DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
09-09-2019 10:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 09.09.2019 um 10.30 UTC
Im Norden leicht wechselhaft, im Süden Altweibersommerfeeling.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 16.09.2019
Zum Beginn der Mittelfrist am kommenden Donnerstag befinden wir uns im
diffluenten, rechten Jetausgang der über die Britischen Inseln verlaufenden
Frontalzone - folglich in einem NVA überlagertem, antizyklonal geprägten
Strömungsmuster. Ebenfalls noch südöstlich des Jetstreaks (>120 kt in 300 hPa)
wird der ehemalige Tropensturm "Gabrielle" im Bodendruckfeld "mitgeschliffen"
und liegt zum Mittagstermin 12 UTC voraussichtlich über Nordirland. Die
Warmfront, die den noch recht breiten Warmsektor abgrenzt, erreicht dabei
vorderseitig Benelux. Ein ohnehin nur schwaches WLA-Maximum im Nordseeumfeld
wird dabei durch die negative Vorticityadvektion teilweise überkompensiert
(keine effektive Konvergenz des Q-Vektors). In der Konsequenz bleibt es in der
westlichen, nach Norden zu auch lebhaften westlichen Strömung bei einem Mix aus
Sonne und Wolken meist trocken. Meist deshalb, da sich im Zuge der Frontolyse
des Vortages vor allem in der ersten Tageshälfte hier und da noch kompakte
Wolkenfelder mit ein paar Tropfen halten können. Bei der Luftmasse handelt es
sich um eine erwärmte Atlantikluft mit 850 hPa Temperaturen zwischen 7 und 10
Grad, im Norden auch etwas darunter. Bei voller Durchmischung, die zu dieser
Jahreszeit allmählich immer schwerer erreicht wird, ist demnach bei 25 Grad an
prädestinierten Standorten wie beispielsweise am Oberrhein die Obergrenze
erreicht.
In der Nacht zum Freitag zieht Ex-Gabrielle ohne wesentliche Intensitätsänderung
rasch über Jütland hinweg ostwärts. Die Küstenregionen werden dabei von dessen
rasch okkludierenden, da nach Süden aufgrund mangelnder frontensenkrechter
Windkomponente zurückhängenden, Front gestreift, was in leichten Regenfällen
mündet. Zeitgleich frischt der Wind mit einzelnen Windböen 7 Bft vorübergehend
auf. Südlich der Mittelgebirge verläuft die Nacht klar mit lokalen Nebelfeldern.
Am Freitag verläuft die zonale Strömung in 500 hPa recht glatt über Mitteleuropa
hinweg. In tieferen Troposphärenschichten macht sich dagegen stärker der zu
Ex-Gabrielle gehörende Trog über der südöstlichen Ostsee erkenntlich, dem ein
flacher Rücken über den Britischen Inseln nachfolgt. Letzterer stützt die
Ausweitung des Azorenhochs Richtung Irland. Über Deutschland gelangt die
nächtliche Okklusion mit Kaltfrontcharakter über der Mitte des Landes ins
Schleifen und wirft nur marginale Regenfälle ab (maximal 1 bis 3 mm binnen 6
Stunden). Abseits dieses schmalen Streifens wird es recht sonnig mit abermals
Höchstwerten um 25 Grad im Süden und Südwesten. Da in den Norden postfrontal
subpolare Meeresluft mit 850 hPa Temperaturen unter 5 Grad einfließt,
verschärfen sich die Temperaturgegensätze (Höchstwerte im Norden 17 bis 20 Grad)
ein wenig, was den Frontolysevorgang als solchen trotz antizyklonalen Umfeldes
etwas verzögert.
Am Wochenende und zum Beginn der neuen Woche verlagert sich der Schwerpunkt des
Hochs allmählich von den Britischen Inseln nach Mitteleuropa. Die Unterstützung
aus der Höhe steht jedoch auf "wackligen Beinen", da vieles von der Art der
Austrogung im Laufe des Samstags östlich von Neufundland abhängt. Unabhängig
davon zeichnet sich ab, dass es im Norden am Nordrand der Hochachse leicht
wechselhaft mit vereinzelten Schauern, kühler und auch windiger aus West (meist
unterhalb der Warnschwellen) bleibt. In der Mitte und im Süden fehlt nicht viel,
um das Wort "Altweibersommer" in den Mund zu nehmen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
In weiten Teilen ist der neue IFS Lauf schon konsistent zu seinen Vorläufen.
Zünglein an der Waage: Entgegen der gestrigen Lösungen tendiert der aktuelle IFS
0 UTC Lauf zur Cut-Off Bildung östlich von Neufundland. Dadurch würde die WLA
Zufuhr und damit dynamische Stützung des mitteleuropäischen Hochs ausbleiben und
insbesondere der Norden wäre nach wie vor anfällig für zyklonale Streifschüsse.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Stabile Keilvorderseite mit Hoch Mitteleuropa, dieser Lösung schließen sich mehr
oder weniger alle gängigen Globalmodelle an. Die Cut-Off Variante hat der
aktuelle 0 UTC Lauf vom IFS heute exklusiv.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die 850 hPa Temperaturrauchfahnen weisen zwar eine gewisse Streuung auf, die
aber aus der über der Mitte befindlichen Luftmassengrenze und deren Gradienten
resultiert. Entscheidender bei der mittelfristigen Wetterlage ist vielmehr das
Geopotential und das ist auf hohem Niveau gut gebündelt. Zum Ende der
Mittelfrist (Beginn nächster Woche liegt Kontroll- und erst recht der Hauptlauf
deutlich unterhalb der Ensembleschar. Bezüglich des deterministischen Laufs kann
man sogar von einem Ausreißer sprechen.
Die Cluster zeigen mehrheitlich das Regime "Atlantischer Rücken", der mal mehr,
mal weniger stark amplifiziert ist. Die "flachsten" Rücken sind in den Clustern
3 und 4 abgebildet (Hauptlauf in Cluster 4), bei denen es südöstlich von
Neufundland zum Cut-Off Prozess kommt. Sie bilden mit 15 von insgesamt 51
Membern eine Minderheit.
FAZIT:
Ein hochdruckgeprägter Witterungsabschnitt (Wa/BM zum Wochenende hin eher HM)
liegt vor uns mit spätsommerlichen Temperaturen und viel Sonnenschein im Süden
wohingegen es an der Küste etwas wechselhafter, aber nicht unfreundlich, kühler
und windiger ist. Wie stabil dieses Hoch auch in der neuen Woche ist und ob dann
auch der Norden profitiert, ist derzeit noch fraglich. Die Tendenz geht aber zur
Verlängerung und Ausweitung nach Norden.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Im gesamten Mittelfristzeitraum sind signifikante Wettererscheinungen nicht zu
erwarten. Lediglich an exponierten Küstenabschnitten können einzelne stürmische
Böen auftreten, die ja in der Region und zu dieser Jahreszeit ebenfalls kaum
signifikant sind. Die Wahrscheinlichkeiten dafür liegen bei den
probabilistischen Verfahren bei 10 bis 30%, wobei die regionalen Effekte
teilweise zu kleinräumig sind und damit nicht aufgelöst werden.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, ICON-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen