DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

08-07-2016 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 08.07.2016 um 10.30 UTC



Am Montag im Südosten markante Gewitter, Unwetter möglich, Dienstag an den Alpen
Dauerregen. Danach häufig Schauer und Gewitter und kühl.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 15.07.2016


Zu Beginn des Mittelfristzeitraumes - am Montag - liegt Deutschland vorderseitig
eines westeuropäischen Langwellentroges, dessen Achse allmählich nordostwärts
vorankommt und am Dienstag, 00 UTC, in etwa von der mittleren Nordsee bis zur
Biskaya verläuft. Vor allem in den Süden und Osten gelangt dabei
niedertroposphärisch noch einmal eine sehr warme bis heiße, teils feuchte und
potentiell instabil geschichtete Luftmasse, in der sich im Tagesverlauf einzelne
kräftige Gewitter entwickeln, die bei voraussichtlich mäßig hoher Cape und recht
markanter hochreichender Scherung wohl auch rasch Unwetterpotential erreichen
können.
Der Übergang zur subpolaren Meeresluft weiter westlich ist markiert durch eine
Kaltfront, die in etwa von Vorpommern bis zur Mosel quer über Deutschland
verläuft und zunächst mangels Schubkomponente kaum südostwärts vorankommt. Im
Einflussbereich der Kaltfront ist wohl mit schauerartigen, teils gewittrigen
Regenfällen zu rechnen, während es in der postfrontal einströmenden stabileren
Luftmasse höchstens noch vereinzelt kurze Schauer gibt. Während es im Süden und
Osten noch einmal über 30 Grad heiß werden dürfte, bleibt es im Norden und
Westen mit 20 bis 27 Grad deutlich angenehmer temperiert.
Am Dienstag greift der Trog auf das westliche Mitteleuropa über, die Kaltfront
überquert auch den Süden und Osten des Landes, bleibt aber an den Alpen unter
Wellenbildung "hängen" und sorgt dort für länger anhaltende, vor allem am
Dienstag tagsüber auch noch teils gewittrige Regenfälle, wobei bis Mittwochfrüh
vor allem in Staulagen durchaus markante, eventuell auch unwetterartige
Regenmengen möglich sind.
Vor allem der Nordwesten gerät zunehmend in den Einflussbereich höhenkälterer
Luftmassen, so dass es dort häufiger Schauer und kurze Gewitter mit starken bis
stürmischen Böen gibt, während das sonst nur vereinzelt der Fall ist. In der
einströmenden subpolaren Meeresluft werden Höchstwerte zwischen 18 und 25 Grad
erreicht.
Am Mittwoch und in der Nacht zum Donnerstag verlagert sich der Trog weiter nach
Mitteleuropa und von Westen her wird die subpolare Meeresluft durch erwärmte
maritime Polarluft ersetzt. Die Temperatur in 850 hPa sinkt auf 4 bis 7 Grad. Im
Trogbereich bleibt die Luftmasse labil geschichtet, so dass sich häufig Schauer
und Gewitter entwickeln, die Dauerniederschläge an den Alpen hören allerdings
auf. Die Höchstwerte dürften sich - je nach Sonne - bei 17 bis 23 Grad
einpendeln.
Am Donnerstag verlagert sich der Trog rasch ostwärts, gefolgt von einem flachen
Höhenrücken, der vor allem im Süden und Westen für eine vorübergehende
Wetterberuhigung sorgt. Bereits am Freitag greift aber von Nordwesten her erneut
ein markanter Trog auf Mitteleuropa über. Korrespondierend dazu wird Deutschland
von einem Frontensystem überquert, dahinter folgt Meeresluft polaren Ursprungs,
innerhalb derer es immer wieder Schauer und Gewitter gibt bei Höchstwerten, die
nur bei vorübergehendem Sonnenschein die 20 Gradmarke knapp überschreiten.
