Thema des Tages

05-08-2019 07:20

Heuwetter

Im Hochsommer steht die Heuernte an. Bei der Wahl des optimalen
Erntezeitpunkts spielt auch die prognostizierte Wetterentwicklung
eine entscheidende Rolle.

Getrocknete, oberirdische Biomasse von Grünpflanzen, auch gemeinhin
bekannt als "Heu", ist ein wichtiges landwirtschaftliches Produkt,
das vor allem als Futter für Nutztiere dient. Durch gezielten
Wasserentzug nach der Pflanzenernte wird eine deutliche Verlängerung
der Haltbarkeit, also eine Konservierung des zukünftigen
Futtermittels erzielt. Wichtig dabei ist eine schonende, aber
gleichzeitig zügige Trocknung. Nachdem die Grünpflanze gemäht wurde,
muss sie zunächst einige Zeit (maximal wenige Tage) auf dem Feld zur
sog. Bodentrocknung verbleiben.

Während der Bodentrocknung sollte es nach Möglichkeit nicht zu häufig
regnen, im Idealfall sogar trocken bleiben. Kommt es bei diesem
Prozess aber doch zu ergiebigen Niederschlägen, kann die frisch
gemähte Grünpflanze schnell verblassen und wertvolle lösliche Stoffe
wie Mineralien, Zucker, Proteine und Vitamine gehen verloren.

Bei der Wahl des Erntezeitpunkts muss der Landwirt also möglichst
eine Wetterphase abwarten, die einige trockene Tage bereithält. Dabei
darf die Ernte weder zu früh noch zu spät stattfinden. Eine
frühzeitige Ernte kann aufgrund der nicht vollendeten Entwicklung der
Grünpflanze zu hohen Verlusten führen, eine verspätete zwar zu hohem
Ertrag, aber deutlichen Qualitätseinbußen. Der Landwirt steht daher
vor der Herausforderung, sowohl das Entwicklungsstadium der
Grünpflanze als auch die Wetterentwicklung hinsichtlich zu
erwartender Niederschläge im Auge zu behalten, um den besten
Erntezeitpunkt abzupassen. Gut, wenn der Landwirt dabei auf
verlässliche Wetterprognosen zurückgreifen kann.

Verlässlich waren die Prognosen im vergangenen Jahr sicherlich, denn
Regen stand im "Dürresommer" 2018 nur extrem selten auf der Agenda.
Die Landwirte hatten also scheinbar "freie Wahl" beim Erntezeitpunkt.
Die extrem langen Phasen ohne Niederschläge sorgten aber leider
dafür, dass es im Verlauf kaum mehr etwas zu ernten gab.

Ausreichende Niederschläge sind auch in diesem Jahr regional
problematisch. Teilweise fällt der Sommer 2019 bisher sogar trockener
aus als sein Vorgänger. In der Fläche dürfte sich die Situation aber
etwas positiver darstellen als im vergangenen Sommer. Zwar schwebte
ein gewisses Schauer- und Gewitterpotenzial fast immer wie ein Nimbus
über der Heuernte - und natürlich auch über den Wetterfröschen, die
"trockenes Wetter" verkauften - aber zumindest wuchsen durch die mehr
oder weniger regelmäßigen Niederschläge die Wiesen immer wieder nach.


Blickt man auf die weitere Wetterentwicklung in dieser Woche, kann
man davon ausgehen, dass es immer schwieriger werden wird, trockene
Phasen abzupassen. Denn in feucht warmer Luft nimmt die Schauer- und
Gewitterneigung zumindest bis zur Wochenmitte immer weiter zu.
Teilweise kann es auch über längere Zeit kräftig regnen. Man könnte
auch sagen: Heuer kaum Heuwetter mehr.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.08.2019

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