Thema des Tages

17-07-2016 14:40

Hitzewelle oder Hitze-Intermezzo?

Nennen Sie es, wie Sie möchten: Schaukelsommer, Wankelsommer,
Achterbahnsommer, "Hin und Her"-Sommer - das Auf und Ab in diesem
Sommer geht weiter. Nach einer vielerorts kühlen, allenfalls mäßig
warmen, manche würden sagen, recht "wohl temperierten" Wetterphase,
geht es in diesen Tagen wieder steil bergauf. Es wird deutlich
wärmer, in einigen Regionen Deutschlands sogar heiß. Dabei wäre es
schon ziemlich verwunderlich, wenn das beliebte und allseits bekannte
Wort der "Hitzewelle" nicht schnell die Runde machen würde. Viel
zitiert, in der Umgangssprache etabliert und doch ein bisschen
nebulös: Wissen Sie, ab wann man von einer Hitzewelle spricht?

Um gleich ein wenig Dampf vom Kessel zu nehmen, eine eindeutige
Definition wird auch dieser Artikel schuldig bleiben. Einen
allgemeingültigen Terminus gibt es nämlich nicht, vielmehr findet
sich ein regelrechter Bezeichnungs-Dschungel, der an Artenvielfalt
kaum zu überbieten ist. Und das ist nicht mal unsinnig! Denn das
Hitze- oder Wärmeempfinden ist nicht nur subjektiv, Hitze sollte auch
nur relativ zum typischen Wetter- bzw. Temperaturniveau in einer
bestimmten Region für eine bestimmte Jahreszeit gemessen werden. Die
Herangehensweise bei der Berechnung eines "Hitzeindex" und damit die
Auswahl der Messgrößen können je nach "Zielgruppe" zwar auch deutlich
voneinander abweichen, letztendlich berücksichtigen die meisten aber
im Wesentlichen die beiden Hauptfacetten einer Hitzewelle: den
soziologischen Aspekt (abzielend auf die Auswirkungen der Hitze auf
das "alltägliche Leben" bzw. dessen Anpassung) und den
physiologischen Aspekt (abzielend auf die Auswirkungen der Hitze auf
den menschlichen Körper).

Bekanntlich lässt sich aus allem eine Wissenschaft machen. Das gilt,
wie sie sicher unschwer bemerkt haben, auch für die Definition einer
Hitzewelle. Heruntergebrochen auf ein allgemeinverständliches Niveau,
bezeichnet eine Hitzewelle mit soziologischer und physiologischer
Dimension einen länger andauernden Zeitraum mit ungewöhnlich hohen
Temperaturen bei gleichzeitig hoher Luftfeuchtigkeit - salopp
ausgedrückt so richtig schwül-heißes, drückendes Schwitzwetter. In
der Praxis geht man mit der Vereinfachung mitunter noch einen Schritt
weiter, indem man nur noch die Lufttemperatur betrachtet. In
Deutschland spricht man nach TINZ et al. (2008) so z. B. von einer
Hitzewelle, wenn über fünf Tage hinweg eine Höchsttemperatur von über
30 Grad Celsius erreicht wird. Die Weltorganisation für Meteorologie
(WMO) ließ es sich als "tonangebendes Organ" in Belangen der
Meteorologie einst nicht nehmen, auch für die Hitzewelle eine
standardisierte Definition zu postulieren. Laut WMO tritt dann eine
Hitzewelle ein, wenn der vieljährige Durchschnitt der
Tageshöchsttemperatur an einem bestimmten Ort für fünf Tage und mehr
um mindestens 5 Grad überschritten wird.

Zieht man die gebräuchliche "TINZsche Variante" heran, wird es in den
meisten Regionen Deutschlands in den kommenden Tagen kaum für eine
Hitzewelle reichen. Denn der Höhepunkt der nun angelaufenen
Wärmeperiode mit Höchsttemperaturen verbreitet um oder über 30 Grad
wird bereits für die Wochenmitte erwartet. Danach gehen die
Temperaturen von Nordwesten her schon wieder langsam zurück (siehe
die Grafik der Tageshöchsttemperaturen für Hamburg und Freiburg auf
www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/7/17.html). Der äußerste
Norden und Nordosten wird von der Hitze eh nur peripher tangiert.
Unter gebührender Berücksichtigung der Vorhersageunsicherheiten ab
Wochenmitte, könnte es am ehesten im Süden und Südwesten was werden
mit der Hitzewelle. Dort wird es am schnellsten heiß und auch noch
nach Wochenmitte pendeln sich die Höchsttemperaturen möglicherweise
bei Werten um 30 Grad ein.

Der Begriff der Hitzewelle ist im Hinblick der vielfältigen
Definitionsmöglichkeiten überaus dehnbar, die Beantwortung der Frage,
ob eine solche tatsächlich ansteht, daher müßig. Fakt ist, es wird
sehr warm, teils heiß und schwül mit hoher Wärmebelastung - dazu mehr
im morgigen Tagesthema.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.07.2016