DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
27-12-2019 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 27.12.2019 um 10.30 UTC
Mit kurzen Unterbrechungen insgesamt ruhiges Hochdruckwetter
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 03.01.2020
Am Montag, dem ersten Tag des mittelfristigen Vorhersagezeitraumes, liegt
Deutschland unter einem massiven Höhenrücken in 500 hPa, dessen Achse sich zu
Tagesbeginn von Frankreich über Deutschland hinweg nach Nordosten erstreckt. Die
Achse wandert allerdings im Tagesverlauf etwas nach Südosten, so dass sich zum
Abend über Süddeutschland, ausgangs der Nacht zum Dienstag dann über Oberitalien
liegt. Damit gelangt Deutschland auf die Rückseite der Achse, die im Verlauf des
Tages und der Nacht eine immer stärker zyklonale Krümmung aufweist. Dies ist
einem dem Rücken folgenden Trog geschuldet, auf dessen Vorderseite der Norden
insbesondere in der Nacht zu Dienstag liegt, wobei die Trogachse nach
EZMW-Hauptlauf zum Dienstagmorgen das deutsch-dänische Grenzgebiet erreicht. Im
Bodendruckfeld machen sich diese Abläufe derart bemerkbar, dass Deutschland zu
Tagesbeginn unter einem Nord-Süd-Druckgefälle liegt, wobei am Alpenrand mit etwa
1035 hPa der Höchste, im äußersten Norden mit knapp über 1020 hPa der niedrigste
Druck vorherrscht. Daraus resultiert ein überwiegend westlicher Wind, der im
Süden schwach, im Norden aufgrund des dort schärferen Gradienten dagegen mäßig
bis frisch und an der Küste in Böen sogar stark weht (ebenso wie in exponierten
Berglegen). Da mit dem Übergreifen des Troges insbesondere über dem Nordosten
Druckfall einsetzt, kippt im Tagesverlauf und in der Nacht die Strömung auf
Nordwest bis Nord, und da der Gradient dann nochmals etwas anzieht, kommt es in
der Nacht in Verbindung mit dem zunehmend auflandigen Wind vermehrt sogar zu
stürmischen Böen oder in exponierten Lagen zu Sturmböen. Dabei sollte das
Windmaximum mit Passage der zugehörigen, aber insgesamt schwach ausgeprägten
Kaltfront verbunden sein, die bis zum Morgen die Mitte Deutschlands erreicht. Im
850er Niveau liegen die Temperaturen anfangs durch um den Rücken herumgeführte
WLA bei über 10 Grad im Norden und 2 Grad im äußersten Südosten. Während im
Süden dabei allmählich eine Milderung einsetzt, sinken im Norden und Nordosten
die 850er-Temperaturen rapide und sollen zum Dienstagmorgen teils unter -3 Grad
liegen. Die in der Höhe (500 hPa) in den Trog eingelagerte Kaltluft mit Werten
unter -33 Grad wird den Nordosten wohl nur steifen (zumindest nach dem
EZMW-Hauptlauf), die dort durch die Höhenkaltluft hohe Labilität lässt aber
einzelne Schauer erwarten, die, wenn sie kräftiger ausfallen, auch mal bis in
tiefe Lagen Graupel erwarten lassen. Dabei liegen im in der Nacht Wolkenärmeren
Süden die Tiefstwerte im Frostbereich, der Norden bleibt bei durch den frischen
Wind guten Durchmischung und mehr Wolken frostfrei.
Am Dienstag erreicht die wenig wetterwirksame Kaltfront die Alpen, auf ihrer
Rückseite steigt der Druck rasch an, so dass sich im Südwesten schon am Abend
wieder ein Hoch mit Kerndruck über 1035 hPa etablieren kann, das sich in der
Nacht auf den Südosten ausdehnt. Dieses Hoch wird von einem neuen, erneut sehr
ausgedehnten Rücken gestützt, der sich von den Kanaren bis nach Island erstreckt
und insbesondere in seinem nördlichen Teil ostwärts vorankommt, so dass
Deutschland von seiner Vorderseite profitiert. Daran ändert auch ein
kleinräumiges, in den Rücken eingebettetes Höhentief nichts, das von der
keltischen See in die Bretagne zieht. Da überdies stattdessen der Trog über dem
Nordosten in Richtung Osteuropa abzieht und in der Folge auch in 500 hPa die
Temperaturen steigen, stabilisiert die Schichtung, was weitgehend trockene
Verhältnisse erwarten lässt. Auch im 850er Niveau steigen die Temperaturwerte
an, sie liegen ausgangs der Nacht im Westen um 6, im Osten knapp über null Grad.
Da mit dem Druckanstieg der Gradient auseinandergezogen wird, lässt der Wind
nach, der Nordosten du die Berglagen sind aber anfangs noch von steifen oder
einzelnen stürmischen Böen betroffen. Die Höchstwerte liegen im Norden zwar bei
bis zu 8 Grad, allerdings nach einer vergleichsweise milden Nacht. Im Süden
liegen die Maxima unter Dauernebel teils nur knapp über null Grad. Die Nacht zu
Mittwoch verläuft im Norden wieder frostfrei, im Süden tritt dagegen verbreitet
leichter, lokal auch mäßiger Frost auf.
Am Mittwoch nähert sich der kräftige Rücken zögerlich Mitteleuropa, seine Achse
greift in der Nacht zu Donnerstag auf den Nordwesten Deutschlands über. Das
kleinräumige Höhentief über Westfrankreich kommt zwar etwas nach Süden, aber
kaum nach Osten voran, womit es zumindest nach dem EZMW-Hauptlauf weiterhin
keinen nennenswerten Einfluss auf unser Wetter hat. Allgemein herrscht Absinken
vor, es bleibt weitestgehend Niederschlagsfrei. Der hochreichende
Milderungsprozess schreitet voran, im 500er Niveau steigen die Temperaturen bis
zum Donnerstagmorgen auf über -20 Grad, im 850er Niveau liegen die Werte im
Westen bei über 8 Grad. Wind ist unter Hochdruckeinfluss kein Thema, allerdings
sorgt das Absinken für verbreitete Wolkenauflösung, sodass es nur küstennah
frostfrei bleibt. Zum Morgen liegen im Norden die Werte gebietsweise, im Süden
verbreitet unter null Grad.
Am Donnerstag bleibt Deutschland im Einflussbereich des Höhenrückens, wobei
dieser über das Vorhersagengebiet in südöstlicher Richtung hinwegschwenkt. Dabei
bleibt weiterhin hoher Luftdruck wetterwirksam, allerdings verlagert sich das
Hoch nach Südosten, sodass wir zunehmend auf dessen Nordwestflanke gelangen, wo
die Bodenströmung anfangs noch antizyklonal, in der Nacht zum Freitag dann aber
zunehmend zyklonal konturiert ist. Allerdings sind mit dieser Umstellung nach
dem EZMW-Hauptlauf noch keine nennenswerten Niederschläge verbunden. Die
850er-Temperaturen bleiben meist im positiven Bereich, wobei sowohl die
Temperatur- als auch die Niederschlagsprognosen durch einen kleinen, aber
markanten Kurzwellentrog mit einer gewissen Unsicherheit behaftet sind.
Erst am Freitag greift von Westen ein Langwellentrog auf Deutschland über, mit
dem auch ein (teil-)okkludiertes Frontensystem verknüpft ist, das allerdings
eindeutig Kaltfrontcharakter aufweist. Am Tage greift von Nordwesten ein
Niederschlagsband bis zur Mitte aus, in der Nacht erreicht dieses dann den
Südosten. Mit Durchzug des Niederschlagsbandes sinken die 850er-Temperaturen
deutlich ab, sie liegen auf dessen Rückseite zum Samstagmorgen nur noch zwischen
-1 und -5 Grad, positiv bleiben sie nur noch im äußersten Südosten. In
Verbindung mit den deutlichen Temperaturrückgang können die Niederschläge in
höheren Lagen auch wieder in Schnee übergehen.
In der erweiterten Mittelfrist zieht am Samstag der Trog über uns hinweg, am
Sonntag schiebt sich dann schon wieder ein neuer Rücken ins Vorhersagegebiet.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Übereinstimmung der letzten EZMW-Modellläufe ist bis in die erste
Wochenhälfte weitgehend zufriedenstellend, Als problematisch in der Simulation
entpuppt sich ein Höhentief, das am Montag vom Atlantik zur Keltischen See und
bis zur Wochenmitte nach Westfrankreich zieht. Dieses hat der gestrige
00-UTC-Lauf erst für den Dienstag, allerdings mit deutlich anderer Lage und
Intensität, auf dem Schirm. Das gilt entsprechend für den Bodendruck, bei dem
der aktuelle und der gestrige 12-UTC-Lauf am Dienstag um 00 UTC südwestlich von
Irland schon das mit dem Höhentief korrespondierende Bodentief zeigen, während
der gestrige 00-UTC-Lauf dort eine Hochdruckzone vorhersagt (und beharrlich bis
in den Mittwoch beibehält). Bezüglich des kleinen Höhentiefs ist die
Übereinstimmung des aktuellen und des gestrigen 12-UTC-Laufes gut,
erfahrungsgemäß heißt das bei solch kleinräumigen Strukturen aber nicht, dass
dies auch in Zukunft so bleibt. Insofern könnte das Höhentief, so es denn
dauerhaft in den Vorhersagen erhalten bleibt, eventuell auch den Westen
Deutschlands beeinflussen, was es nach dem aktuellen deterministischen Lauf
nicht tut.
In der zweiten Wochenhälfte simuliert der aktuelle Lauf das Übergreifen der
Front am Freitag deutlich anders als die Vorläufe. Dabei wird der zugehörige
westeuropäische Trog vom aktuellen Lauf sehr markant mit scharfer Achse
dargestellt, während der Vorlauf zwar grundsätzlich eine Trogstruktur,
allerdings deutlich gleichförmiger gekrümmt, aufzeigt. Dabei soll die Front nach
dem gestrigen 12-UTC-Lauf etwas schneller nach Südosten vorankommen als im
aktuellen Lauf (Lage Freitag 12 UTC: aktuell Nordwesten Deutschlands, Vorlauf
Mitte/Süden Deutschlands). Einen Gegenpol zu den beiden genannten Läufen bildet
der gestrige 00-UTC-Lauf, der zum besagten Zeitpunkt über Westeuropa eher einen
flachen Rücken andeutet. In der Folge zeigen auch die Felder der 700-hPa-Feuchte
oder auch die 850er-Temperaturfelder deutliche und teils sogar gegenläufige
Muster.
Da die Modelle auch im Weiteren nicht mehr zusammenlaufen, muss die
Übereinstimmung in der zweiten Wochenhälfte als weniger zufriedenstellend
eingeschätzt werden.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Die Abschätzung des kleinräumigen Höhentief sowie des zugehörigen Tiefs in der
ersten Wochenhälfte entpuppt sich auch im internationalen Vergleich als echte
Herausforderung. Betrachtet man einen Modellpool aus ICON, EZMW, GFS und LFPW,
so zeigen zwar alle das Höhen- wie auch das Bodentief, die Lage des Bodentiefs
müsste man aber am Montagmittag zusammenfassend mit "irgendwo vor der Südwest-
bzw. Westküste Irlands" beschreiben. Neben der Positionsunschärfe scheint auch
der Kerndruck nicht einfach abzuschätzen zu sein, diesen simuliert ICON zum
besagten Zeitpunkt unter 1010 hPa, die anderen Modelle jedoch darüber,
gleichzeitig aber unter 1015 hPa. Letztendlich pflanzt sich die Streuung der
Modelle fort, am Dienstag um 06 UTC soll das Tief laut ICON vor der walisischen
Küste, laut GFS an der Westspitze der Bretagne, laut EZMW aber südlich von
Irland liegen. Gemeinsam haben die Modelle aber die Einschätzung, dass das
Höhen- und Bodentief Deutschland, zumindest zu diesem Zeitpunkt, nicht
beeinflussen. Da im weiteren Verlauf nach ICON das Höhentief in den Raum Paris
und damit von allen Modellen am nächsten an Deutschland heranziehen soll, könnte
nach diesem auch der Einfluss auf Deutschland am größten sein. Bezüglich der
Kaltfront, die Deutschland von Montagabend bis Dienstag von Nord nach Süd
überqueren soll, zeigen sich die Modelle einheitlich zurückhalten bezüglich
ihrer Wetterwirksamkeit.
In der zweiten Wochenhälfte ist die Frage der Abschätzung der Kaltfrontpassage
am Freitag die dominante. Dabei simuliert EZME nicht nur einen sehr markant
geschnittenen Trog, sondern auch ein ebensolches Bodendruckfeld mit kräftigem
Isobarenknick. Gleichmäßiger gekrümmt zeigen sich die Verhältnisse dagegen bei
GFS oder ICON, wobei zu konstatieren ist, das beide letztgenannten Modelle
sowohl einen Trog als auch, insbesondere GFS, ebenfalls einen erkennbaren
Isobarenknick liefern. Für die eventuelle Phasenverschiebung der Frontpassage
kann man die 850er Temperatur verwenden, wobei dies natürlich grundsätzlich
kältere oder wärmere Bedingungen zwischen den Modellen außer Acht lässt.
Verfährt man dennoch so, so greift die Front die ICON am schnellsten, bei EZMW
dagegen am zögerlichsten nach Osten aus. Bei EZMW kommt das Problem des
markanten Kurzwellentroges dazu, den GFS oder ICON in dieser Form nicht
aufweisen. Insgesamt scheinen sich die Modelle bezüglich der Frontpassage am
Freitag eher einig zu sein als bezüglich des kleinräumigen Höhen- und Bodentiefs
in der ersten Wochenhälfte.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Zu Beginn des Mittelfristzeitraum (+72 bis +96 Stunden) werden die
EZMW-Ensembles in 2 Cluster unterteilt, einer mit 35, einer mit 16 Mitgliedern
Dabei liegen der Haupt- und der Kontrolllauf im ersten und größeren Cluster, und
beide Cluster liegen in der Kategorie "Blocking". Dabei zeigen die
repräsentativen Geopotentialmuster bei beiden Clustern über Mitteleuropa einen
Rücken, der allmählich nach Südosten wandert.
Im Zeitfenster +120 bis +168 Stunden zeigt sich die zunehmende
Prognoseunsicherheit in nunmehr 5 Clustern mit 15, 14, 9, 8 und 7 Mitgliedern.
Dabei ist der Hauptlauf im Cluster 4, der Kontrolllauf dagegen in Cluster 3 zu
finden. Die hervortretende Gemeinsamkeit der Cluster ist der Wechsel von der
Blockierungslage in die Lage "positive NAO". In den repräsentativen Mustern
macht sich dies in einem Trog bemerkbar, der von Westen herangeführt wird, der
allerdings in den Clustern 1 und 5 eine recht weit nördliche Zugbahn nimmt,
während er im den Clustern 2, 3 und 4 recht weit nach Süden ausgreift.
In der erweiterten Mittelfrist (+192 - +240h) wird die Lage noch etwas bunter,
was insgesamt 6 Cluster bedeutet, deren Mitgliederzahl zwischen 5 und 14
variiert. Bemerkenswert ist, dass der Haupt- und Kotrolllauf beide im mit 7
Mitgliedern zweitkleinsten Cluster liegen. Abgesehen von der Wetterkategorie
"negative NAO" tauchen alle Kategorien auf, wobei sich zum Ende des besagten
Zeitraums eine schwache Tendenz hin zu einer erneuten Blockierungslage zeigt, da
5 der 6 Cluster zum Ende eben diese Blockierungslage aufweisen (Ausnahme:
ausgerechnet der größte Cluster!).
Die EZMW-Rauchfahnen von Offenbach zeigen bis Montag bei 850er-Temperatur und
Geopotential einen Anstieg, wobei die Streuung sehr gering ist. Es folgt am
Dienstag, unter deutlicher Zunahme der Streuung, ein Rückgang bei beiden Werten,
die Streuung der 850er-Temperaturen liegt am Dienstag schon bei etwa 10 Grad (-3
bis +8 Grad). Danach erfolgt wieder ein simultaner Anstieg, ab Donnerstag,
insbesondere aber am Freitag, ein deutlicher Rückgang, wobei mit diesem Rückgang
nochmal eine Zunahme der Streuung verbunden ist.
Die GFS-Ensembles zeigen verglichen mit den EZMW-Ensembles keine neuen
Erkenntnisse.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Abgesehen von Signalen für im Norden am Montag signifikant erhöhte Temperaturen
liefert EFI keine Extremwertaussagen.
Mit der am Dienstagabend die Alpen erreichenden Kaltfront liefert COSMO-LEPS an
den Alpen (speziell im Allgäu) sehr geringe Signale (bis 10%) für mehr als 10 cm
Neuschnee in 12 Stunden (bis Mittwoch 06 UTC).
Darüber hinaus liefert COSMO-LEPS am Montag und Dienstag im Norden und Nordosten
Signale für stürmische Böen und Sturmböen (Binnenland: um 10%, Küste und
Hochlagen: um 50%) sowie Signale für Windböen (Binnenland: bis 50%, Küste und
Hochlagen: bis 100%).
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EZMW-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Martin Jonas