau zeigt das EZ-EPS landesweit Wahrscheinlichkeiten
von 50 bis 100% für stürmische Böen oder Sturmböen (Bft 8-9). Schwere Sturmböen
werden westlich der Elbe und nördlich der Donau beim EZ-EPS von 35 bis 60%, in
Hochlagen der Berge und an der Nordsee von bis zu 75% gestützt. Sonst sind es 5
bis 30%. Für orkanartige Böe oder Orkanböen (Bft 11-12) gibt es Hinweise von 10
bis 30%, in den Hochlagen bis 45%.
Die länger anhaltenden Niederschläge sind am Montag eher in der Südhälfte zu
finden, wo es nach Leseart des EZ-EPS vor allem im Schwarzwald und im Allgäu
Hinweise von 5 bis 20% für das Erreichen der Dauerregenschwelle von 30 l/qm/24h
gibt.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ-EPS, det. EZ, bei den Temperaturen auch MosMix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel