DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
28-09-2019 10:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 28.09.2019 um 10.30 UTC
Vorübergehende Austrogung nach Mitteleuropa, ab Freitag große Unsicherheiten
bezüglich der Zugbahn von Ex-Hurrikan LORENZO
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 05.10.2019
Am Dienstag herrscht eine aktive Westwetterlage. Zwar ist die Grundzirkulation
durch einen kräftigen Keil über Grönland gestört, dennoch verliert dieser seine
blockierende Wirkung, da er von Tiefdruckgebieten und Trögen am Südrand umlaufen
wird. Gegenüber steht dem Keil tiefes Geopotential über Skandinavien. Im Westen
koppelt ein vom Atlantik kommendes Cut-Off-Tief an den skandinavieschen Trog.
Dieses kommt von Großbritannien und zieht bis Dienstagmittag nach Süddänemark
wobei es sich im konfluenten Jetbereich (rechter Jet-Eingang) noch etwas
entwickeln kann (Shapiro-Keyser-Typ). Über Mitteleuropa ergibt sich an der
Südflanke des Tiefs eine kräftige zonale Strömung, in der eine subtropische
Meeresluftmasse herangeführt wird (850-hPa-Temperatur ~ 10 °C). In tieferen und
mittleren Schichten verläuft der Jet nun über Deutschland. Bei dem stärker
werdenden Gradienten an der Südflanke des Tiefs nimmt der Wind auf 850 hPa bis
auf 50 kt zu. Trotz relativ stabiler Schichtung sollte dies für einzelne
stürmische Böen bis in tiefe Lagen reichen. Im Tagesverlauf überqueren die
schwache Kaltfront Deutschland ostwärts. Diese hat ihren Kontakt zum Tiefkern
verloren und weißt in Bodennähe kaum mehr scharfe Konturen auf (typisch für
SK-Zyklonen). In der Höhe erfolgt jedoch eine etwas stärkere Abkühlung, sodass
sich wahrscheinlich genug CAPE für einzelne Gewitter aufbaut, die sich eventuell
bedingt durch die hohe Scherung in einigen schwachen Linie organisieren können.
Dabei besteht die Gefahr von lokal schweren Sturmböen. Die eigentliche
Frontalzone befindet sich weiter nördlich. Dort wird durch die Kopplung an den
Langwellentrog Frontogenese ausgelöst, wodurch sich eine im Temperaturfeld stark
ausgeprägte Front gebildet hat, die von Süddänemark bis Groß-Britannien reicht.
Die Südkomponente ist zunächst nicht stark ausgeprägt. Dies ändert sich aber in
der Nacht zum Mittwoch, wenn das Tief, (nun nur noch ein Randtief) unter
Abschwächung zum Baltikum zieht und sich der zurückhängende Trog über
Mitteleuropa stromabwärts entwickelt.
Am Mittwoch befindet sich Mitteleuropa unter dem Einflussbereich des Troges, der
sich zum Langwellentrog entwickelt hat. Die Kaltfront zieht bis zum Abend mit
stratiformen Regen bis in den Süden Deutschlands. Rückseitig fließt mit einer
nordwestlichen Strömung maritime Polarluft ein, sodass die 850-hPa-Temperatur
unter 0°C sinkt. In dieser Polarluftmasse setzt Absinken ein, das für
Wolkenauflockerungen sorgt. Nur der Norden wird von der er Höhenkaltluft des
sich nun nicht mehr verstärkenden Troges gestreift. Somit bleiben die Schauer
auf diese gebiet beschränkt.
Interessant ist die Entwicklung auf dem Atlantik: Dort zieht Ex? - Hurrikan
LORENZO voraussichtlich über die (westlichen Inseln?) der Azoren. Er koppelt an
einen weiteren atlantischen Langwellentrog und gelangt mit diesem in Phase.
Dadurch wird LORENZO nach Nordosten geführt und beginnt sich umzuwandeln.
Am Donnerstag zieht Lorenzo, der sich spätestens jetzt zu einem außertropischen
Tief entwickelt hat mit hoher Intensität Richtung Irland, dreht zunehmend nach
Osten ein und trifft die Insel nach Simulation des ECMWF und GFS in der Nacht
zum Freitag mit sehr hoher Intensität. Ex-Lorenzo hat immer noch einen warmen
Kern. Auch auf Grund der Jet-Konfiguration ist von einer Shapiro-Keyser-Zyklone
auszugehen, mit der Gefahr eines Sting-Jets.
