DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

29-01-2020 12:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 29.01.2020 um 10.30 UTC



Zeitweise stürmisch, am Sonntag schwere Sturmlage nicht ausgeschlossen. Extrem
mild.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 05.02.2020


Am Samstag liegen wir unter einer leicht mäandrierenden, aber strammen
westlichen Strömung mit der Tiefausläufer über Mitteleuropa nach Osten gesteuert
werden. An diesem Tag zieht ein flacher Trog über die Nordsee nach Osten, vor
dem die Kaltfront eines Tiefs über Südskandinavien im Tagesverlauf bis nach
Süddeutschland vorankommt.
Die Luftmasse dahinter ist alles andere als kalt, davor sowieso nicht, weshalb
bei guter Durchmischung verbreitet zweistellige Temperaturen zu verzeichnen sein
werden. Im Süden sind auch um 15 Grad möglich. Die gute Durchmischung wird durch
den nach wie vor großen Gradienten und dem teilweise stürmischen Wind
verursacht. Im Bergland stehen mindestens schwere Sturmböen an, in tiefen Lagen
und an der See stürmische Böen oder Sturmböen.
Am Sonntag soll sich am Okklusionspunkt eines bis dato steuernden Tiefs westlich
von Irland ein Teiltief bilden, das über Norddeutschland ostwärts zieht. An
dessen Südflanke verstärkt sich dann der Gradient noch einmal deutlich, was
verbreitet Sturmböen, teilweise schwere Sturmböen zur Folge haben kann. Im
Bergland stünden dann häufig Orkanböen, teilweise extreme Orkanböen an. Die
(schwere) Sturmlage ist aber noch nicht in trockenen Tüchern (siehe
Folgeabschnitte). Auch deshalb nicht, weil die Lage zum Jet in 300 hPa nicht
ganz klar ist, der mit 150kt von Westeuropa Richtung Deutschland weist. Sowohl
stärkere (gestern 00z) als auch deutliche schwächere Entwicklungen sind denkbar.

Am Montag dreht die starke Höhenströmung vor einem flachen, aber breiten
Höhenrücken über Westeuropa etwas mehr aus nordwestliche Richtungen und das
Sturmtief dürfte rasch nach Osteuropa abziehen. Eine wirkliche Wetterberuhigung
gibt es aber eher nicht. Von Westen her greift die Warmfront eines Tiefs
westlich der Biskaya über, allerdings ist der Gradient dann natürlich deutlich
aufgefächert. Sehr windig, im Bergland stürmisch bleibt es aber allemal. Es
gelangt weiter sehr milde Luft zu uns, in den Süden setzt die Zufuhr einer
Meeresluft subtropischen Ursprungs ein, in der 16 bis 17 Grad zu erwarten sind.
Das es, wie auch an den Vortagen, immer wieder regnet, ist eigentlich fast klar.

Am Dienstag wird ein markanter Rücken über dem Nordatlantik für uns interessant.
An seiner Ostflanke erfolgt ein massiver Kaltluftvorstoß einmal Richtung
Skandinavien, dann zu den Britischen Inseln. Dabei kann sich über der Nordsee
ein kräftiges Sturmtief bilden, welches zum Mittwoch zur Ostsee und Nordpolen
weiterziehen soll. Während am Dienstag sich die Zufuhr der extrem milden
Meeresluft subtropischen Ursprungs (+12°C in 850 hPa) in den Süden noch
verstärken könnte, erreicht uns auf seiner Rückseite ein Schwall kalter
Polarluft von Norden her. Die Temperatur soll im Süden auf um -5°C in 850 hPa
zurückgehen, im Norden bis nahe -10°C. Ob diese extreme Variante wirklich so
kommt, bleibt natürlich noch unsicher. Es gäbe nach dieser Lösung an beiden
Tagen bis in tiefe Lagen teils schwere Sturmböen, im Bergland häufig Orkanböen.
In der erweiterten Mittelfrist deutet sich eine Blockierungslage mit kräftigem
Höhenrücken und deutlich kälteres Wetter bei uns an. Allerdings auch bei rasch
zunehmendem Hochdruckeinfluss und teilweise mit Dauerfrost bis ins Flachland.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des IFS Modells ist in den letzten Läufen gut, zumindest was die
großräumigen Strukturen angeht, sprich: die Großwetterlage. Die zyklonale
Westlage geht erstmal weiter und erst zum Ende der Mittelfrist erfolgt eine
Umstellung zu kälterem Wetter. Die Abläufe im Detail sind aber eher unsicher,
was an der variierenden Simulation der kurzen Wellen liegt. Die Sturmlage für
den Sonntag wird nur leicht modifiziert in den letzten 3 Läufen gezeigt. Die
Abläufe zum Ende der Mittelfrist, während der Umstellungsphase, sind im letzten
Lauf neu und aus dieser Sicht auch unsicher.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Grundsätzlich gilt für diesen Abschnitt, das zuvor geschriebene. Die kurzen
Wellen sind unsicher, während die großräumigen Strukturen passen. Es geht
teilweise extrem mild, wechselhaft und sehr windig weiter. Echte Alternativen
lassen sich kaum herausarbeiten. Die Sturmlage am Sonntag fehlt in GFS und ICON.
Allerdings deutet ICON im 06z Lauf eine wenigstens ähnliche Entwicklung wie IFS
an, wenn auch deutlich schwächer, während GFS von einem Sturm so gar nichts
wissen will. Die Entwicklung nächsten Dienstag/Mittwoch ist sehr unsicher. ICON
lässt die kältere Luft am schnellsten zu uns reinkommen, räumt sie allerdings am
Mittwoch schon fast wieder aus. Eine Blockierung stellt sich gar nicht erst ein.

