DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist
27-06-2019 10:30
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 27.06.2019 um 10.30 UTC
Anfangs teils sehr heiß, am Montag in der Südosthälfte, Dienstag und Mittwoch im
äußersten Süden Gewitter, teils mit Unwetterpotenzial.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 04.07.2019
Am Sonntag, zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraumes, befinden sich der
Süden und anfangs der Osten im Einflussbereich eines allmählich nach Osten
wegkippenden Höhenrückens. Der große Rest des Landes gelangt aber auf die
Vorderseite eines Langwellentroges, der vom Seegebiet südwestlich von Svalbard
bis knapp westlich Irland reicht. In der sich dadurch einstellenden
südwestlichen Strömung wird wieder heiße bis sehr heiße Luft nach Deutschland
geführt: Die Temperaturen im 850-hPa-Niveau liegen zum Mittagstermin zwischen 18
°C an der dänischen Grenze und knapp 25 am unmittelbaren Alpenrand. Entsprechend
steigen die Temperaturen in zwei Metern über Grund abgesehen vom Küstenbereich
verbreitet auf über 30 °C, meist sogar auf über 35 °C. Lokale Spitzen bis 39 °C
sind möglich.
Auf den Nordwesten greift im Tagesverlauf die Kaltfront eines vom Raum Trondheim
über Mittelschweden zum Bottnischen Meerbusen ziehenden Tiefs über. Die
Kaltfront kommt in ihrem Nordteil relativ schnell nach Osten voran, macht über
der Mitte aber kaum Raum nach Südosten gut. Von der Wetteraktivität her ist
diese Kaltfront allerdings mangels dynamischer Unterstützung wenig
aufsehenerweckend und äußert sich eher in Form von Wolken und auffrischendem
Wind (in Böen Bft 7), vor allem aber im Rückgang der niedertroposphärischen
Temperaturen (zum Tageswechsel T850 auf Norderney nur noch 8 °C, im Südosten
weiterhin knapp 23 °C).
Am Montag liegt die Kaltfront mittags diagonal über Deutschland und trennt die
kühlere Luft in der Nordwesthälfte (T850 7 bis 14 °C) von der heißen Luftmasse
in der Südosthälfte (T850 14 bis 23 °C). In der Südosthälfte gestaltet sich die
Kaltfrontpassage, die nur langsam vonstattengeht, durch Trogannäherung nun auch
aktiver. Dort muss im Tagesverlauf mit kräftigen Gewittern mit Unwetterpotenzial
gerechnet werden. Im Norden Deutschlands macht sich der nordeuropäische Trog in
Form von ein paar Schauern bemerkbar, die aber insgesamt nur wenig Niederschlag
bringen. Postfrontal erreichen die Temperaturen mäßig bis sommerlich warmes
Niveau, sonst wird es noch einmal heiß mit 30 bis 34 °C, lokal darüber. Zudem
nimmt im Norden der Luftdruckgradient etwas zu, sodass es dort steife, an der
See auch stürmische Böen geben kann. Im übrigen Land ist das am ehesten bei
Kaltfrontdurchgang und in Gewitternähe der Fall.
Am Dienstag lagert die heiße und instabile Luft nur noch im äußersten Süden,
sodass es dort im Tagesverlauf erneut zu kräftigen Gewittern kommen kann. Der
große Rest des Landes befindet sich postfrontal in der deutlich kühleren
Luftmasse (an der Nordseeküste nur knapp über 0 °C im 850-hPa-Niveau, in der
Mitte noch um 9 °C). Das spiegelt sich auch in den prognostizierten Maxima
wider, die es im äußersten Norden noch nicht einmal über die 20-Grad-Marke
schaffen. In der Mitte wird es mit Höchstwerten um 25 °C sommerlich warm, im
Süden werden lokal die 30 °C noch einmal erreicht.
Im Norden schwenkt zudem der Trog über Nordeuropa ostwärts, sodass es dort vor
allem in der ersten Tageshälfte noch schwache Schauer gibt. Begleitet wird dies
von einzelnen steifen, an der Küste mitunter stürmischen Böen. Ab der zweiten
Tageshälfte setzt dort aber Wetterberuhigung ein, da sich über dem
Nordostalantik wieder ein Hoch aufbaut, das über die Britischen Inseln hinweg
einen Keil in unsere Richtung schiebt.
Am Mittwoch bildet sich aus o.e. Keil ein eigenständiges Hochdruckgebiet heraus,
das sich im Tagesverlauf allmählich abschwächt und dessen Schwerpunkt in etwa
über der mittleren Nordsee liegen wird. Der äußerste Süden verbleibt weiterhin
in der sehr warmen und instabilen Mischluftmasse, sodass sich dort im
Tagesverlauf wieder einzelne kräftige Schauer und Gewitter entwickeln können. In
der Nordhälfte werden 19 bis 25 °C, in der Südhälfte 25 bis lokal 31 °C
erreicht.
Am Donnerstag kommt nach Lesart des aktuellen IFS-Laufes die heiße und instabile
Luft bei nur flacher Luftdruckverteilung (großräumig unter 1015 hPa über
Frankreich und Westdeutschland) sukzessive wieder nach Norden voran. Zum
Tageswechsel erreicht die T850 südlich der Donau wieder Werte um 20 °C und
selbst an der dänischen Grenze wieder gute 10 °C. Entsprechend erreichen die
Maxima auch verbreitet Werte von oder über 25 °C, ausgenommen davon ist nur der
äußerste Norden, wo 20 bis 24 Grad prognostiziert werden (die T850 von 10 °C
kommt ja auch erst nachts dorthin).
