Thema des Tages
30-11-2019 09:20
Horrorwinter! Horrorwinter?
Am morgigen Sonntag beginnt mit dem 1. Dezember für die Meteorologen
der Winter. In einigen Medien wurde dabei schon ein "Horrorwinter"
verkündet. Was ist damit gemeint und ist da was dran?
Der morgige 1. Dezember markiert nicht nur den Beginn der
Adventszeit, sondern für die Meteorologen auch den Start ihres
dreimonatigen Winters. Dass im Südwesten sogar ein paar Schneeflocken
vom Himmel rieseln können, würde einen Besuch der nun zahlreich
geöffneten Weihnachtsmärkte sicherlich abrunden. Einige Medien
zufolge soll es dieses Jahr sogar einen "Horrorwinter" geben, wobei
damit aber ein milder und schneearmer Winter gemeint ist. Können
Winterfans damit ihre Hoffnungen bereits begraben?
Um es vorwegzunehmen, diese Frage ist nur schwer zu beantworten.
Natürlich könnte es einen milden "Horrorwinter" geben, der im Zuge
des Klimawandels per se schon wahrscheinlicher ist als ein kalter.
Allerdings ist ein schneereicher und kalter Winter längst noch nicht
vom Tisch, vor allem wenn sich eine entsprechende Großwetterlage mit
Zufuhr kalter Luftmassen länger bei uns etablieren kann.
Als erster Ansatz für eine Jahreszeitenvorhersage gelten die
sogenannten Bauernregeln. Dabei wurden von den Bauern über Jahre
hinweg Wettererfahrungen gesammelt, um diese dann für Vorhersagen zu
nutzen. Dieses einfache statistische Verfahren hat natürlich seine
Schranken, insbesondere in Zeiten des Klimawandels. Mit Beginn des
Computerzeitalters eröffneten sich den Meteorologen neue
Möglichkeiten. So wurden Computermodelle für Langfristvorhersagen
entwickelt.
Diese Computermodelle folgen dabei anderen Ansätzen als die Modelle
für die kurz- und mittelfristigen Wettervorhersagen der nächsten
maximal 10 bis 14 Tage. So spielen etwa Temperaturanomalien großer
Meeresflächen eine größere Rolle. In einem Zeitraum von bis zu 14
Tagen haben diese Anomalien nur geringe Auswirkungen, in einem
längeren Zeitraum von beispielsweise 3 Monaten aber schon.
Der Deutsche Wetterdienst stellt in Zusammenarbeit mit dem Zentrum
für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität
Hamburg und dem Max Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M) im
Rahmen des Deutschen Klimavorhersagesystems bzw. des German Climate
Forecast System (GCFS) eine auf Computerberechnungen gestützte
Jahreszeitenvorhersage bereit. Diese finden Sie unter https://www.dwd.de/DE/leistungen/jahreszeitenvorhersage/karten.html?n
n=612472, dort können Sie auch weitere Informationen zum Thema
abrufen. Die eingeblendete Grafik zeigt die für Europa vorhergesagte
Abweichungen der Temperatur für die Wintermonate Dezember, Januar und
Februar im Vergleich zum Mittel der Jahre 1990-2017. Tatsächlich wird
für Deutschland die Vorhersage eines milden Winters bestätigt, da es
in den nächsten drei Monaten eine positive Abweichung der Temperatur
von bis zu einem Grad geben soll.
Bei Evaluierungen von Jahreszeitenvorhersagen zeigte sich in der
Vergangenheit aber, dass diese über Europa bisher kaum zuverlässige
Ergebnisse liefert. Hintergrund dafür ist, dass die für die
Langfristvorhersagen komplexen Prozesse und Wechselwirkungen durch
die Modelle vor allem in den gemäßigten Breiten noch nicht
vollumfänglich erfasst werden können. Die weitgehend schraffierten
Bereiche in der Grafik bestätigen die aktuell bei uns immer noch
mangelnde Qualität. Im tropischen Pazifik beispielsweise funktioniert
es besser. Das ambitionierte Ziel der Forscher ist es deshalb, die
Jahreszeitenvorhersage weiter zu verbessern, sodass es eines Tages
vielleicht tatsächlich heißen könnte: "Wir erwarten mit hoher
Wahrscheinlichkeit einen milden Winter". Bis dahin müssen wir uns
weiterhin überraschen lassen oder uns mit Trends begnügen.
Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.11.2019
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