Thema des Tages

07-12-2019 09:50

Weihnachten im Schnee wieder ade?

Bisher hat man noch wenig von einer Weihnachtsprognose gehört. Wie
auch, wird reden hier von einer Vorhersagefrist von immerhin noch
zweieinhalb Wochen. Welche Indikatoren es dennoch gibt, soll im
Folgenden kurz erläutert werden.

Um es vorweg zu nehmen, Prognosen zum Weihnachtswetter für die
Flachlandtiroler in Deutschland sind statistisch gesehen nicht allzu
schwierig. Kommen doch weiße Weihnachten, d.h. eine messbare
Schneedecke an allen 3 Tagen, im Mittel nur alle 5 bis 7 Jahre vor.
Das ist natürlich für das Flachland ein hartes Kriterium. Noch
härter, wenn man bedenkt, dass in Mitteleuropa im Dezember klimatisch
gesehen oft zonale Westwetterlagen mit milder Atlantikluft
überwiegen. Und das liegt unter anderem daran, dass sich der
Polarwirbel in der stratosphärischen Arktis durch die Polarnacht und
andauernde Abkühlung im Dezember noch weiter verstärkt, was wiederum
die damit einhergehende rege Tiefdruckaktivität auf dem Atlantik und
die Westlastigkeit der Strömung in unseren Breiten insgesamt recht
gut begründet.

Wann hatten wir eigentlich die letzte weiße Weihnacht in Deutschland?
Das war im Jahr 2010. Damals gab es den kältesten Dezember seit 1969.
An Weihnachten lag im ganzen Land Schnee. Und das teilweise richtig
hoch, selbst in den Niederungen. In Potsdam lagen damals 30
Zentimeter Schnee, in Aachen 35 Zentimeter und Hamburg 20 Zentimeter.


Ok, das würde ja bedeuten, dass die Chancen dieses Jahr statistisch
gesehen deutlich höher liegen, da ja nun insgesamt 8 grüne
Weihnachten hinter uns liegen. Leider ist es nicht ganz so einfach.

Lassen Sie uns daher nochmals auf den Polarwirbel zurückkommen.
Dieser erfreut sich momentan bester Gesundheit und schickt uns nach
kurzer Unterbrechung (Anfang Dezember) wieder verstärkt Meeresluft
vom Atlantik. Daran wird sich auch bis Anfang übernächster Woche
nichts ändern. Klar, etwas kühlere Luftmassen wechseln sich bei der
Passage von atlantischen Frontensystemen mit milderen ab, da kann es
in den oberen Mittelgebirgslagen auch mal vorübergehend schneien.
Aber im Flachland bleibt es überwiegend mild, wechselhaft und
zeitweise windig, teils auch stürmisch. Selbst wenn man sich die
Ensembleprognosen der beiden führenden globalen Wettermodelle EZMWF
und GFS bis Dienstag, den 17.12.2019 anschaut (dort werden 52 (EZMWF)
und 20 (GFS) Modellläufe mit geringfügig veränderten
Anfangsbedingungen gerechnet), gibt es derzeit keinen einzigen Lauf,
der Temperaturen unter den langjährigen Mittelwerten prognostiziert.
Das ist eine deutliche Ansage.

Wie geht es danach weiter? 10 Tage numerische Wettervorhersage
bedeutet eigentlich das Ende der physikalischen Vorhersagbarkeit, da
sich bis dahin die atmosphärischen Ausgangsbedingungen so stark
verändert haben, dass sich nach diesem Zeitraum mitunter ganze
Zirkulationsmuster anders gestalten können. Genau das ist bei den
Ensembleprognosen auch erkennbar - die Streuung der Temperaturwerte
nimmt nach Tag 10 rasant zu, und das nach oben wie auch nach unten.

Dann können wir ja auch noch keine Weihnachtsprognose wagen, oder?
Das ist richtig. Einziger Anhaltspunkt könnte da die Stratosphäre
sein, wo wir ja u.a. den Zustand des Polarwirbels analysieren. Diese
Prognosen werden bis Tag 15 gerechnet und geben grob gesagt Auskunft
über mögliche Abweichungen von einer glatten westlichen Strömung.
Dann bilden sich z.B. häufiger Hochdruckgebiete über dem Ostatlantik
oder über Skandinavien (so genannte Blockierungen), was häufig (aber
nicht immer) als Folge einer markanten Schwächung des Polarwirbels
auftritt. Diese kann z.B. durch eine plötzliche Erwärmung vor allem
der unteren und mittleren Stratosphäre erfolgen. Dadurch wird es
polaren Luftmassen ermöglicht, relativ ungehindert (meridional) bis
nach Mitteleuropa vorzudringen.

Tatsächlich gibt es um den 20. Dezember herum Indikatoren für
zunehmende Blockierungen in 60 Grad nördlicher Breite (zonal
gemittelt um die Nordhemisphäre) und der Polarwirbel steuert
allmählich seinem Höhepunkt entgegen bzw. könnte er sich auch bereits
leicht abschwächen. Aber auch das ist noch nichts Außergewöhnliches,
da sich der Polarwirbel in der Regel bis Ende Dezember/Anfang Januar
verstärkt. Dann hat die jahreszeitenbedingte Auskühlung ihren
Höhepunkt erreicht und diverse Wärmeflüsse (stratosphärisch und
troposphärisch) nagen an der Mächtigkeit des Polarwirbels.

Also, kurz zusammengefasst lässt sich festhalten, dass die
Wahrscheinlichkeit für grüne Weihnachten im Flachland auch dieses
Jahr höher ist als jene für weiße Weihnachten. Es gibt aber auch
diverse Indikatoren für eine Umstellung der Wetterlage vor den oder
im Laufe der Weihnachtsfeiertage. Hierzu halten wir Sie mit zeitnahen
Updates auf dem Laufenden.

Dr. rer. nat. Jens Bonewitz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.12.2019

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