Thema des Tages

09-01-2020 09:50

Waldbrände und ihre Wettersysteme

Große Waldbrände können ihre eigenen Wettersysteme erzeugen. Wie dies
funktioniert und welche Folgen das hat, ist im heutigen Tagesthema zu
lesen.

In Teilen von Australien wüten seit Wochen und Monaten katastrophale
Waldbrände, die schon mehreren Menschen das Leben gekostet haben. Sie
haben zudem nach Schätzungen der WWF bereits für mindestens eine
Milliarde Tiere den Tod gebracht und eine Landfläche größer als die
Niederlande zerstört. Über die Ursachen und Hintergründe dieser
verheerenden Brände wurde bereits im Thema des Tages vom 04.01.2020
geschrieben
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/1/4.html).

In den Medien war zuletzt häufiger davon zu hören, dass große Brände
Ihre eigenen Wettersysteme erzeugen und sich dadurch zusätzlich
verstärken und schneller ausbreiten können. Aber warum ist das
überhaupt so und wie kann man sich das genau vorstellen?

Zunächst einmal muss man sich einen ausgedehnten Waldbrand als ein
riesiges Hitzereservoir vorstellen. Die Temperaturen im Bereich der
Brände können Werte zwischen 500 und bis zu 1200 Grad erreichen.
Heiße Luft dehnt sich aus und damit sinkt der Luftdruck. Die Folge:
Es entsteht ein lokales Hitzetief. Diese Art von Tiefdruckgebieten
kennt man auch im mitteleuropäischen Hochsommer. Der Gegenpol sind
die Kältehochs im Winter. Die Hitzetiefs, die durch die Waldbrände
entstehen sind aber verständlicherweise um ein Vielfaches kräftiger
und kleinräumiger. Hinzu kommt ein zweiter Effekt. Warme oder in
unserem Fall besser heiße Luft, ist leichter, als kältere Luft
(geringere Dichte). Damit wird die Luft über dem Waldbrand zum
Aufsteigen gezwungen. Als Folge verstärkt sich das Massendefizit an
Luftteilchen noch und das Bodentief kann sich zusätzlich verstärken.

Nun ist die Natur immer danach bestrebt, einen Ausgleich herbei zu
führen. Wenn also irgendwo Luft fehlt, muss diese von irgendwoher
nachgezogen werden. Für den Massenausgleich muss der Massenüberschuss
aus der Umgebung in Richtung Hitzetief transportiert werden. Dies
geschieht durch den Wind. Durch die enormen Temperaturunterschiede
und das damit kräftig ausgeprägte Tief sind auch die Luftströme sehr
stark. So können zum Teil Windgeschwindigkeiten von 100 km/h erreicht
werden. Man kann sich leicht vorstellen, wie dadurch die Feuer weiter
angefacht werden und sich rasend schnell ausbreiten können. Zudem
können lokale Begebenheiten (z.B. Orographie) auch dazu führen, dass
sich die Windrichtung rasch ändert. Es ist nicht genau bestimmbar,
aus welcher Richtung die fehlende Masse aus der Umgebung nachgeführt
wird. Diese damit zum Teil ständig wechselnden Winde führen zu einem
bezüglich Ausbreitungsrichtung, aber auch ?geschwindigkeit
unberechenbaren Feuer.
Dieses Phänomen der ?Feuerstürme? konnte beispielsweise auch im
Rahmen des Zweiten Weltkrieges und der Bombardierung von Städten mit
Brandbomben beobachtet werden.

Bei den Waldbränden in Australien kam auch noch ein weiterer Aspekt
zum Tragen. Dazu nochmal ein Blick auf einen Sommertag in
Deutschland. Durch die Sonneneinstrahlung kann sich im Tagesverlauf
der Boden sehr stark erwärmen. Wie angesprochen, ist warme Luft
leichter als kalte Luft, sodass sich Wärmeblasen vom Boden ablösen
und aufsteigen. Dabei kühlt sich das Luftpaket ab und die relative
Feuchte steigt. Irgendwann wird Sättigung erreicht und Wolken- und
Niederschlagsbildung setzt ein. Bei passenden meteorologischen
Bedingungen können sich damit Hitzegewitter entwickeln.
Genauso läuft es auch bei den Waldbränden in Australien. Diese können
vereinfacht gesagt als riesige Hitzeblasen angesehen werden, die sich
ablösen und aufsteigen. Durch die enorm hohen Temperaturen kann das
Luftpaket große Höhen erreichen. Während unter normalen Umständen
Gewitter aufgrund der Wetterbedingungen ausgeschlossen gewesen wären,
konnten die Luftpakete durch den Wärmeüberschuss soweit nach oben
steigen, dass schließlich Sättigung einsetzt und sich damit die
Gewitterwolken bilden können. Diese vom Waldbrand induzierten
Gewitterwolken nennt man ?Pyrocumulus?.

Nun würde man denken: ?Gewitterwolken, wunderbar! Der Regen löscht
die Feuer.?. Das ist allerdings zu kurz gedacht. Die erzeugten
Gewitter haben oftmals eine sehr hohe Wolkenbasis. Das heißt, es wird
zwar tatsächlich Niederschlag erzeugt, aber der Weg von der
Unterseite der Wolke bis zum Boden ist enorm weit (mehrere
Kilometer). Durch die Hitze und Trockenheit im Bereich der Feuer,
verdunstet der Niederschlag, bevor er überhaupt den Boden erreichen
kann. Beim Verdunstungsprozess wir der Umgebung Wärme entzogen. Da
kalte Luft nun wieder schwerer ist als warme Luft, können sich
kräftige Fallwinde entwickeln. Statt das Feuer mit Regen zu löschen,
werden diese durch die kräftigen Winde zusätzlich angefacht. Und
natürlich gibt es mit den ?trockenen? Gewittern auch Blitze, die
wiederum neue Brände entfachen können (siehe dazu die angehängte
Grafik unter:
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/1/9.html

Man sieht also, dass große Waldbrände ihr eigenes Wetter erzeugen,
zum Teil sogar Gewitter. Diese sind aber kein Segen, sondern oft
können sie die Situation noch verschlimmern. Häufig ist gegen diese
enormen und unberechenbaren Feuer kaum etwas zu machen. Nur das
Fehlen an weiterem Brandmaterial (z.B. durch Schlagen von
Brandschneisen und kontrollierte Gegenfeuer) oder eine großräumige
Wetterumstellung können schlussendlich die Brände löschen.


Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.01.2020

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