Am Wochenende verlagert sich der Höhentrog allmählich nach Osten, gefolgt von
einem markanten Rücken, dessen Achse sich aber auch am Sonntag noch knapp
westlich von uns befindet. Somit dürfte sich zwar allmählich wieder
freundlicheres Wetter einstellen, das Temperaturniveau bleibt aber gedämpft.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Im Großen und Ganzen erweist sich der aktuelle Lauf als ziemlich konsistent zu
seinen Vorgängern. Im Detail ergeben sich aber kleinere Unterschiede, was
Amplitude und Phase der Höhentröge angeht.
So ist der Westeuropatrog am Montag im aktuellen Lauf, genauso, wie im gestrigen
12 UTC- Lauf mit einer etwas größeren Amplitude ausgestattet als im gestrigen 00
UTC-Lauf. Dadurch könnte auch im Bodenfeld die Kaltfront etwas zurückhängen, was
das Unwetterpotential in der Südosthälfte ein wenig erhöhen würde.
Bis Donnerstag, 00 UTC lassen dann alle Läufe den Trog auf Mitteleuropa
übergreifen, wobei er im gestrigen 00 UTC-Lauf ziemlich breit angelegt war mit
einer nur flachen Amplitude, im gestrigen 12 UTC-Lauf dagegen über Norditalien
austropfte. Der aktuelle Lauf simuliert den Trog ebenfalls mit größerer
Amplitude als im gestrigen 00 UTC-Lauf, allerdings auch etwas kurzwelliger, so
dass am Donnerstag - im Gegensatz zu den beiden Vorläufen - sogar ein flacher
Höhenrücken rasch über das Vorhersagegebiet ostwärts schwenkt.
Während der aktuelle Lauf dann am Freitag erneut einen markanten Höhentrog auf
Mitteleuropa übergreifen lässt, schwenkt nach dem gestrigen 00 UTC-Lauf der
Mitteleuropatrog bereits allmählich nach Osten.
Den Höhenrücken über Westeuropa bzw. dem westlichen Mitteleuropa am Wochenende
hatte der gestrige 12 UTC-Lauf ebenfalls auf der Karte, während der gestrige 00
UTC-Lauf bereits den nächsten Trog auf Westeuropa übergreifen ließ.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis Dienstag sind keine prognoserelevante Unterscheide zwischen den verfügbare
Modellen erkennbar. Sogar die Bodentiefdruckrinne am Montag und der nachrückende
Hochkeil über Süddeutschland am Dienstag werden von allen Modellen sehr ähnlich
simuliert. Die Signale für Dauerregen am Dienstag und in der Nacht zum Mittwoch
im Südosten tauchen ebenfalls in den meisten Modellen auf.
Am Mittwoch und in der Nacht zum Donnerstag lässt ICON dann den Höhentrog mit
flacher Amplitude bereits rasch über Mitteleuropa hinweg ostwärts schwenken, zum
00 UTC-Termin befindet sich dessen Achse bereits weit über Osteuropa, während
sie nach ECMWF mit größerer Amplitude dann genau über Deutschland liegt und nach
GFS sogar noch weiter westlich. GEM ähnelt eher der ICON-Lösung.
Am Donnerstag werden die Unterschiede noch etwas größer: Den flachen Höhenrücken
vom ECMWF simuliert kein anderes Modell; nach GFS befindet sich die Trogachse
zum 12 UTC-Termin genau über Deutschland, nach ICON schwenkt ein kurzwelliger
Randtrog rasch ostwärts, während GEM eine markantere Austrogung über Westeuropa
simuliert, auf dessen Vorderseite wir liegen.
Am Freitag simulieren dann allerdings alle vorliegenden Modelle - leicht
phasenverschoben - eine markante Austrogung zumindest über dem nördlichen
Mitteleuropa, die vor allem nach ECMWF und GFS auch weit nach Süden, bis nach
Süddeutschland reicht.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Haupt-, Kontrolllauf und die 49 Einzelläufe verteilen sich im Zeitraum 72 bis 96
Stunden auf 3 Cluster, die allesamt zumindest für Mitteleuropa ein nahezu
identisches Szenario auf der Karte haben und auch gut die vom Hauptlauf
simulierte Wetterentwicklung wiederspiegeln.
