Thema des Tages
18-10-2019 10:50
"Goldener Oktober" im Südosten - oder: Ein "Gallisches Dorf" im
unbeständigen Herbst
Während im Großteil Deutschlands seit einigen Tagen unbeständiges
Herbstwetter vorherrschend ist, geht im Südosten Bayerns der "Goldene
Oktober" in die Verlängerung. Aber warum ist das so?
Im gestrigen Thema des Tages mit dem Titel "Südwestautobahn" wurde
bereits erläutert, dass ein kräftiges Zentraltief namens THILO seit
Dienstag über dem Ostatlantik westlich von Irland seine Kreise zog.
Mittlerweile hat sich dieses Tief schon etwas abgeschwächt, befindet
sich über Irland und zieht bis zum Sonntag unter weiterer
Abschwächung zur Nordsee. Deutschland befand und befindet sich auch
weiterhin auf der Südostseite dieses steuernden Tiefs im
Einflussbereich einer südwestlichen (Höhen-)Strömung, die sehr
feuchte und milde Meeresluft in "weite Teile" Deutschlands
transportiert und so für einen wechselhaften, zeitweise regnerischen
und teils sogar recht turbulenten Wettercharakter sorgt.
"Weite Teile", denn es gibt eine Region in Deutschland, die von
Regen, Wind und der feuchten Atlantikluft bisher kaum etwas zu spüren
bekommen hat und auch heute und am Wochenende nichts davon abbekommen
wird. Die Rede ist vom Südosten Bayerns, grob gesprochen vom
Alpenrand über das östliche Alpenvorland bis hoch zum Bayrischen
Wald. Man könnte diese wunderschöne Ecke Deutschlands daher salopp
gesprochen als "Gallisches Dorf" (Zitat: Jens Hoffmann) am Rande der
"Südwestautobahn" bezeichnen. Wenn Sie zum Beispiel in Rosenheim oder
entlang des Inns wohnen, haben Sie sich vielleicht schon gewundert,
warum nach dem traumhaften Altweiberwetter am vergangenen Wochenende
und zu Wochenbeginn nun "unbeständiges Herbstwetter" in aller Munde
ist. Zugegeben, es war in den letzten Tagen nicht mehr ganz so
sommerlich warm, aber eigentlich hat sich dort am "Goldenen Oktober"
recht wenig geändert und Höchstwerte von 17 bis 20 Grad sind für
Mitte Oktober weiterhin recht mild. Regen blieb auch die Ausnahme.
"Das soll unbeständiges Herbstwetter sein?" mag sich dort der eine
oder andere berechtigter Weise fragen. Betrachtet man die gefallenen
Regenmengen der vergangenen Tage für ganz Deutschland, erkennt man
schön, dass es im Westen, Südwesten, Norden und der Mitte ganz schön
"nass" war - also doch herbstlich unbeständig - und somit die
Wetterprognosen durchaus Recht behielten.
Im Großteil Bayerns sowie vom Erzgebirge bis zur Lausitz fiel in den
letzten Tagen allerdings nur wenig Regen. Südlich der Donau wurden
zudem reichlich Sonnenstunden gezählt und an diesem freundlichen
Wetterverlauf wird sich auch heute und am Wochenende kaum etwas
ändern. Aber warum ist das so?
Dazu kommen wir nochmal zur Großwetterlage zurück. Zunächst einmal
fällt auf, dass der Südosten Bayerns am weitesten vom Zentraltief
THILO entfernt ist. Es liegt nahe, dass der Einfluss eines Tiefs umso
schwächer wird, je weiter man sich von seinem Zentrum entfernt.
Vielmehr war und ist dort eher noch hoher Luftdruck über Südost- und
Osteuropa wetterwirksam. Ein weiterer entscheidender Faktor sind die
Alpen, die sich der südwestlichen Strömung quasi in den Weg stellen.
Die feuchte Atlantikluft müsste somit erst die Alpen überströmen, um
das Alpenvorland und Niederbayern zu erreichen. Man könnte also von
einem leicht föhnigen Einfluss der Alpen sprechen, der die Luft beim
teilweisen Überströmen abtrocknet, wodurch nördlich der Alpen eine
recht trockenere Luftmasse resultiert. Daher wird man vorm Regen
verschont und es kommt zu längeren sonnigen Abschnitten. In
abgeschwächter Form trifft dies auch auf das Erzgebirge zu, wodurch
es an dessen Nordrand bis hoch zur Niederlausitz ebenfalls kaum
geregnet hat. Allerdings handelte es sich bisher und auch heute
(noch) um keine klassische Föhnsituation. Schaut man sich das
Windfeld etwas genauer an, fällt auf, dass im Großteil von
Deutschland südliche bis südwestliche Winde dominieren. Anders sieht
es im Südosten Bayerns aus, wo seit Tagen ein östlicher bis
südöstlicher Wind weht. Bodennah floss dort also die atlantisch
geprägte feuchte Luftmasse gar nicht ein, sondern trockenere
Festlandsluft aus Osteuropa. Da verwundert es nicht, dass Regen
weitgehend ausblieb.
Am Wochenende dreht die Höhenströmung noch etwas mehr auf südliche
Richtungen. Nun kommt neben den bereits erwähnten Faktoren zusätzlich
der klassische Föhn ins Spiel. Er nimmt am morgigen Samstag und vor
allem am Sonntag deutlich an Fahrt auf und bläst auf den Alpengipfeln
mit Sturmstärke. Möglicherweise bricht er bereits am morgigen Samstag
in prädestinierten Föhntälern durch, vor allem am Sonntag ist aber
ein Föhndurchbruch in Alpentälern sehr wahrscheinlich. Neben
stürmischen Föhnböen hat dies naturgemäß viel Sonnenschein und hohe
Temperaturen um oder über 20 Grad zur Folge. Am Sonntag sind in
einzelnen Föhntälern sogar nochmals Temperaturen bis 25 Grad nicht
ausgeschlossen. Selbst im Alpenvorland wird man dank des Föhns mit
viel Sonnenschein und Temperaturen über 20 Grad verwöhnt. Dabei
erübrigt es sich zu erwähnen, dass Regen in diesen Regionen auch
weiterhin kein Thema sein wird. Genießen Sie also die kommenden Tage!
Trübes und nasskaltes Novemberwetter und Schnee im Winter kommen
bestimmt.
Dr.rer.nat. Markus Übel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.10.2019
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