DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

28-12-2019 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 28.12.2019 um 10.30 UTC



Zunächst insgesamt weitgehend ruhiges Hochdruckwetter, am Freitag möglicherweise
Übergreifen einer Kaltfront und zurückgehende Temperaturen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 04.01.2020


An Silvester (Dienstag), zu Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraumes,
gelangt Deutschland zunehmend in den Einflussbereich eines Troges über
Fennoskandien, dessen Achse morgens über Schleswig-Holstein zu finden ist. Auf
dessen Vorderseite schwenkt die insgesamt schwach simulierte Kaltfront eines
Tiefs über Nowaja Semlja über die Mitte südwärts und erreicht abends die Alpen.
Sie verliert dabei immer mehr an Wetterwirksamkeit. Markant ist der Rückgang der
Temperatur im 850-hPa-Niveau: Lagen diese 00 UTC mit Ausnahme des äußersten
Nordens noch verbreitet bei 5 bis 9 °C, gehen diese im Tagesverlauf
vorübergehend auf -3 bis 6 °C (von Nordost nach Südwest) zurück, um dann zum
Tageswechsel hin vor allem im Nordosten wieder anzusteigen. Den Norden und
Nordosten streift im Tagesverlauf die Höhenkaltluft des Troges (unter -25 °C in
500 hPa), sodass es dort vereinzelt Schauer geben kann. Erwähnenswert ist noch
der Luftdruckgradient, der im Nordosten und in Teilen Schleswig-Holsteins
durchaus veritabel ist und dort zeitweise für steife, an der Ostsee und evtl.
auch auf Sylt für stürmische Böen sorgt. Postfrontal steigt der Druck rasch
wieder an, abends liegt er südwestlich der Elbe schon wieder verbreitet um oder
meist über 1035 hPa. Mit Aufbau des Hochs wird auch der Gradient
auseinandergezogen, sodass der Wind in der zweiten Tageshälfte rasch nachlässt.
Interessant - wenn für unser Wetter auch (nicht mehr) relevant, ist eine
Schwachstelle im ansonsten kräftigen Höhenrücken über dem nahen Ostatlantik:
Dort findet sich nämlich knapp vor der Bretagne ein Höhentief, das in den
folgenden Tagen nach Süden geführt wird und um das sich der Höhenrücken quasi
herumschlingt.

Am Neujahrstag, Mittwoch, verbleibt Deutschland am Boden unter antizyklonalem
Einfluss, wobei die Divergenzachse des Hochs in etwa am Main zu finden sein
wird. Gestützt wird dieses Hoch durch den breiten Rücken über dem Ostatlantik
und Westeuropa, der sich, wie oben bereits erwähnt, um das Höhentief (mittags
über der Biskaya) herumschlingt. Der Milderungsprozess im 850-hPa-Niveau
schreitet weiter fort. So könnte abends den äußersten Westen die 10-°C-Isotherme
streifen, im äußersten Osten liegt die T850 dann auch nur noch knapp unter 5 °C.
Da Wind fernab der Küste keine Rolle mehr spielt, fehlt es an Durchmischung,
sodass sich natürlich die Frage stellt, inwiefern sich Nebel- und
Hochnebelfelder tagsüber noch halten können und die Milderung in anfälligen
Gebieten entsprechend nicht bis zum Boden durchgegeben wird. Die (doch sehr grob
aufgelösten) Prognosesoundings zeigen eine sehr nah am Boden liegende Inversion,
die es doch gelingen könnte, wegzu"heizen". Im Norden könnte dagegen die um den
Rücken herumgeführte WLA für ein paar mehr Wolken sorgen.

Am Donnerstag fällt der Druck etwas, jedoch bleibt es insgesamt gesehen bei
Hochdruckeinfluss, gestützt durch den mittlerweile diagonal über Deutschland
verlaufenden und bis nach Finnland und Nordnorwegen weisenden Rücken. In weiten
Teilen des Vorhersageraumes erreicht die T850 im Tagesverlauf Werte um 10 °C,
die T500 knapp über -20 °C. Bei verbreitetem Absinken scheint häufig die Sonne,
allerdings zeigt die Bewölkungsprognose des IFS beispielsweise für das
Rhein-Main-Gebiet bis weit in den Tag hinein tiefe Wolken, was für ein teils nur
zähes Auflösen von Nebel oder Hochnebel spricht.

Am Freitag schwenkt die Achse des Höhenrückens weiter südostwärts, der
Bodendruck fällt weiter und von Nordwesten her gelangen wir auf die Vorderseite
eines umfangreichen und mit Höhenkaltluft angefüllten Langwellentroges. Mit
diesem verbunden ist eine Kaltfront, die ab Mittag auf den Nordwesten
übergreifen und sich bis zum Tageswechsel in etwa bis zum Main vorarbeiten soll.
Viel Niederschlag ist indes nicht zu erwarten (meist 0,5 bis punktuell 5 mm/6
h), markanter ist da schon der Rückgang der T850 auf Werte von verbreitet unter
0 °C zum Tageswechsel, im Norden sogar unter -5 °C. Die feste Phase kann dann in
der Nacht zum Samstag in den höheren Lagen der östlichen Mittelgebirge eine
Rolle spielen. Postfrontal gibt es im äußersten Norden bei T500 unter -30 °C
Schauer, für Katluftgewitter ist es aus derzeitiger Sicht nicht labil genug.
Erwähnenswert ist noch der Wind, der vor allem an den Küsten für stürmische, im
küstennahen Binnenland sowie in anfälligen Lagen für steife Böen, in der Nacht
zum Samstag in Nordfriesland vorübergehend auch für Sturmböen sorgt.

Am Samstag erreicht die Kaltfront alsbald die Gebiete südlich der Donau, wo die
Niederschläge zum Teil in Schnee übergehen. An den Alpen kommt es vorübergehend
zu Stauschneefällen, markante Mengen werden aber voraussichtlich nicht erreicht.
Der Rest des Landes befindet sich im Einflussbereich des hereinrückenden Troges,
der seine Wellenlänge immer weiter verkürzt und dessen Achse mittags diagonal
von Nordost nach Südwest über Deutschland liegt. In der hochreichend kalten Luft
(T500 unter -30, im Nordosten teils bis -37 °C) kommt es verbreitet zu Schauern,
die bis in tiefe Lagen als Schneeregen, Graupel oder Schnee fallen. So richtig
liegen bleiben wird der Schnee aber erst oberhalb von etwa 400 m. Das
Temperaturniveau in 850 hPa ist mit -5 bis -9 °C deutlich niedriger als an den
Vortagen. Vor allem an der See weht der Wind weiter mit steifen bis stürmischen
Böen, lässt aber allmählich nach.

In der erweiterten Mittelfrist gelangen wir von Westen her wieder unter
Hochdruckeinfluss und Absinken und es setzt sich erneut mildere Luft durch.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Insgesamt gesehen lässt sich die Konsistenz des neueste IFS-Laufes im Vergleich
mit den Vorläufen über weite Teile als gut bezeichnen. Das im gestrigen
00-UTC-Lauf noch apostrophierte Höhentief, das von der Keltischen See über
Frankreich nach Norddeutschland geführt werden (und am Freitag 12 UTC noch als
Trog über dem Nordosten zu finden sein) sollte, spielt für das Wettergesehen
hierzulande keine Rolle mehr, da es an der französischen Küste weiter nach Süden
zieht. Jedoch ist das Übergreifen der Kaltfront am Freitag von Nordwesten her
noch nicht in ganz trockenen Tüchern: Während der aktuelle und der gestrige
00-UTC-Lauf eine ähnliche Lösung zeigen, bleibt der gestrige 12-UTC-Lauf bei
einem deutlich stärkeren antizyklonalen Einfluss. Für den Samstag zeigt der
aktuelle Lauf eine etwas nördlichere Komponente bei der Boden- und
Höhenströmung, wodurch die -5-Grad-Isotherme im 850-hPa-Niveau bis zu den Alpen
vorankommt (statt nur bis in den Nordosten bzw. in die Mitte).
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Ein Vergleich mit anderen Globalmodellen zeigt bei diesen zunächst keine
grundlegend verschiedenen bzw. für unser Wettergeschehen relevanten Lösungen.
Erwähnen könnte man, dass GFS die T850 am Donnerstag etwa 2 K niedriger
simuliert. Für den Freitag zeigt ICON ein etwas zögerlicheres Übergreifen der
Kaltfront und somit auch des Rückgangs der T850, als es bei IFS der Fall ist.
Der nachfolgende Trog ist bei IFS auch am stärksten ausgeprägt. Bei ICON ist er
zwar vorhanden, aber weit weitem nicht so scharf und mit Kaltluft angefüllt und
streift außerdem mehr, als dass er hereinschwenkt: Während die -6 °C in 850 hPa
am Samstag gerade einmal den äußersten Nordosten tangiert, erreicht diese bei
IFS die Donau. Beim GFS bleibt die Kaltfront am Freitag komplett nördlich von
uns und auch ein Übergreifen eines Troges wird nicht simuliert. So bliebe es
nach Lesart des GFS bei deutlich milderen Temperaturen (Samstag zwischen -3 und
+3 °C in 850 hPa) weiter bei antizyklonalem Einfluss, sowohl in der Höhe als
auch am Boden.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Bei der Betrachtung der Rauchfahnen für eine repräsentative Auswahl deutscher
Städte zeigt sich, dass die Kurvenscharen sowohl für die T850 als auch für das
Geopotenzial in 500 hPa bis einschließlich Donnerstag sehr stark gebündelt sind.
Während für Hamburg noch eine Vielzahl von Membern am Dienstag (schwache)
Niederschlagssignale bringt, werden diese immer rarer, je weiter man nach Süden
kommt. Für München zeigen nur noch zwei bis drei Member überhaupt ein Signal.
Ab Freitag laufen sie etwas bis moderat auseinander, selbst die wärmsten Member
zeigen einen Abwärtstrend bei der T850. Auch beim Geopotenzial machen die
meisten Member den deutlichen Knick nach unten mit, was für den Trogeinfluss am
Samstag spricht. Für die Kaltfront und den Trog am Samstag sprechen zudem die
deutlich vorhandenen Niederschlagssignale einer großen Anzahl von Membern.
Insgesamt gesehen liegt der deterministische Modelllauf im Bereich der
wahrscheinlichsten Lösungen für die 850-hPa-Temperatur und das Geopotenzial.

Zwar gibt es für den Zeitraum Dienstag bis Mittwoch (T+72...96h) gleich sechs
Cluster (besetzt mit 14, neun, 3x acht sowie 4 Membern), jedoch zeigen diese für
Mitteleuropa keine wirklich nennenswerten Unterschiede. Interessant ist
vielleicht noch, dass Cluster III eine relativ weit östlich verlaufende Zugbahn
des Höhentiefs zeigt.
Auch für den Zeitraum von Donnerstag bis Samstag (T+120...168h) gibt es sechs
Cluster, die mit 14, zehn, acht, acht, sechs und fünf Membern ähnlich stark
besetzt sind wie im vorhergehenden Zeitraum. Der Kontrolllauf lässt sich dem
dritten, der deterministische Lauf dem vierten Cluster zuordnen. Vor allem ab
Freitag unterscheiden sich die Cluster in der Ausprägung des Troges des von
Nordwesten hereinschwenkenden Troges. So würde dieser beispielsweise nach
Cluster V wenig amplifiziert sein, dafür aber eine große Wellenlänge haben und
primär Nordeuropa beeinflussen. Nach diesem wäre auch ein Übergreifen der
Kaltfront am Freitag nicht gegeben, was insgesamt dem GFS-Szenario entspricht.
Auch nach dem dritten Cluster greift die Kaltfront nicht über. Kurzum: Was am
kommenden Freitag und Samstag passiert, ist noch nicht in trockenen Tüchern.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Dienstag sind an der Ostsee vor allem in der ersten Tageshälfte stürmische
Böen (Bft 8) aus Nordwest bis West wahrscheinlich (IFS-EPS um 70 % an der
vorpommerschen Küste), auf Sylt gering wahrscheinlich. Auf exponierten Gipfeln
des Erzgebirges, des Fichtelgebirges und Bayerischen Waldes kommt es stürmischen
Böen oder Sturmböen (Bft 8-9) aus Nordwest, auf dem Brocken zeitweise schwere
Sturmböen (Bft 10).

Am Mittwoch kann es an exponierten Abschnitte der vorpommerschen Küste
(namentlich Kap Arkona) mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit noch stürmische
Böen (Bft 8) aus West geben.

Am Donnerstag sind unter Hochdruckeinfluss zunächst keine markanten
Wettererscheinungen zu erwarten.
In der Nacht zum Freitag nimmt der Wind allmählich zu, am Freitag ist dann vor
allem an den Küsten mit stürmischen Böen (Bft 8) aus Südwest, in Nordfriesland
sowie auf dem Brocken mit geringer Wahrscheinlichkeit mit Sturmböen (Bft 9) zu
rechnen. Auch am Samstag gibt es an den Küsten weiterhin stürmische Böen,
IFS-EPS stützt dies mit Wahrscheinlichkeiten um 40-50 %.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMix
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VBZ Offenbach / M.Sc. Met. Stefan Bach