DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

20-12-2019 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 20.12.2019 um 10.30 UTC



Bis zur Wochenmitte wechselhaft und an den Alpen teils kräftige Schneefälle. Im
Süden windig, Bergland Sturm. Nach Wochenmitte Wetterberuhigung und zunehmende
Frostgefahr in den Nächten. Tagsüber normales bis leicht zu mildes
Temperaturniveau.
__________________________________________________________

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 27.12.2019


Trotz eines stratosphärischen Polarwirbels mit für die Jahreszeit normaler
Intensität deutet die AO die Mittelfrist über einen deutlichen Rückgang auf
negative Werte an. Diese Entwicklung ist ein Hinweis auf erneut weit im Norden
ansetzende Blockierungslagen, was sich zum Ende der Mittelfrist von Kanada über
Grönland bis nach Skandinavien andeutet. Diese blockadelastige Ausgangslage wird
noch weiter verkompliziert durch eine südlich ansetzende Omegalage über dem
Nordatlantik und Europa, die sich durch einen zunehmend blockierenden Keil über
Südwest- du Mitteleuropa äußert. Zum Ende der Mittelfrist versucht dieser gar
mit den positiven Geopotentialanomalien im Norden zu interagieren. Die Folge
dieses blockierenden Überhangs ist eine Verlangsamung der Verlagerung der
Rossby-Wellen im europäischen Raum. Das Resultat dieser Entwicklung ist eine
ausgesprochen unsichere Mittelfrist, wobei je nach Entwicklung des blockierenden
Keils über West-/Mitteleuropa und abhängig von dessen Mobilität zahlreiche
Lösungen möglich sind.

Zum Beginn der Mittelfrist, am Montag, den 23. Dezember, befindet sich
Deutschland noch im Einflussbereich eines umfangreichen Höhentroges. Derweilen
beginnt sich über dem Nordostatlantik ein breiter Keil nordwärts aufzuwölben,
sodass wir vorübergehend in eine zyklonal geprägte Westwindlage geraten.
Eingebettet in diese Strömung sind mehrere Tiefdruckgebiete. Eines soll über die
Deutsche Bucht ostwärts nach Südschweden driften und eine schwache Okklusion
über Deutschland verlagern lassen, während im Verlauf der Nacht zum Dienstag
eine okkludierende Welle den Südwesten von Deutschland erreicht.
Daher gehen die konvektiv geprägten Niederschläge vom Tag bei einer
Schneefallgrenze von 800 m im Nachtverlauf von Westen in skalige
Aufgleitniederschläge über, die den Westen und Südwesten erfassen. Dabei
klettert die Schneefallgrenze von Südwesten allmählich auf über 1000 m. Erwähnt
werden sollte der Alpenstau, wo mit einer westnordwestlichen Strömung tagsüber
die Feuchte in Form von kräftigen Schneefällen oberhalb von 800 m
"ausgequetscht" wird, bevor diese Niederschläge im Verlauf der Nacht fließend in
die Okklusionsniederschläge von Westen übergehen bei einer auf 1000 m steigenden
Schneefallgrenze.

Am Dienstag wölbt sich der Keil über West-/Nordwesteuropa auf und leitet eine
nordwestliche Höhenströmung ein, mit der nicht nur etwas kältere Luft, sondern
weiterhin zahlreiche Wellen nach Deutschland geführt werden.
Mit der Welle aus der Nacht dauern die skaligen Niederschläge besonders im Süden
weiter an bei einer Schneefallgrenze von 1000 bis 1400 m. Durch die rückseitig
der Welle an die Alpen gelenkten Kaltfront intensivieren sich die
Stauniederschlage im Alpenstau. Dabei sinkt die Schneefallgrenze vorübergehend
auf etwas unter 1000 m, bevor sie ausgangs der Nacht mit der nächsten Welle aus
Nordwest wieder etwas ansteigt. Besonders im Alpenstau werden 24-std. üppige
Niederschlagsmengen erwartet. Ansonsten erwartet den Norden ein wechselhafter
Tag mit zahlreichen Schauern und bei einer Schneefallgrenze von 600 m wird es in
vielen Mittelgebirgen weiß. Ein Augenmerk sollte auch auf die nördliche Flanke
der skaligen Niederschlagsgebiete gelegt werden, wo es teils deutlich unter 1000
m schneien kann.

Am Mittwoch steilt die Strömung über Mitteleuropa noch etwas auf. Die Welle aus
der vergangenen Nacht passiert den Süden Deutschlands und bringt dort noch recht
verbreitet Niederschlag, der oberhalb von 1000 m als Schnee fällt. Im
Tagesverlauf und besonders im Verlauf der Nacht zum Donnerstag weitet ein
umfangreiches Bodenhoch über Frankreich und Benelux seine Fühler in den Westen
Deutschlands aus und bringt dort eine durchgreifende Wetterbesserung. Je
nachdem, wie schnell die Bewölkung abends und nachts von Westen aufreißt muss
vielerorts bis in tiefe Lagen mit Straßenglätte gerechnet werden, da die
Temperaturwerte rasch in den leichten Frostbereich rutschen. In den Staulagen
des Erzgebirges und der Alpen klingen die zunehmend bis ins Tiefland in die
Schneephase wechselnden Niederschläge nach Mitternacht allmählich ab.

Am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag wandert die Höhenkeilachse in
Verbindung mit einem kräftigen Bodenhoch einmal von West nach Ost über
Deutschland hinweg. Feinheiten wie die mögliche Passage einer Welle über Polen
nach Süden lassen noch keine direkte Aussage über den Sonnenanteil tagsüber zu,
da mit der Welle und der advehierten Feuchte auch eine ausgeprägte
Hochnebeldecke nicht ausgeschlossen werden kann. Abgesehen von leichten Regen-,
oberhalb von 400 m auch Schneefällen im Nordosten und Osten bleibt es ansonsten
trocken.

Am Freitag wird der Keil in der Höhe zügig ostwärts abgedrängt und macht im
Tagesverlauf einer atlantischen Front Platz, die besonders dem Westen leichte
Niederschläge bringt. Je nach timing und präfrontaler Schichtung wäre diese
Frontpassage ein potentieller Kandidat für gefrierenden Niederschlag. Allerdings
ist dieser Vorhersagezeitraum noch sehr unsicher.

Die Höchstwerte verbleiben die Mittelfrist über bei weiterhin milden 4 bis 8
Grad, wobei in Nebelgebieten oder im Dauerniederschlag regional auch Werte um
den Gefrierpunkt zu erwarten sind. In den Nächten nimmt ab der Wochenmitte die
Gefahr von Luftfrost deutschlandweit deutlich zu, wobei über Schneeflächen (z.B.
am Alpenrand und inneralpin) auch mäßiger bis lokal strenger Frost nicht
ausgeschlossen werden kann.

Zum Wochenbeginn droht bei der aktuellen Zugbahn der Wellen besonders im
süddeutschen Bergland häufig Sturm, exponiert auch schwerer Sturm mit teils
stürmischen Böen im Tiefland. In der Folge verlagert sich der Schwerpunkt der
Sturmböen ins höhere Bergland sowie über die Deutsche Bucht.
__________________________________________________________

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Zum Beginn der Mittelfrist gibt es über dem Nordostatlantik erhebliche
Diskrepanzen mit Blick auf die Lage eines umfangreichen Höhentroges. Dieser
weist zwischen dem gestrigen und heutigen 00Z Lauf eine zonale Diskrepanz von
mehr als 800 km auf! Daher verwundert es nicht, dass in der Folge stromab für
Deutschland ebenfalls eine stark variable Ausprägung des Keils beobachtet wird.
Tendenziell bastelt IFS an einem immer kräftigeren Keil, der sich über die
Biskaya nach England erstreckt. Zum Freitag liegt die Keilachse nun nicht mehr
über England (wie im gestrigen 00Z Lauf), sondern wandert rasch über
Mitteleuropa hinweg nach Osten. Daher bestehen die Mittelfrist über noch
erhebliche Unsicherheiten mit Blick auf die Wetterentwicklung in Deutschland. Je
nach Lage und Mobilität des Keils kann entweder kalte Luft aus Osteuropa, oder
wieder zügig milde Atlantikluft nach Deutschland advehiert werden.
__________________________________________________________

Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch innerhalb der anderen Globalmodelle kristallisiert sich die Keilaufwölbung
über dem Nordostatlantik als größter Unsicherheitsfaktor für die
Wetterentwicklung in Deutschland heraus. Bis einschließlich Dienstag sind die
Modelle noch sehr einheitlich mit Blick auf die Lage der Keile und Tröge. In der
Folge jedoch wölbt IFS den Keil am stärksten nach Irland/England auf, während
GFS schwächer, jedoch auch breiter aufgestellt ist. Zwar deuten alle Modelle
über Deutschland eine Nordwestströmung an, jedoch mit einem zum Ende der Woche
teils chaotischen Auseinanderlaufen der Feuchte-, Temperatur- und Druckfelder.
Am Freitag zeigt IFS z.B. einen kräftigen Rücken, der sich bis nach Norwegen und
Schweden erstreckt, während ICON gleichzeitig einen ausgeprägten Höhentrog nach
Deutschland schwenken lässt. Da die Phase des Niederschlags u.a. sensibel von
der niedertrop. thermischen Schichtung abhängt, wirkt sich die aktuell variabel
über Deutschland vorhergesagte 0 Grad-Isotherme in 850 hPa durch eine stark
schwankende Schneefallgrenze aus. Grundsätzlich sollte die nordwestliche
Anströmung und die Temperatur von grob 0 Grad in 850 hPa für Schnee in den
mittleren Berglagen ausreichen.
__________________________________________________________

Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Cluster vom EZMW zeigen am ersten Tag der Mittelfrist, dem Montag, noch eine
gute Übereinstimmung. Es sind zwei Cluster mit beinahe gleicher Memberanzahl
vorhanden, die das klimat. Regime (positive NAO) aufweisen. In der Folge jedoch
nimmt die Zahl der Cluster auf fünf zu (fast alle "Atlantikrücken"). Dabei
kristallisiert sich eine stark variable Achsenneigung und Amplitude des Keils
über Westeuropa heraus und somit eine noch ziemlich unsichere Entwicklung über
Mitteleuropa.

Die Meteogramme mehrerer deutscher Städte spiegeln diese unsichere Entwicklung
mit einer rasch zunehmenden und hohen Spreizung der Member wider (Bewölkung,
Niederschlag und 850 hPa Temperatur). Davon ausgenommen ist die
2m-Temperaturvorhersage, die bis zur Wochenmitte mit der einströmenden feuchten
Atlantikluft noch eine enge Bündelung aufweist und erst in der Folge mit
Hochdruckeinfluss und unsicherer Bewölkungsvorhersage zunimmt.
_________________________________________________________

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


SCHNEEFALL:
Wiederholt springt der EFI im Stau der Alpen und inneralpin an. Allerdings sind
es keine allzu hohen Abweichungen vom Modellklima und die gezeigten Signale
weisen eher auf teils kräftige Stauniederschläge hin. Oberhalb von 1000 m sollte
ein erheblicher Neuschneezuwachs zu erwarten sein.

WIND:
Bis zur Wochenmitte sind beim EFI südlich der Donau und vor allem entlang der
Alpen Signale für hohe Windgeschwindigkeiten vorhanden. Da die Wellen
Süddeutschland meist in einem okkludierten Zustand passieren, muss auch teils in
tiefen Lagen mit stürmischen Böen gerechnet werden. Nach Wochenmitte sind keine
weiteren Signale mehr vorhanden.

FROST:
Die Tiefstwerte beginnen zum Wochenanfang noch auf einem zu hohen Niveau (dank
Advektion feuchter Atlantikluft mit bewölkten Nächten). Zur Wochenmitte jedoch
gehen sie in den Normalbereich zurück, was mit einer allgemeinen Zunahme der
Nachtfrostgefahr einhergeht.
________________________________________________________

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, MOS-MIX, IFS-EPS
________________________________________________________


VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy