Thema des Tages

10-01-2020 08:50

Weltweites Wetter im Blick

Neben dem Wetter in Deutschland interessiert uns Meteorologen auch
das Wetter an entlegenen Orten der Welt. In einer unserer Schichten
arbeiten wir eng mit dem Gemeinsamen Melde- und Lagezentrum von Bund
und Ländern sowie mit der Bundeswehr zusammen. Im heutigen Thema des
Tages bringen wir Ihnen diesen neuen Dienst näher.

Nicht immer richten wir Meteorologen unser Augenmerk auf das Wetter
in Deutschland. Seit geraumer Zeit gibt es in der Vorhersage- und
Beratungszentrale einen neuen Dienst, die sogenannte Schicht
"Produktion Wettergefahren" (WP). In diesem Dienst beschäftigen wir
uns nicht unbedingt nur mit dem Deutschlandwetter, sondern vielmehr
mit internationalen Wetterereignissen. Beispielsweise entgehen uns
weder ein Schneesturm in den USA, noch heftiger Monsun in Indien oder
tropische Stürme über Madagaskar, den Philippinen oder in Australien.
Wir richten unseren Blick hinsichtlich Regen, Schnee und Sturm auf
das weltweite Wetter und bringen die Geschehnisse in einen
klimatischen Zusammenhang: Denn Monsunregen gibt es jedes Jahr in
Indien und nicht immer ist dieser so dramatisch, dass er bezüglich
Überschwemmungen unter Beobachtung bleiben muss. Ebenso gibt es jedes
Jahr Hurrikans über dem Nordatlantik, die auf die Küste Nordamerikas
zu steuern. Auch mit diesen Kapriolen können die Nordamerikaner
umgehen. Schnee in den Alpen ist auch eher selten erwähnenswert.

Wenn das Wetter jedoch extrem wird, haben wir es im Blick, ordnen die
Ereignisse klimatologisch ein und schreiben etliche Berichte. Denn
wir arbeiten in unserer Schicht eng mit dem Gemeinsamen Melde- und
Lagezentrum von Bund und Ländern (GMLZ) sowie der Bundeswehr
zusammen. Anlassbezogen erstellen wir für beide Institutionen
detaillierte Einschätzungen, die wiederum in sogenannten
"Lageberichten" einfließen. Mit diesen Informationen können das GMLZ
oder die Bundeswehr schon mehrere Tage im Voraus aktiv werden. Das
Ziel des GMLZ ist bspw. die frühzeitige, sachgerechte und umfassende
Information über relevante Ereignisse im Bevölkerungsschutz, und zwar
aller Partner, wie der Bundesländer, der Bundesministerien, der
Hilfsorganisationen, des Technischen Hilfswerks (THW), der
Nachbarstaaten, der EU und der NATO.

Doch wie läuft dieser Dienst überhaupt ab? Wie etliche andere
Schichten, beginnt auch diese um 6 Uhr morgens. Zunächst muss sich
der Meteorologe mit dem Wetter in Deutschland beschäftigen. Vom
Nachtdienst noch instruiert, weiß er also schon recht schnell, ob bei
uns in Deutschland heute oder morgen eine Unwetterlage ins Haus
steht, sodass für das GMLZ und auch die Medienschicht eine
entsprechende Grafik zu den anstehenden Unwetterereignissen
angefertigt werden muss. Bevor der Kollege sich aber an die
Erstellung setzt, müssen zunächst noch zwei andere Berichte
erarbeitet werden. In der "Hydrologischen Guidance" und ebenso in der
Mitteilung für das Rheineinzugsgebiet fasst der Meteorologe kurz
zusammen, welche Niederschlagsmengen in Deutschland, respektive dem
Rheineinzugsgebiet, erwartet und in welcher Form diese fallen werden.
Wird es Dauerregen, heftigen Schneefall oder Tauwetter geben? Gibt es
im "European Flood Awareness System" (EFAS) Hinweise auf ein
anstehendes Hochwasserereignis? Wie verhalten sich die gängigen
Wettermodelle zueinander? Gibt es große Unterschiede? Sind sie in
sich stimmig oder wechseln die Vorhersagen von Modelllauf zu
Modelllauf? Der Meteorologe muss sich innerhalb von 90 Minuten ein
umfassendes Bild zur Niederschlagsentwicklung in Deutschland machen
und auf all diese Fragen eingehen.

Anschließend ist Zeit für die o. e. GMLZ-Grafik. Steht eine
Unwetterlage an, wird für das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum sowie
für den Medienmeteorologen die Unwetterlage grafisch aufbereitet.
Direkt im Anschluss wirft der Meteorologe einen ersten Blick auf die
Weltkarte. Wo werden in den kommenden Tagen extreme Wetterereignisse
bzgl. Wind, Regen oder Schnee erwartet? Was sagt unser
Extremwetterindex, der hier beim Deutschen Wetterdienst auf Basis
eines Produkts des Europäischen Zentrums für mittelfristige
Wettervorhersage (EZMW) entwickelt wurde, und bisher schon
präoperationell genutzt wird? Dieser Index hebt Regionen hervor, in
denen auf Basis klimatologischer Informationen sowie unter
Berücksichtigung zahlreicher aktueller Berechnungen extreme
Wetterereignisse simuliert werden. Der Meteorologe schätzt nun auf
Grundlage des Index und der Globalmodelle die Wetterlage in den
Regionen ein und bewertet diese. Er klärt Fragen wie: Ist das Wetter
für das GMLZ oder die Bundeswehr relevant? Wie extrem ist das Wetter?
Wie lange dauern die Ereignisse an? Dann wird mit dem GMLZ
telefonisch abgestimmt, ob eine umfassende schriftliche Einschätzung
erforderlich ist. Bei langandauernden Ereignissen, die vor allem im
europäischen Raum auftreten oder viele deutsche Bürger im Ausland
beeinflussen könnten, werden meist über mehrere Tage hinweg Berichte
angefordert.

Für die Bundeswehr hingegen sind "nur" bestimmte Regionen weltweit
interessant. Treten in diesen Gebieten extreme Wetterereignisse auf,
sind auch für die Bundeswehr, in deutscher und ggf. englischer
Sprache Einschätzungen der Wetterlage anzufertigen. Jede Region wird
dabei einzeln betrachtet, so dass unter Umständen mehr als ein
Bericht geschrieben werden muss.

Nach der Mittagspause wird der oben erwähnte Extremwetterindex
evaluiert, um ihn stetig zu verbessern oder auch hinsichtlich anderer
Wetterereignisse weiter zu entwickeln. Kurz vor Dienstschluss
aktualisiert der diensthabende Meteorologe die "Hydrologische
Guidance" und verabschiedet sich dann um 15 Uhr in den Feierabend.

Der Dienst kann bei mehreren extremen Wetterereignissen weltweit sehr
anspruchsvoll und stressig sein, gibt den Meteorologen aber auch die
Chance, sich in Wetterkapriolen an entlegenen Orten der Erde
einzuarbeiten und direkten Kontakt zum Kunden zu pflegen.

Dipl.-Met. Julia Fruntke
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 10.01.2020

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