In der Höhe liegen wir zwar unter einem flachen Rücken, jedoch könnten
kurzwellige, den Rücken entlanglaufende Anteile, konvergente Strukturen am Boden
sowie die Orografie durchaus für die Auslöse von Schauern und teils kräftigen
Gewittern sorgen, was von der Deterministik auch so gezeigt wird.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz des aktuellen IFS-Laufes lässt sich über weite Teile des
mittelfristigen Prognosezeitraums als sehr gut bis gut bezeichnen. Das Timing
der Kaltfrontpassage wird genauso wie in den beiden Vorläufen gerechnet. Erst am
Donnerstag und in der erweiterten Mittelfrist nehmen die Unterschiede deutlich
zu. Sowohl in der Höhe als auch am Boden zeigen sich von Lauf zu Lauf
unterschiedliche Strukturen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen
Die anderen Globalmodelle sehen die Entwicklung zunächst sehr ähnlich, jedoch
werden auch dort die Unterschiede zum Ende des Mittelfrist-Zeitraums hin größer.
So zeigt ICON in der Nacht zum Mittwoch, GFS am Mittwoch einen weiteren
Randtrog, der über den Norden Deutschlands ostwärts schwenkt und so für einen
etwas zyklonaleren Touch sorgt. Bei GFS ist dabei das niedertroposphärische
Temperaturniveau mit unter 0 °C im Norden gegenüber den anderen Modellen auch
deutlich reduziert. Auch wird das Druckniveau tiefer gerechnet als beim IFS,
das zudem vom GFS gestützt wird.
Für Donnerstag zeigen ICON und GFS ähnliche Lösungen, indem sie einen von
Finnland/Nordwestrussland nach Südwesten in den Skagerrak bzw. in die Nordsee
weisenden Trog simulieren. Entsprechend würde sich die Krümmung der Isohypsen
auch bei uns zyklonal gestalten (IFS hatte hier einen flachen Rücken). Diese
beiden Modelle wollen auch nichts von tiefem Druck über Frankreich wissen,
sondern zeigen vielmehr (v.a. GFS) einen Keil über die Mitte Deutschlands
hinweg. Entsprechend kommt die heiße und instabile Luft bei ICON und GFS auch
nicht nach Norden voran und die T850 liegt in weiten Teilen des Landes unter 10
°C.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Rauchfahnen einer Auswahl deutscher Städte zeigen bis einschließlich Montag
bzgl. T850 und Geopotenzial einen stark gebündelten Verlauf, wobei sie die
Aussagen des operationellen Laufes stützen. Am Montag und am Dienstag gibt es im
Süden teils stark ausgeprägte Peaks bei den Niederschlägen (Gewitter), wobei
eine Vielzahl von Ensemblemembern sogar über dem Kontrolllauf liegt. Auch im
Norden gibt es Niederschlagssignale von vielen Membern (Trog), allerdings sind
die Mengen allesamt gering. Für die Mitte zeigen nur wenige Member Niederschlag,
was für die vom operationellen IFS prognostizierte Wetterinaktivität bei der
Kaltfrontpassage spricht.
Am Dienstag und Mittwoch streut die Kurvenschar besonders bei der T850 dann
immer stärker. Auffällig am Donnerstag ist, dass die Lösungen von Haupt- und
Kontrolllauf bei allen Städten eher am oberen Ende der ENS-Member-Lösungen
liegen und somit ein neuerliches Vorankommen heißer Luft nach Norden keineswegs
sicher ist. Dies würde dann auch die Lösungen von GFS und ICON stützen.
Beim Clustering ergeben sich für den Zeitraum Sonntag bis Montag (T+72...96h)
zwei Cluster (besetzt mit 31 bzw. 20 Membern, Haupt- und Kontrolllauf in Cluster
1), die sich für Mitteleuropa in erster Linie durch leichte Unterschiede im
Bodendruckniveau unterscheiden, was aber kaum Auswirkungen haben sollte, da das
Timing der Kaltfront in beiden Clustern sehr ähnlich ist.
Für den nachfolgenden Zeitraum von Dienstag bis Donnerstag (T+120...168h) gibt
es drei Cluster, die mit 26, 18 und sieben Membern besetzt sind. Haupt- und
Kontrolllauf befinden sich in Cluster 2. Im Cluster 1 zeigt sich für Donnerstag
eine ähnliche Lösung wie bei ICON und GFS.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Im Fokus steht zunächst sicherlich erst einmal die Temperaturentwicklung: Am
Sonntag werden abgesehen vom Küstenbereich flächendeckend über 30 °C, häufig
sogar über 35 °C erwartet, sodass tagsüber mit einen starken bis extremen
Wärmebelastung gerechnet werden muss. Auch der EFI zeigt eine stark positive
Temperaturanomalie.
Am Montag wird es in der Südosthälfte noch einmal heiß. Dort können sich im
Tagesverlauf kräftige Gewitter, teils mit Unwetterpotenzial entwickeln. Gestützt
wird dies durch erhöhte CAPEshear-Werte. An der See sowie auf exponierten
Gipfeln gibt es zudem stürmische Böen.
Am Dienstag und Mittwoch besteht im äußersten Süden noch das Potenzial für die
Entwicklung kräftiger Gewitter. Darüber hinaus kann es an exponierten
Küstenabschnitten noch einzelne stürmische Böen geben.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS sowie EZ-MOS oder MOSMix
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VBZ Offenbach / M.Sc. Met. Stefan Bach