DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
24-10-2019 12:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 24.10.2019 um 10.30 UTC
Markanter Temperaturrückgang. Zur Mitte der kommenden Woche Sturmgefahr.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 31.10.2019
Am Sonntag, zum Beginn des Mittelfristzeitraumes, liegt Deutschland nach IFS am
südlichen Rand einer kräftigen westlichen Höhenströmung immer noch unter recht
hohem Geopotenzial. In dieser Strömung schwenkt aber ein anfangs noch sehr
flacher, sich aber allmählich verschärfender Trog heran, dessen Achse
Deutschland in der Nacht zum Montag überquert. Damit ist überall
Geopotenzialverlust verbunden. Im Bodendruckfeld korrespondiert der Trog mit
einem Tief über der nördlichen Nordsee, welches sich bis zur Nacht zum Montag
unter Abschwächung nach Südschweden verlagert. Von den Britischen Inseln
dominiert ein Hochdruckgebiet das Geschehen, dieses sendet auch eine Achse zu
uns aus. Die Kaltfront eines aus dem Baltikum ostwärts abziehenden Tiefs leitet
von Norden her einen Luftmassenwechsel ein. Sie erreicht Montagfrüh den Süden
Deutschlands, wo die Temperatur noch sehr wenig zurückgeht (in 850 hPa von 10
auf 8 Grad). Im Norden werden dagegen Montagfrüh in 850 hPa nur noch -4 Grad
gemessen. Mit der Kaltfront sind leichte bis mäßige Regenfälle verbunden, die
allerdings recht rasch durchziehen. Im Süden scheint zuvor noch die Sonne, wo
sich der Nebel auflöst. An der Küste wird der Westwind stürmisch.
Am Montag stellt sich rückseitig des Troges wieder eine westliche Höhenströmung
ein, in diese dringt von Norden her aber ein neuer Trog ein (während auf dem
nahen Atlantik sich immer höheres Potenzial aufbaut), so dass es bei uns zu
weiterem Potenzialverlust kommt. Die Kaltfront bleibt über dem Süden
Deutschlands liegen bzw. wird von einem Tief westlich der Biskaya ausgebremst.
Bodennah dominiert aber der Keil des Hochs mit Schwerpunkt bei Island. So
gelangt in den Norden noch etwas kältere Luft, während im Süden noch kaum
Temperaturänderung zu erwarten ist. Dort bleibt es trüb und regnerisch,
wohingegen es im Norden Wolkenauflockerungen gibt.
Der o.e. nächste Trog schwenkt am Dienstag über dem östlichen Mitteleuropa
südwärts, während sich bei uns das Hoch noch etwas ausdehnt. Damit kommt die
Kaltluft über dem Osten Deutschlands noch etwas südwärts voran (-2 bis -5 Grad
in 850 hPa), während die mildeste Luft (und damit auch die Front) sich in den
Südwesten zurückzieht, wo die Temperatur aber auch etwas zurückgeht (auf +5 Grad
in 850 hPa). Der Trog aktiviert die Kaltfront wieder, so dass es vor allem an
den Alpen (bei Nordoststau) zu kräftigen Regenfällen kommt. Im übrigen Land
herrscht bei östlichem Wind ruhiges, aber recht kaltes Wetter, wobei die
Luftmasse vielleicht trocken genug ist, dass sich die Sonne recht häufig zeigt.
Am Mittwoch zieht der Trog nach Osten ab und über unserem Land wölbt sich ein
Rücken auf, induziert durch die WLA des früher erwähnten Tiefs über der Biskaya,
das nach Irland zieht. Das Hoch wird gespalten und der östliche Teil zieht von
uns nach Rumänien, während sich der nordwestliche Teil nach Grönland
zurückzieht. Mit Winddrehung auf Süd kommt wieder mildere Luft zurück, die sich
aber wohl am Boden nur zögernd durchsetzen kann. Am Abend zieht auf der
Vorderseite des Tiefs über Irland (das in der Nacht zur Nordsee zieht) im
Nordwesten kräftiger Regen auf.
Am Donnerstag zieht das Tief (sehr entwicklungsgünstig auf der Vorderseite des
nächsten Troges gelegen) unter Verstärkung in den Skagerrak und in der Nacht
dann nach Südschweden. Seine Kaltfront schleift zunächst noch im Nordwesten,
zieht dann aber mit kräftigem Regen rasch durch. Nachfolgend schwenkt ein Trog
herein, der weiterhin für kräftige Schauer sorgt, eventuell auch für Gewitter.
Dabei muss schon allein aus dem Gradienten verbreitet mit mindestens stürmischen
Böen gerechnet werden. Bei Konvektion sind schwere Sturmböen oder orkanartige
Böen vorstellbar.
Nachfolgend soll sich das Tief erst einmal im Ostseeraum einnisten, auf seiner
Rückseite, also bei uns, würde sich der Trog verstärken und zunehmend auch
Höhenkaltluft anzapfen. Somit würde sich nasskalte Witterung einstellen und
Lagen ab 500 bis 800 m könnten schon einen richtigen Wintereinbruch erleben. Zum
Sonntag beruhigt sich dann das Wetter.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz des aktuellen Laufs mit seinen beiden Vorgängern ist nächste
Woche noch nicht so gut. Das Szenario des heutigen 00-UTC-Laufs wurde zwar in
sehr ähnlicher Weise auch vom gestrigen 00-UTC-Lauf gezeigt, allerdings wurde
vom gestrigen 12-UTC-Lauf eine andere Variante gezeigt. Nach dieser sollte der
Kaltluftvorstoß am Dienstag etwas weiter westlich, als mehr über Deutschland
verlaufen. Nachfolgend sollte bis nächsten Donnerstag noch Hochdruckeinfluss in
kalter Luftmasse herrschen. Erst danach sollte von Westen allmählich wieder ein
Tief wetterwirksam werden, aber ohne die nachfolgende Austrogung.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
In der nächsten Woche zeigt ICON eine sehr ähnliche Entwicklung wie IFS. Es
stehen aber auch noch andere Entwicklungen zur Debatte: So soll nach GFS
zunächst anfangs nächster Woche deutlich kältere Luft einfließen, die dann erst
einmal länger unter Hochdruckeinfluss gerät, bevor zum nächsten Wochenende dann
von Norden ein neuer Trog von Norden her herannaht. Auch die Kanadier lassen das
Herz der Winterfreunde höherschlagen (vielleicht noch etwas früh?): Nach GEM
soll zwar zunächst nicht ganz so kalte Luft einfließen, dafür soll sich dann das
Hoch nach Skandinavien verlagern und auf über 1045 hPa aufblähen. Dann stünde
eine zyklonale (weil sich natürlich ein Höhentief an der Südflanke nach Westen
schiebt) Ostlage ins Haus. In 850 hPa geht es dann bis auf -8 Grad runter, was
im höheren Bergland tiefsten Winter zur Folge hätte. NAVGEM ähnelt bei seiner
Entwicklung mehr IFS und ICON, allerdings zieht das Tief nächste Woche auf
direktem Weg von der Biskaya zu uns, entwickelt sich dann zwar nicht so stark,
dürfte aber auf dieser Bahn recht viel Regen bringen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Das Ensemble des IFS verteilt sich im Zeitraum Dienstag, 00 UTC bis Donnerstag,
00 UTC auf drei Cluster. Allen dreien gemein ist außergewöhnlich hohes
Geopotenzial im gesamtem Gebiet von Neufundland über Grönland bis Island und zum
Nordpol. Damit ist die Westwindzirkulation zumindest nördlich von 50° Breite
blockiert und alle Szenarien gehören dem Vorhersageregime "Atlantic Ridge" an.
In Mitteleuropa weisen die Cluster aber deutliche Unterschiede auf: C1 (19
Mitglieder) lässt nach dem Kaltlufteinbruch bis Donnerstag erst einmal Hochdruck
walten. Das oben beschriebene Tief mogelt sich zum Donnerstag zwar in sehr
schwacher Form Richtung Nordsee, vermag aber nicht viel Wetteraktivität zu
entwickeln. C2 (18 Mitglieder, Hauptlauf, Kontrolllauf) spiegelt das oben
beschriebene Szenario wider. C3 (14 Mitglieder) lässt das Tief etwas schwächer
und auf südlicher Bahn ostwärts ziehen, als ähnlich wie NAVGEM.
Wagen wir noch einen vorsichtigen Blick in die Cluster der erweiterten
Mittelfrist: Fünf von sechs Clustern zeigen Trog- bzw. Nordlagen in der Höhe,
bzw. nördliche bis östliche Strömungen am Boden. Nur einer zeigt eine milde
Südwestlage. Somit empfiehlt es sich durchaus, das um eine Stunde verlängerte
Wochenende zu nutzen, um Haus, Garten und Fuhrpark wieder winterfest zu machen
und vielleicht schon mal die Winterkla-motten (hoffentlich ohne letztere!) aus
den Tiefen des Kleiderschranks, vom Speicher oder woher auch immer
hervorzuholen.
Die Rauchfahnen des IFS-EPS für die Mitte Deutschlands zeigen im
Mittelfristzeitraum einen deutlichen Potenzialverlust bzw. Temperaturrückgang.
Deutlich ist aber zum Mittwoch bzw. Donnerstag noch einmal deutlicher Anstieg
von Temperatur und Potenzial, der von der Mehrheit der Läufe mitgemacht wird und
das Sturmtief von nächstem Donnerstag darstellt. Es soll aber nicht verschwiegen
werden, dass die Ensembles vor allem ab Mitte nächster Woche eine erhebliche
Streuung aufweisen. Ebenso fällt auf, dass es zum Donnerstag und Freitag starke
Niederschlagssignale gibt. Blickt man in den Süden Deutschlands zeigt sich wie
erwartet, dass der erste Temperaturrückgang zu Beginn der Woche noch recht
schwach ausfällt, der zweite zum Ende der nächsten Woche dann aber umso stärker.
Bei GFS fällt sowohl in der Mitte als auch im Süden der erste Temperatur- und
Potenzialrückgang zu Beginn der Woche schon deutlicher aus, der Zwischenanstieg
zur Wochenmitte ist jedoch nur schwach angedeutet, weil wohl viele
Ensemblemitglieder das verantwortliche Tief gar nicht zeigen. Was aber auch
auffällt: Zumindest bei der 850-hPa-Temperatur liegt der Hauptlauf deutlich
unter dem Schwerpunkt des Ensembles.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Sturm:
Nach Cosmo-LEPS sind am Sonntag an den Küsten und im höheren Bergland stürmische
Böen wahrscheinlich, auch Sturmböen liegen im Rahmend es möglichen. Am Montag
könnte es noch letzte stürmische Böen an der See geben. Für Donnerstag sind bei
IFS-EPS bisher nur geringe Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen berechnet, aber
deutschlandweit.
Dauerregen:
Zwar zeigt der IFS-Hauptlauf für nächsten Dienstag recht viel Regen an den
Alpen, die Ensembles deuten aber keine Dauerregenlage an.
Schneefall:
Cosmo-LEPS deutet zum Ende des Vorhersagezeitraums nächsten Dienstag leichte
Signale für mäßigen Schneefall (über 10 cm innert 12 Stunden) in den Alpen an.
EFI:
Sieht man sich den EFI für die Temperatur im Zeitraum Montag, 00 UTC bis
Samstag, 00 UTC an, so fällt ein deutliches Kältesignal über ganz Nordeuropa
auf, das bis nach Schleswig-Holstein reicht.
Ansonsten zeigt der EFI in den nächsten Tagen keine Signale.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, IFS-EPS
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VBZ Offenbach / Peter Hartmann