Thema des Tages
30-07-2019 08:50
Regenreiche Gewittertage
In den vergangenen Tagen kam es zu teils kräftigen Gewittern, die
mancherorts unwetterartige Regenmengen gebracht haben. Doch wie so
oft bekam nicht jeder etwas vom Regen ab.
Von Freitag bis zum gestrigen Montag regnete, blitzte und donnerte es
in vielen Regionen Deutschlands. Viele haben sich sicherlich über den
lang ersehnten Regen gefreut, der einem das tägliche Gießen im Garten
erspart hat. Aber man kennt es von Gewitterlagen: Einerseits war das
kostbare Nass auch dieses Mal nicht jedem vergönnt. Dafür schüttete
es andernorts gleich so viel in kurzer Zeit, dass Ortschaften und
Straßen unter Wasser standen oder Keller vollliefen, wie am gestrigen
Montag in Teilen von Mecklenburg-Vorpommern oder Berlin. Diese
Ungerechtigkeit ist vor allem dadurch zu erklären, dass der Wind in
allen Atmosphärenschichten sehr schwach war. Somit verlagerten sich
die Gewitter nur sehr langsam oder waren wie festgenagelt. Sie
sorgten daher dort, wo sie entstanden waren und für einige Zeit
verweilten, für sehr hohe Regenmengen, während im Nachbarort nicht
selten nur ein paar kleine Regentropfen sanft vom Himmel fielen. Bis
die Gewitter nämlich die Wegstrecke zum nächsten Ort zurückgelegt
hatten, ging ihnen oft schon wieder die Luft aus. Typisch für
derartige Gewitterlagen ist eine "Streuselkuchen"-artige Verteilung
der aus Radardaten abgeleiteten Regenmengen (siehe Abbildungen).
Ursache für die recht häufigen Gewitter war zum einen eine
feuchtwarme Luftmasse. Nicht nur am Boden war die Feuchte durch eine
teils merkliche Schwüle zu verspüren. Auch in höheren
Atmosphärenschichten war der Wassergehalt sehr hoch, sodass den
Gewittern viel Wasser zur Verfügung stand, was sich schließlich in
heftigem Starkregen äußerte. Des Weiteren bildete sich in bodennahen
Luftschichten ein rinnenförmiges Tief, in das von beiden Seiten die
Luft im Bereich einer Konvergenzlinie zusammenströmte und dadurch zum
Aufsteigen gezwungen wurde (siehe Thema des Tages vom 27. Juli).
Am vergangen Freitag und Samstag tummelte sich die Tiefdruckrinne in
der Südwesthälfte Deutschlands. Vor allem auf der Südwestseite der
Rinne, wo sich die feuchteste Luft befand, kam es zu Gewittern. Etwa
von der Eifel über Rheinland-Pfalz und Südhessen bis nach Bayern und
insbesondere in Baden-Württemberg schüttete es stellenweise kräftig
(Abb. 1). Besonders am Samstag und in der Nacht zum Sonntag, als sich
die Gewitter zu größeren Regengebieten zusammenschlossen, kamen teils
erhebliche Regenmengen zusammen. An etlichen Messstationen wurde über
50 mm (entspricht 50 l/qm) Regen gemessen, punktuell gab es sogar
noch mehr Regen innerhalb weniger Stunden. So wurden zum Beispiel im
rheinland-pfälzischen Wittlich 93 mm, in Grasellenbach-Hammelbach im
Odenwald 76 mm oder in Niederstetten im Nordosten von
Baden-Württemberg 84 mm gemessen.
Auch am Sonntag schien sich die Tiefdruckrinne über Deutschland recht
wohl zu fühlen. Sie wollte sich nur sehr langsam nach Nordosten
vorarbeiten. Die dazugehörige Konvergenzlinie lag am Nachmittag quer
über Deutschland, etwa auf einer Linie von der Lüneburger Heide bis
nach Niederbayern. Weiterhin kam es auf der Südwestseite der Rinne,
also vor allem zwischen Donau und Main sowie in Teilen der Mitte zu
schweren Gewittern mit sintflutartigen Regenfällen (Abb. 2). Am
Montag waren dann die Gebiete von Ostholstein bis zur Lausitz mit den
Gewittern an der Reihe (Abb. 3). Zwar verabschiedete sich die
Tiefdruckrinne und die sich darin befindliche Konvergenzlinie
allmählich nach Polen, gegenüber den Vortagen nahm allerdings etwa
von Mecklenburg bis nach Ostsachsen der Feuchtegehalt nochmals
deutlich zu und die Luft konnte sich auf über 30 Grad aufheizen.
Somit war es wenig verwunderlich, dass sich wieder Gewitter mit
unwetterartigen Regenmengen bildeten (z.B. 75 mm in Rathenow westlich
von Berlin). Auch an diesem Tag ist auf den aus Radarinformationen
abgeleiteten Bild der 24-stündigen Niederschlagssummen der
Flickenteppich gut zu sehen.
Zusätzlich zu den eher lokal aufgetretenen hohen Regenmengen der
Gewitter rückte am Sonntagabend sowie in der Nacht zum Montag der
östliche und zentrale Alpenrand in den Fokus. Anders als in den
übrigen Gebieten kam es dort nämlich zu größerflächigen und
schauerartig verstärkten Regenfällen, die über mehrere Stunden hinweg
anhielten. Dies hatte im Wesentlichen zwei Gründe. Zum einen stellten
sich an den Alpen mit einer westlichen bis nordwestlichen Strömung in
bodennahen Luftschichten leichte Staueffekte ein. Zum anderen drehte
der Wind mit der Höhe über Nord und Ost bis zur oberen Atmosphäre auf
Südost (Gegenstromlage), wodurch feuchtwarme Mittelmeerluft in den
Alpenraum gelangte und länger anhaltende Niederschläge auslöste.
Dabei kam innerhalb von meist nur 12 Stunden einiges an Regen
zusammen. Im östlichen bayerischen Alpenraum sowie im Salzburger Land
summierten sich dabei die Regenmengen vielerorts auf 80 bis über 130
mm (Abb. 4), wodurch einige Gebirgsbäche und kleinere Flüsse
ordentlich anschwollen.
Wer bis jetzt noch nichts oder kaum etwas vom Regen abbekommen hat,
kann zumindest auf die kommenden Tage hoffen, an denen es immer
wieder in unterschiedlichen Regionen Schauer und Gewitter auftreten.
Am meisten Regen wird dabei im Norden und Nordosten erwartet. Aber
auch diesmal wird es sicher wieder nicht jeden treffen.
Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.07.2019
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