DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
15-07-2019 11:01
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 15.07.2019 um 10.30 UTC
Vielerorts sommerlich warm bis heiß, dabei neben Sonne auch teils kräftigen
Gewittern.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 22.07.2019
Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Donnerstag befindet
sich Deutschland im Bereich schwacher Luftdruck- und Potenzialgegensätze. Dabei
überquert uns ein kurzwelliger Höhenrücken langsam ostwärts, was uns von Westen
her auf die diffluente Vorderseite der der Jahreszeit entsprechend nur schwach
ausgeprägten, über den mittleren Nordatlantik verlaufenden Frontalzone bringt.
Um Missverständnissen vorzubeugen, die Höhenwinde sind und bleiben schwach, so
dass aus dynamischer Perspektive nicht viel zu holen ist.
Schauen wir also auf die Luftmasse im Vorhersageraum, bei der es sich um stark
gealterte (nein, nein, weder Glatze noch graue Haare) ergo modifizierte
Nordseeluft vom Wochenanfang handelt. So ist die 850-hPa-Temperatur bis zum
Abend auf rund 10°C im Norden und etwa 14°C im Süden gestiegen. Außerdem ist ein
gewisses Maß an potenzieller Instabilität nicht zu leugnen, was besonders im
Süden und in der Mitte - mit orografischer Unterstützung - einzelne, teils
kräftige Gewitter zur Folge hat (primär mit Starkregen).
Am Freitag erreicht uns von Westen her ein weiterer, allerdings nur sehr flach
ausgeprägter Rücken, der sich im Zuge einer Austrogung über dem nahen
Ostatlantik bildet. Luftmassentechnisch tut sich wenig, so dass sich
tagesgangbedingt wieder einzelne Schauer oder Gewitter entwickeln können, wenn
auch leicht gedämpft durch den Rücken. Ob Nordwestdeutschland im Tagesverlauf
von dichteren Wolken eines vom Seegebiet westlich Irlands gen UK ziehenden
Wellentiefs traktiert wird, ist noch offen. Schocken würde es dort niemanden,
ist man doch in diesem Juli einiges gewohnt.
Kommen wir zum Wochenende, wo der Rücken unter allmählicher Intensivierung
relativ zügig nach Osten durchgereicht wird. Damit gelangt Deutschland abermals
auf die diffluente Vorderseite der Frontalzone unter eine schwache bis mäßige
südwestliche bis westliche Höhenströmung, die am Samstag respektive in der Nacht
zum Sonntag eher zyklonal (man erkennt sogar die Passage eines KW-Troges), am
Sonntag dann indifferent bis leicht antizyklonal konturiert ist. Bei weiterhin
geringen Luftdruckgegensätzen geht es mit der Temperatur noch etwas nach oben,
was bezogen auf 850 hPa im Norden 10 bis 14°C, in den übrigen Regionen 14 bis
18°C bedeutet - mit entsprechenden Konsequenzen für die 2m-Temperatur. Die
Niederschlagsprognosen von IFS fallen an beiden Tagen ziemlich mau aus, was
einzelne Schauer und Gewitter nicht ausschließt. Am meisten Regen wird noch in
der Nacht zum Sonntag simuliert, was der Passage des o.e. KW-Troges geschuldet
ist.
Ab Montag deute sich peu a peu der Aufbau eines flachen, aber relativ breiten
Höhenrückens über Mitteleuropa an. Die 15°C-Isotherme in 850 hPa rückt dabei
kontinuierlich nach Norden, während im Süden die "Zwanziger" auf der Bildfläche
erscheint (die Erwärmung erfolgt teils advektiv bzw. diabatisch, teils durch
Absinken). Die Folge wäre eine antizyklonal geprägte, weitgehend trockene
Hitzeperiode mit nur wenigen Gewittern (am ehesten über dem süddeutschen
Bergland).
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz des IFS-Modells vom ECMF kann summa summarum als gut bezeichnet
werden. Demnach steht uns ein sommerlich geprägter, leicht wechselhafter
Witterungsabschnitt bevor. Sommerlich deswegen, weil die Temperatur - ausgehend
von heute - im gesamten Land sukzessive steigt. Im Süden und in Teilen der Mitte
wird es ab dem Wochenende sogar heiß (Tmax meist > 30°C). Leicht wechselhaft
deswegen, weil es auf der einen Seite recht viel Sonnenschein, auf der anderen
Seite aber auch einige Schauer und kräftige Gewitter gibt. Sowie deren Timing
als auch die genaue räumliche Verteilung sind freilich noch mit Unsicherheiten
behaftet, was aber nichts an der großflächigen Gesamtausrichtung ändert.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Zunächst zeigen die an dieser Stelle für gewöhnlich begutachteten Globalmodelle
(es sind dies ICON, GFS, GEM und UKMO) keine großen Abweichungen gegenüber IFS,
zumindest in den Basisfeldern. Es fällt allerdings auf, dass GFS jeweils höhere,
z.T. sogar deutlich höhere Regenmengen simuliert, was auf eine erhöhte
Gewitteraktivität hindeutet -ein Systemfehler von GFS, der u.a. dem positiven
Feuchtebias in der Grenzschicht geschuldet ist.
Ab dem Wochenende ist GFS dann auch das Modell, dass sich auch in den
Basisfeldern immer weiter von den Lösungen der anderen Modelle entfernt.
Zunächst sind es sichtbare Phasenunterschiede kurzer Wellen, die in der
erweiterten Mittelfrist in eine zunehmende Meridionalisierung der gesamten
Strömungskonfiguration münden.
FAZIT: Auf deterministischer Basis deutet alles auf einen sommerlich geprägten,
leicht wechselhaften Witterungsabschnitt auf hohem Temperaturniveau hin. Das Wo
und Wie potenzieller Gewitter bleibt allerdings noch unbeantwortet.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen bis zum kommenden
Wochenende einen gutmütigen Verlauf mit geringer Spreizung. Dabei zeigt der
Trend sowohl beim Potenzial (500 hPa) als auch bei der Temperatur (850 hPa) nach
oben mit einer kleinen thermischen Delle am Sonntag. Niederschlagssignale sind
bis dahin sehr dünn gesät und werden erst im Laufe des Wochenendes etwas mehr.
Danach nimmt der Spread merklich zu, wobei es aber nur ganz wenige Ensembles mit
relativ kühler Witterung halten (T850 bei 6°C). Auf der anderen Seite bewegt
sich der Hauptlauf am oberen Rand der Kurvenscharen.
Fast erwartungsgemäß aufgrund der o.e. geringen Spreizung der
Ensemblevorhersagen wird für den Zeitraum T+120...168h (Samstag bis Montag) nur
ein einziges Cluster angeboten, das von einem positiven NAO-Regime in ein
Blockierungsszenario wechselt. Ab Dienstag (T+192...240h) erhöht sich die Anzahl
der Cluster auf sechs. Fünf der sechs Cluster (+ HL/KL) setzen dabei auf
Blockierung in Form eines sich über Mitteleuropa aufwölbenden Höhenrückens, der
meist zentral positioniert ist (CL 1, 2 und 4). CL 5 (6 Lösungen) zeigt den
Rücken etwas nach Osten, CL 6 (4 Lösungen) etwas nach Westen verschoben.
Lediglich CL 3 (10 Lösungen) konvertiert wieder zurück von "Blockierung" hin zu
"NAO positiv" mit einer relativ glatt über Mitteleuropa verlaufenden
Frontalzone.
FAZIT: Die Ensembles stützen im Wesentlichen die Aussage des Hauptlaufs incl.
Der schon angesprochenen Unsicherheiten bei der genauen Niederschlags- und
Gewitterentwicklung. Im Laufe der nächsten Woche nehmen die Unsicherheiten zu,
mehrheitlich wird sich aber für eine antizyklonal geprägte Wetterlage auf hohem
Temperaturniveau ausgesprochen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Viel ist aus der Numerik nicht herauszuholen, sprich, die Signale für
signifikante Wettererscheinungen sind dünn bis nicht vorhanden. Gleichwohl
besteht bei potenziellen Gewittern immer die Gefahr nicht unerheblicher
Begleiterscheinungen, wobei aufgrund der schwammigen Druckkonstellation
Starkregen ganz oben auf dem Zettel steht, gefolgt von Hagel und Wind/Sturm.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann