Thema des Tages
08-12-2019 09:50
NOVEMBERgrau - oder doch besser DEZEMBERgrau?
Im Winterhalbjahr ist der Himmel oft in tristem "Novembergrau"
verhüllt. Doch ist der namensgebende November tatsächlich der trübste
Monat im Jahr?
"Trübes Novemberwetter" oder "tristes Novembergrau" - diese
Bezeichnungen für ganztägiges Einheitsgrau am Himmel im November (und
nicht nur im November) kennt fast jeder. Heute gehen wir der Frage
nach, warum das so ist und ob in Deutschland der November tatsächlich
der Monat ist, in dem die Sonne am seltensten zu sehen ist.
Für die zuletzt gestellte Frage hilft ein Blick in die langjährigen
Wetteraufzeichnungen und dabei wird schnell klar, dass der November
seinem Ruf als "trüb(st)er Monat" nicht gerecht wird. Mit 52,5
Sonnenstunden liegt er in der Rangliste der sonnenärmsten Monate
sogar nur auf Platz 3. Statistisch gesehen noch seltener scheint die
Sonne im Januar (43,6 Stunden); der tatsächlich trübste Monat ist
allerdings der, in dem wir uns gerade befinden, der Dezember, und
zwar mit durchschnittlich nur 38 Sonnenstunden (vieljähriges Mittel
1961-1991). Im Vergleich zu den monatlich etwa 200 Sonnenstunden von
Mai bis August ist das in der Tat ganz schön wenig. Aber warum ist
das so?
Eine entscheidende Rolle spielen die unterschiedlichen Tageslängen.
Da die Rotationsachse der Erde gegenüber der Umlaufbahn um die Sonne
um 23° geneigt ist, sind die Tage im Sommer länger als im Winter.
Dadurch beträgt in Frankfurt am Main die Tageslänge (Zeit zwischen
Sonnenaufgang und -untergang) zur Sommersonnenwende (2019: 21. Juni)
15:22 Stunden und zur Wintersonnenwende (2019: 22. Dezember) 7:51
Stunden. In anderen Worten sind also schon rein astronomisch
betrachtet im Dezember nur etwa halb so viele Sonnenstunden möglich
wie im Juni. Diese Tatsache alleine kann das winterliche
Sonnendefizit aber nicht erklären. In Frankfurt am Main
beispielsweise scheint die Sonne nämlich im Juli durchschnittlich
7:07 Stunden am Tag und damit sogar mehr als 8-mal so lange wie im
Dezember (52 Minuten).
Ein weiterer Grund ist die stärkere Bewölkung im Winter. Während im
Sommer ein Hochdruckgebiet meist sonniges Sommerwetter verspricht,
ist bei winterlichen Hochdruckwetterlagen die Neigung zu
neblig-trübem Wetter groß. Auch hierfür ist indirekt die Neigung der
Erdachse verantwortlich, wir werden von ihr also quasi doppelt
bestraft. Da im Winter die Sonne deutlich tiefer am Himmel steht als
im Sommer, besitzt sie auch viel weniger Energie in Form von
Sonnenstrahlung. Somit fehlt ihr im Winter oft die Kraft, um
Nebelfelder aufzulösen. So können sich bei beständigem
Hochdruckwetter Nebel- und Hochnebelfelder immer weiter ausbreiten
und man bekommt die Sonne teils tagelang nicht zu sehen.
Doch auch bei Tiefdruckwetterlagen hat es die Sonne schwer. Im
Einflussbereich von Tiefs tummeln sich meist ausgedehnte Wolkenfelder
mit Regen, die uns den Blick auf die Sonne versperren. Zwar gibt es
zwischen den Tiefausläufern auch immer mal wieder sonnige
Auflockerungen, von langer Dauer sind diese aber meistens nicht.
Es ist also nicht verwunderlich, dass gerade im Winter die Sonne ein
recht seltener Gast ist. Tendenziell scheint die Sonne im Dezember im
Westen und Norden seltener als im Süden, wobei es gerade dort große
regionale Unterschiede gibt. Während in manchen Tälern der Ostalb
oder im Osten Oberfrankens die Sonne durchschnittlich weniger als 20
Stunden scheint, kann man sich am Alpenrand stellenweise über mehr
als 100 Sonnenstunden freuen (z.B. 142 Stunden in Oberstdorf). Dort
befindet man sich häufig bereits oberhalb der Hochnebeldecke und
profitiert zusätzlich vom Föhn.
Der bisher sonnenärmste Monat war übrigens der Dezember 1993 mit nur
18,4 Sonnenstunden im bundesweiten Schnitt, wobei damals in Hessen
die Sonne lediglich 8,5 Stunden und in NRW 8,6 Stunden schien. Wer
damals in Lüdenscheid oder Meinerzhagen im westlichen Sauerland
wohnte, den traf es besonders bitter. Im gesamten Monat schien dort
die Sonne gerade einmal 1 1/4 Stunden. Manch einem mag auch der
Dezember letzten Jahres noch in Erinnerung sein, der mit 25,2
Sonnenstunden auch nicht glänzte.
Ganz so trüb wird es im diesjährigen Dezember aller Voraussicht nach
nicht. Zwar ist das Wetter in den nächsten Tagen von atlantischen
Tiefdruckgebieten geprägt, zwischen den Wolkenfeldern kann sich aber
zumindest kurzzeitig auch mal die Sonne zeigen. Wenn Sie also in den
kommenden Tagen die Sonne am Himmel sehen, dann nix wie raus ins
Freie! Die nächsten Wolken lassen bestimmt nicht lange auf sich
warten.
Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.12.2019
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