Der Trog über Mitteleuropa wird nach Osten abgedrängt, da sich ein Keil
vorderseitig des Ex-Hurrikans aufwölbt. Während der Nordosten Deutschlands unter
Trogeinfluss verbleibt, gelangt der Rest von Deutschland unter absinken. Die
eingeflossene polare Meeresluft erwärmt sich dabei kaum.
Ab Freitag wird die Lage auf Grund der unsicheren Zugbahn des Ex-Hurrikans kaum
vorhersagbar. Aktuelle Berechnungen des ECMWF gehen von einer starken
Abschwächung des Ex-Hurrikans auf seinem Weg nach Dänemark aus, wobei er sein
Sturmfeld weitestgehend verliert. Deutschland gelangt in den Warmsektor des
Ex-Hurrikans, wobei die 850-hPa-Temperatur rasch auf 7 °C ansteigt. Dabei fällt
in der einfließenden tropischen Luftmasse besonders im Norden Regen.
Am nächsten Wochenende rückt im neuen ECMWF-Lauf vom Atlantik ein Langwellentrog
nach wobei sich eine Südwestwetterlage einstellt, bei der subtropische Luft nach
Deutschland advehiert wird.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz des Operationen ECMWF-Laufes ist gut. Bis Donnerstag gibt es nur
unwesentliche Unterschiede. Ab Freitag wird die Zugbahn des Ex-Hurrikans jeweils
unterschiedlich bewertet. Keiner der Vorläufe zeigte jedoch ein Übergreifen als
Sturmtief auf Deutschland.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Die Simulationen von GFS und ICON sind bis Mittwoch im Wesentlichen gleich. GFS
18z und 00z lassen den Ex-Hurrikan auf einer ähnlichen Zugbahn wie ECMWF ziehen.
Die Intensität des Ex-hurrikans ist aber am Freitag deutlich größer, sodass im
GFS der Cold-Convejor-Jet bzw. Sting-Jet noch den Norden Deutschlands mit
orkanartigen Böen treffen würde. Im 6z-Lauf wird dieses Scenario in
abgeschwächter Form immer noch gezeigt.
Nach ICON schlägt der Ex-Hurrikan keine östliche Komponente ein, sondern zieht
westlich an Irland vorbei und setzt sich als neues steuerndes Zentraltief über
dem Nordmeer fest.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Bis einschließlich Donnerstag sind die ECMWF-Rauchfahnen ziemlich stark
gebündelt. Ab Freitag ergibt sich dann eine erheblicher Spread in Temperatur und
Geopotenzial. Dabei reicht die Temperaturspanne auf 850 hPa von -5 bis 15 °C.
Trotz des großen Spreads lässt sich am nächsten Wochenende ein allgemeiner
Aufwärtstrend (auch gegenüber den älteren ENS) bei den 850 hPa-Temperaturen und
beim geopotenzial erkennen, sodass eine Trogvorderseite am wahrscheinlichsten
ist. Die Clusteranalysen gehen zu einem Großteil von einer andauernden
Westwetterlage aus.
Die ENS-Prognosen der Zugbahn von Hurrikan Lorenzo zeigen ab Donnerstag eine
erhebliche Streuung. Neben den Lösungen des Hauptlaufes und der ICON-Lösung
existiert noch ein 3. Ast, der den Ex-Hurrican bis zur Südspitze Grönlands
abdrehen lässt. Die GFS-Lösung des Sturmtiefs für Deutschlands wird von keinem
ENS-Mitglied gezeigt.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Prognose bis Donnerstag ziemlich
sicher ist. Die weitere Entwicklung hängt dann stark von der Zugbahn des
Ex-Hurrikans ab, die wiederum äußerst unsicher ist. So können ab Freitag kaum
noch Aussagen über die genaue Wetterentwicklung getroffen werden. Nach
derzeitigem Stand scheint ab dem nächsten Wochenende zwar eine West- bzw.
Südwestwetterlage am wahrscheinlichsten, diese Entwicklung könnte jedoch durch
den Ex-Hurrikan auch noch schnell kippen und ist somit mit Vorsicht zu
betrachten.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Am Dienstag erscheinen einzelne stürmische Böen bis in tiefe Lagen als
wahrscheinlich. Das Gewitterpotential sollte aber erst mit den Lokalmodellen
genauer abschätzbar sein.
Bezüglich des Sturms am Freitag bildet GFS derzeit eine Außenseiterlösung.
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Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF + MOSMIX, ab Freitag ECMWF-ENS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christian Herold