Im nächstfolgenden Zeitraum (120 bis 168 Stunden) tauchen dann 2 Cluster (29
bzw. 22 Member) auf. Cluster 1, in dem sich auch der Haupt- und Kontrolllauf
befinden, lässt bis Donnerstag einen breit angelegten Höhentrog nach
Mitteleuropa schwenken, der am Freitag regeneriert wird.
Nach Cluster 2 ist der Trog am Donnerstag kurzwelliger (ähnlich wie bei ICON und
GEM) und schwenkt schneller ostwärts, so dass sich Mitteleuropa am Freitag
bereits vorderseitig eines flachen westeuropäischen Rückens befinden würde. Nach
diesem Szenario würde bereits am Freitag im Westen und Süden eine
Wetterberuhigung einsetzen.
In der erweiterten Mittelfrist (192 bis 240 Stunden) werden 3 Cluster (25, 18
und 8 Member) gezeigt. Cluster 1 lässt bis Montag, 00 UTC einen schmal
angelegten Höhenrücken mit recht großer Amplitude allmählich Richtung
Mitteleuropa schwenken, nach Cluster 2 und 3 ist der Rücken breiter angelegt und
erreicht bereits am Samstag Mitteleuropa.
Die relative Einigkeit der Ensembleläufe schlägt sich auch in der Rauschfahne
Offenbach nieder. Dem Höhepunkt der kurzen "Hitzewelle" am Sonntag folgt ein
jäher Rückgang der Temperatur in 850 hPa bis zum Mittwoch/Donnerstag. Dieser
Rückgang verläuft in einem relativ engen Spread. Erst ab Freitag und vor allem
dann am kommenden Wochenende wird der Spread deutlich größer, was auf die
Unsicherheit bzgl. des Übergreifens des Höhenrückens von West- auf Mitteleuropa
hindeutet. Haupt- und Kontrolllauf bewegen sich dabei im unteren Bereich der
Rauchfahne.
Somit deuten auch die Ensembles eine unbeständige und kühle Woche an mit einer
deutlichen Wetterberuhigung am kommenden Wochenende. Auf welchem
Temperaturniveau diese stattfindet, bleibt aber noch fraglich.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Montag zeigen sowohl COSMO-LEPS als auch ECMWF-EPS erhöhte
Wahrscheinlichkeiten für eine Cape von mehr als 1000 J/kg im Südosten
Deutschlands, auch EFI gibt Signale für eine günstige Überlappung von Cape und
Scherung in der Region. Zudem simulieren alle vorliegenden deterministischen
Modellläufe ein ähnliches Szenario, so dass wohl mit einer relativ hohen
Wahrscheinlichkeit von einer (natürlich immer lokal eng begrenzten) konvektiven
Unwetterlage im Süden und Südosten ausgegangen werden kann.
Auch die (zumindest markante) Dauerregenlage am Alpenrand am Dienstag und in der
Nacht zum Mittwoch scheint "in trockenen Tüchern". ECMWF-ENS simuliert
Wahrscheinlichkeiten bis nahe 20 % für unwetterartige Mengen und auch EFI zeigt
entsprechende Signale.
Am Dienstag gibt es dann zunächst im Nordwesten, am Mittwoch und Freitag
verbreitet Schauer und Gewitter, die vereinzelt auch von stürmischen Böen und
kleinem Hagel begleitet werden können. An den Küsten zeigen die
deterministischen Läufe und auch die probabilistischen Verfahren am Dienstag und
Freitag erhöhte Wahrscheinlichkeiten für Böen Bft. 8 auch außerhalb der Schauer.


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Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF-EPS, MOS, wobei die Temperaturen während der Troglage von Dienstag bis
Freitag im MOSMIX zu hoch angesetzt sind.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff