Thema des Tages

22-12-2019 12:20

Ausgeprägtes Föhnereignis am östlichen Bodensee


Vor zwei Tagen gab es in den Alpen einen markanten Föhnsturm. Dieser
brachte nicht nur Orkanböen, sondern teils auch frühlingshafte
Temperaturen mit sich.


Am Freitag, den 20.12.2019, herrschte am östlichen Bodensee bereits
in aller Frühe ein markanter und für die Jahreszeit ungewöhnlich
milder Südwind. Die Erklärung dafür liegt im Föhn, genauer gesagt im
"Südföhn" begründet. Für einen sogenannten "Föhndurchbruch" - also
das Vordringen des Föhns bis ins Alpenrheintal - braucht es
mindestens einen Druckunterschied von 2 hPa, gemessen zwischen
Locarno Monti (Schweiz) und Vaduz (Liechtenstein). Damit der Föhn
auch bis zum östlichen Bodensee durchgreift, ist ein noch etwas
höherer Druckunterschied vonnöten. Am Freitagvormittag lag dieser
zeitweise bei rund 13 hPa! Je höher der Druckunterschied, desto
kräftiger fällt das Föhnereignis aus. Eine detaillierte Beschreibung
der Föhntheorie und Hintergründe findet sich u. a. im Thema des Tages
vom 23.11.2019 unter
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2019/11/23.html.

So wurden morgens um 7 Uhr in Lindau bereits stürmische Böen (Bft 8)
gemessen, die Temperatur lag bei 11 Grad. Außerhalb des Föhngebietes
waren negative Temperaturen vorherrschend. Wenige Stunden später
arbeitete sich der Föhn weiter nach Norden und Westen voran. Auch das
Schussental bekam es ab 11 Uhr mit Föhn zu tun (die Schussen ist ein
Fluss östlich von Friedrichshafen, der von Norden in den Bodensee
fließt; siehe gelbe Markierung in Abbildung 1 und 2).

Die Station Weingarten im Schussental meldete um 11 Uhr noch eine
Temperatur von 0 Grad, eine halbe Stunde später wehte auch dort ein
"laues Lüftchen" und das Thermometer zeigte sage und schreibe 17
Grad. Die relative Feuchte ging im Gegenzug von 95 Prozent auf 35
Prozent zurück. Ein solch markantes und seltenes Föhnereignis ist
allein schon vor dem Monitor für die Meteorologen der MeteoSchweiz
und des Deutschen Wetterdienstes eindrucksvoll, am beeindruckendsten
ist es aber sicherlich direkt an Ort und Stelle.

Die Bewarnung des Bodensees erfolgt in enger Zusammenarbeit der
DWD-Meteorologen in Stuttgart und den Kollegen der MeteoSchweiz in
Zürich im Rahmen des "Sturmwarndienstes Bodensee". Am Freitag wurden
beispielsweise gleich zu Beginn des Föhns Sturmwarnungen ausgegeben.
Eine richtige Entscheidung, wie die Messungen zeigten: Lindau
erreichte im Vormittagsverlauf 85 km/h (9 Bft ? Sturm), Bad Waldsee
im Schussental 65 km/h (8 Bft). Doch besonders eindrucksvoll war eine
Föhnböe in Altenrhein (Schweiz), am Bodensee gelegen. Die Station
meldete 120 km/h (12 Bft ? Orkan), womit das Föhnereignis dort Rang 5
seit Messbeginn einnahm. (An dieser Stelle ein großes Dankeschön für
die unkomplizierte Datenübermittelung der MeteoSchweiz.)


M.Sc. Kai-Uwe Nerding

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.12.2019

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