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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Anhand der Rauchfahnen diverser deutscher Städte stützen die Ensembles die
Aussagen des operationellen Laufs. Sie zeigen einen ähnlich, für die zyklonale
Westlage typischen Verlauf mit wiederholten Niederschlägen und leichten Wellen
beim Temperatur- und Geopotentialverlauf. Ab Dienstag streuen die Läufe sehr
stark; eine ähnliche Sturmentwicklung wie der Hauptlauf deuten einige
Ensemblemember 12 bis 18h Stunden früher an.
In der erweiterten Mittelfrist geht es in den meisten Ensembles rascher wieder
aufwärts bei T850 und Geopot500, als im Hauptlauf. Weshalb der Trog
möglicherweise schneller abwandert und der Hochdruckeinfluss rascher greift.
Auch ist die T850 bei solchen Lagen kaum aussagekräftig für die 2m Temperatur;
die kalte Luft kann bodennah schließlich auch konserviert werden.
Die Clusterung zeigt bis zum Ende der Mittelfrist 3 Cluster, die sich zwar
etwas, aber eigentlich nicht größer unterscheiden. Auch der Übergang zum
"atlantic ridge" am Ende ist bei allen Clustern zu finden. In der erweiterten
Mittelfrist werden 5 Cluster gebildet, die sich stark unterscheiden, so dass für
diesen Zeitraum nur noch bedingt verwertbare Aussagen getroffen werden können.
Die Lösungen die ein Blocking zeigen, mit hohem Geopotential und entsprechend
stark antizyklonal geprägtem Wetter überwiegen aber.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Signifikant sind mittelfristig vor allem der Wind bzw. der Sturm. Im Bergland
kann man schon fast von einer Dauersturmlage sprechen, die sich über den
gesamten Zeitraum zieht. Im höheren Bergland zeigen die probabilistischen
Verfahren, aber auch Mos immer wieder Sturmböen bis (exponiert) Orkanböen.
An der See sind aber ebenfalls häufiger stürmische Böen und Sturmböen mit von
der Partie, die freilich zeitweise auch allgemein anstehen. Für die am Sonntag
apostrophierte schwere Sturmlage liegen nun belastbarere Hinweise vor. Die
anderen Modelle wollen zwar immer noch nichts davon wissen, der Sturm taucht
aber im IFS nun konsistent auf und wird in den Ensembleprodukten gestützt. EFI
zeigt ein deutliches Wind- bzw. Sturmsignal vor allem für die Mitte und den
Süden. Auch die Ensembleböen springen an und das 90% Perzentil liegt über der
Mitte und dem Süden verbreitet bei Bft 10/vereinzelt Bft 11.

Die nächste schwere Sturmlage könnte zum Übergang zur kälteren Witterung
anstehen, am Dienstag. Hier fehlen aber noch die Hinweise aus den Ensembles.
Ansonsten zeigen die positiven Temperaturanomalien (beispielsweise im EFI, bis
nächsten Dienstag) dass der Winter zunächst weiter keine Rolle spielt.
Auch Signale für Dauerregen sind nur gering oder nicht vorhanden (höchstens in
Staulagen).
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Basis für Mittelfristvorhersage
Mos, ECM, EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Bernd Zeuschner